Hiewider hab ich nichts. Der Schöpfer ist, sonder Wider- spruch, gerecht. Doch, zwischen zornig und gerecht, ist ja ein großer Unterscheid. Wer leidet Zorn an einem Richter, nur bey dem menschlichen Geschlecht?
Du magst mir sagen, was du willt: (Hör ich dich hier voll Eifer sprechen) Jch bleibe bey der heilgen Schrift. Dieselbe spricht von Zorn und Rächen, Jn Gott, so deutlich, und so oft, daß ich es nicht begreifen kann, Wie du, so frech, dich unterstehest, dieß zu verneinen, und hieran Nur im Geringsten noch zu zweifeln. Allein, verdamme mich nicht eh, Und übereile dich nur nicht, bevor du mich hierauf gehört. Jch bin gewiß, daß, wie du glaubest, ich mich hierinnen nicht vergeh.
Es ist und bleibt unstreitig wahr: Es wird die heilge Schrift erklärt, Ju allen Stellen, wo wir finden, daß Gott nach Menschen Art gesprochen. Wenn wir an vielen Orten lesen: Gott hab ein Auge, Fuß und Hand: So wird ja die Figürlichkeit von solchen Stellen leicht erkannt. Demselben tritt noch ferner bey, Daß ja die Art der Morgenländer zu lehren, meist figürlich sey. Da man nun so die meisten Stellen, wie billig, anders nicht er- klärt; Wie, daß man denn, in diesem Punkt, nicht auf dieselbig' Art verfährt?
Wenn
Die ſchlimmſte Abgoͤtterey.
Hiewider hab ich nichts. Der Schoͤpfer iſt, ſonder Wider- ſpruch, gerecht. Doch, zwiſchen zornig und gerecht, iſt ja ein großer Unterſcheid. Wer leidet Zorn an einem Richter, nur bey dem menſchlichen Geſchlecht?
Du magſt mir ſagen, was du willt: (Hoͤr ich dich hier voll Eifer ſprechen) Jch bleibe bey der heilgen Schrift. Dieſelbe ſpricht von Zorn und Raͤchen, Jn Gott, ſo deutlich, und ſo oft, daß ich es nicht begreifen kann, Wie du, ſo frech, dich unterſteheſt, dieß zu verneinen, und hieran Nur im Geringſten noch zu zweifeln. Allein, verdamme mich nicht eh, Und uͤbereile dich nur nicht, bevor du mich hierauf gehoͤrt. Jch bin gewiß, daß, wie du glaubeſt, ich mich hierinnen nicht vergeh.
Es iſt und bleibt unſtreitig wahr: Es wird die heilge Schrift erklaͤrt, Ju allen Stellen, wo wir finden, daß Gott nach Menſchen Art geſprochen. Wenn wir an vielen Orten leſen: Gott hab ein Auge, Fuß und Hand: So wird ja die Figuͤrlichkeit von ſolchen Stellen leicht erkannt. Demſelben tritt noch ferner bey, Daß ja die Art der Morgenlaͤnder zu lehren, meiſt figuͤrlich ſey. Da man nun ſo die meiſten Stellen, wie billig, anders nicht er- klaͤrt; Wie, daß man denn, in dieſem Punkt, nicht auf dieſelbig’ Art verfaͤhrt?
