Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Die schlimmste Abgötterey.
Wenn wir noch überdem erwegen, der Jüden so verstocktes
Wesen,

Und ihres Herzens Härtigkeit. Was Moses für ein' Art er-
lesen,

Sie zu bedrohn, und sie zu segnen, als wovon beyde Theil
allein,

(Jndem er nichts vom Künftgen saget,) aufs Jrdische gerich-
tet seyn.

Er segnet bloß mit irdschem Heil, er drohet bloß mit irdschen
Nöthen:

So scheim um desto nöthiger zu schliessen, daß auch die Pro-
pheten,

Und andre heilge Männer auch, wenn sie der Gottheit Bild
beschreiben,

Sie, ihrer bösen Hörer halber, auch bey derselben Weise
bleiben,

Und ihn, als einen grimmigen, erzürnten Herrscher ihnen
zeigen,

Um, durch die Furcht der nahen Straf, ihr Herz um desto eh
zu beugen.
Denn, daß dieß nicht vom wahren Wesen der wahren Gott-
heit zu verstehn;

Als dem solch kleines Bild zu klein, da er ein Geist; kann je-
der sehn.

Gebrauchten wir nur die Vernunft: So würd uns Sonnen-klar
entdecket,

Daß alle leibliche Gedanken, und was nur nach der Mensch-
heit schmecket,

Der Gottheit unanständig sey; ja, daß der, welcher so gedacht,
Entweder uns zu einem Gott: Wie? oder Gott zum Menschen
macht:
So
Die ſchlimmſte Abgoͤtterey.
Wenn wir noch uͤberdem erwegen, der Juͤden ſo verſtocktes
Weſen,

Und ihres Herzens Haͤrtigkeit. Was Moſes fuͤr ein’ Art er-
leſen,

Sie zu bedrohn, und ſie zu ſegnen, als wovon beyde Theil
allein,

(Jndem er nichts vom Kuͤnftgen ſaget,) aufs Jrdiſche gerich-
tet ſeyn.

Er ſegnet bloß mit irdſchem Heil, er drohet bloß mit irdſchen
Noͤthen:

So ſcheim um deſto noͤthiger zu ſchlieſſen, daß auch die Pro-
pheten,

Und andre heilge Maͤnner auch, wenn ſie der Gottheit Bild
beſchreiben,

Sie, ihrer boͤſen Hoͤrer halber, auch bey derſelben Weiſe
bleiben,

Und ihn, als einen grimmigen, erzuͤrnten Herrſcher ihnen
zeigen,

Um, durch die Furcht der nahen Straf, ihr Herz um deſto eh
zu beugen.
Denn, daß dieß nicht vom wahren Weſen der wahren Gott-
heit zu verſtehn;

Als dem ſolch kleines Bild zu klein, da er ein Geiſt; kann je-
der ſehn.