Wenn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="3"><l><pbfacs="#f0339"n="315"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die ſchlimmſte Abgoͤtterey.</hi></fw><lb/>
Hiewider hab ich nichts. Der Schoͤpfer iſt, ſonder Wider-<lb/><hirendition="#et">ſpruch, gerecht.</hi></l><lb/><l>Doch, zwiſchen zornig und gerecht, iſt ja ein großer Unterſcheid.</l><lb/><l>Wer leidet Zorn an einem Richter, nur bey dem menſchlichen<lb/><hirendition="#et">Geſchlecht?</hi></l></lg><lb/><lgn="4"><l>Du magſt mir ſagen, was du willt: (Hoͤr ich dich hier voll<lb/><hirendition="#et">Eifer ſprechen)</hi></l><lb/><l>Jch bleibe bey der heilgen Schrift. Dieſelbe ſpricht von Zorn<lb/><hirendition="#et">und Raͤchen,</hi></l><lb/><l>Jn Gott, ſo deutlich, und ſo oft, daß ich es nicht begreifen kann,</l><lb/><l>Wie du, ſo frech, dich unterſteheſt, dieß zu verneinen, und hieran</l><lb/><l>Nur im Geringſten noch zu zweifeln. Allein, verdamme mich<lb/><hirendition="#et">nicht eh,</hi></l><lb/><l>Und uͤbereile dich nur nicht, bevor du mich hierauf gehoͤrt.</l><lb/><l>Jch bin gewiß, daß, wie du glaubeſt, ich mich hierinnen nicht<lb/><hirendition="#et">vergeh.</hi></l></lg><lb/><lgn="5"><l>Es iſt und bleibt unſtreitig wahr: Es wird die heilge<lb/><hirendition="#et">Schrift erklaͤrt,</hi></l><lb/><l>Ju allen Stellen, wo wir finden, daß Gott nach Menſchen Art<lb/><hirendition="#et">geſprochen.</hi></l><lb/><l>Wenn wir an vielen Orten leſen: Gott hab ein Auge, Fuß<lb/><hirendition="#et">und Hand:</hi></l><lb/><l>So wird ja die Figuͤrlichkeit von ſolchen Stellen leicht erkannt.</l><lb/><l>Demſelben tritt noch ferner bey,</l><lb/><l>Daß ja die Art der Morgenlaͤnder zu lehren, meiſt figuͤrlich ſey.</l><lb/><l>Da man nun ſo die meiſten Stellen, wie billig, anders nicht er-<lb/><hirendition="#et">klaͤrt;</hi></l><lb/><l>Wie, daß man denn, in dieſem Punkt, nicht auf dieſelbig’ Art<lb/><hirendition="#et">verfaͤhrt?</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wenn</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[315/0339]
Die ſchlimmſte Abgoͤtterey.
Hiewider hab ich nichts. Der Schoͤpfer iſt, ſonder Wider-
ſpruch, gerecht.
Doch, zwiſchen zornig und gerecht, iſt ja ein großer Unterſcheid.
Wer leidet Zorn an einem Richter, nur bey dem menſchlichen
Geſchlecht?
Du magſt mir ſagen, was du willt: (Hoͤr ich dich hier voll
Eifer ſprechen)
Jch bleibe bey der heilgen Schrift. Dieſelbe ſpricht von Zorn
und Raͤchen,
Jn Gott, ſo deutlich, und ſo oft, daß ich es nicht begreifen kann,
Wie du, ſo frech, dich unterſteheſt, dieß zu verneinen, und hieran
Nur im Geringſten noch zu zweifeln. Allein, verdamme mich
nicht eh,
Und uͤbereile dich nur nicht, bevor du mich hierauf gehoͤrt.
Jch bin gewiß, daß, wie du glaubeſt, ich mich hierinnen nicht
vergeh.
Es iſt und bleibt unſtreitig wahr: Es wird die heilge
Schrift erklaͤrt,
Ju allen Stellen, wo wir finden, daß Gott nach Menſchen Art
geſprochen.
Wenn wir an vielen Orten leſen: Gott hab ein Auge, Fuß
und Hand:
So wird ja die Figuͤrlichkeit von ſolchen Stellen leicht erkannt.
Demſelben tritt noch ferner bey,
Daß ja die Art der Morgenlaͤnder zu lehren, meiſt figuͤrlich ſey.
Da man nun ſo die meiſten Stellen, wie billig, anders nicht er-
klaͤrt;
Wie, daß man denn, in dieſem Punkt, nicht auf dieſelbig’ Art
verfaͤhrt?
Wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/339>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.