Gebrauchten wir nur die Vernunft: So wuͤrd uns Sonnen-klar
entdecket,

Daß alle leibliche Gedanken, und was nur nach der Menſch-
heit ſchmecket,

Der Gottheit unanſtaͤndig ſey; ja, daß der, welcher ſo gedacht,
Entweder uns zu einem Gott: Wie? oder Gott zum Menſchen
macht:
So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0340" n="316"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die &#x017F;chlimm&#x017F;te Abgo&#x0364;tterey.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="6">
            <l>Wenn wir noch u&#x0364;berdem erwegen, der Ju&#x0364;den &#x017F;o ver&#x017F;tocktes<lb/><hi rendition="#et">We&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Und ihres Herzens Ha&#x0364;rtigkeit. Was Mo&#x017F;es fu&#x0364;r ein&#x2019; Art er-<lb/><hi rendition="#et">le&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Sie zu bedrohn, und &#x017F;ie zu &#x017F;egnen, als wovon beyde Theil<lb/><hi rendition="#et">allein,</hi></l><lb/>
            <l>(Jndem er nichts vom Ku&#x0364;nftgen &#x017F;aget,) aufs Jrdi&#x017F;che gerich-<lb/><hi rendition="#et">tet &#x017F;eyn.</hi></l><lb/>
            <l>Er &#x017F;egnet bloß mit ird&#x017F;chem Heil, er drohet bloß mit ird&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">No&#x0364;then:</hi></l><lb/>
            <l>So &#x017F;cheim um de&#x017F;to no&#x0364;thiger zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, daß auch die Pro-<lb/><hi rendition="#et">pheten,</hi></l><lb/>
            <l>Und andre heilge Ma&#x0364;nner auch, wenn &#x017F;ie der Gottheit Bild<lb/><hi rendition="#et">be&#x017F;chreiben,</hi></l><lb/>
            <l>Sie, ihrer bo&#x0364;&#x017F;en Ho&#x0364;rer halber, auch bey der&#x017F;elben Wei&#x017F;e<lb/><hi rendition="#et">bleiben,</hi></l><lb/>
            <l>Und ihn, als einen grimmigen, erzu&#x0364;rnten Herr&#x017F;cher ihnen<lb/><hi rendition="#et">zeigen,</hi></l><lb/>
            <l>Um, durch die Furcht der nahen Straf, ihr Herz um de&#x017F;to eh<lb/><hi rendition="#et">zu beugen.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Denn, daß dieß nicht vom wahren We&#x017F;en der wahren Gott-<lb/><hi rendition="#et">heit zu ver&#x017F;tehn;</hi></l><lb/>
            <l>Als dem &#x017F;olch kleines Bild zu klein, da er ein Gei&#x017F;t; kann je-<lb/><hi rendition="#et">der &#x017F;ehn.</hi></l><lb/>
            <l>Gebrauchten wir nur die Vernunft: So wu&#x0364;rd uns Sonnen-klar<lb/><hi rendition="#et">entdecket,</hi></l><lb/>
            <l>Daß alle leibliche Gedanken, und was nur nach der Men&#x017F;ch-<lb/><hi rendition="#et">heit &#x017F;chmecket,</hi></l><lb/>
            <l>Der Gottheit unan&#x017F;ta&#x0364;ndig &#x017F;ey; ja, daß der, welcher &#x017F;o gedacht,</l><lb/>
            <l>Entweder uns zu einem Gott: Wie? oder Gott zum Men&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">macht:</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0340] Die ſchlimmſte Abgoͤtterey. Wenn wir noch uͤberdem erwegen, der Juͤden ſo verſtocktes Weſen, Und ihres Herzens Haͤrtigkeit. Was Moſes fuͤr ein’ Art er- leſen, Sie zu bedrohn, und ſie zu ſegnen, als wovon beyde Theil allein, (Jndem er nichts vom Kuͤnftgen ſaget,) aufs Jrdiſche gerich- tet ſeyn. Er ſegnet bloß mit irdſchem Heil, er drohet bloß mit irdſchen Noͤthen: So ſcheim um deſto noͤthiger zu ſchlieſſen, daß auch die Pro- pheten, Und andre heilge Maͤnner auch, wenn ſie der Gottheit Bild beſchreiben, Sie, ihrer boͤſen Hoͤrer halber, auch bey derſelben Weiſe bleiben, Und ihn, als einen grimmigen, erzuͤrnten Herrſcher ihnen zeigen, Um, durch die Furcht der nahen Straf, ihr Herz um deſto eh zu beugen. Denn, daß dieß nicht vom wahren Weſen der wahren Gott- heit zu verſtehn; Als dem ſolch kleines Bild zu klein, da er ein Geiſt; kann je- der ſehn. Gebrauchten wir nur die Vernunft: So wuͤrd uns Sonnen-klar entdecket, Daß alle leibliche Gedanken, und was nur nach der Menſch- heit ſchmecket, Der Gottheit unanſtaͤndig ſey; ja, daß der, welcher ſo gedacht, Entweder uns zu einem Gott: Wie? oder Gott zum Menſchen macht: So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/340
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/340>, abgerufen am 23.11.2024.