Die gütige Natur, damit der Kreis der Erden Dem Menschen möcht ein lieblich Wohnhaus werden, Beschloß, um ihn recht herrlich auszuzieren, Zu seiner Augen Lust, die Blumen zu formiren. Ein' ungezählte Zahl Figuren ward erdacht, Und all' in anderer gefärbten Zierlichkeit, Jn unterschiedlicher Vollkommenheit, Gebildet und hervorgebracht. Sie war noch nicht vergnügt; sie wollte mehr noch schenken; Und, um noch einen Sinn der Menschen zu vergnügen, Noch eine Wundergab in ihre Blumen senken, Und den balsamischen Geruch, zur Schönheit, fügen. Noch mehr, auch zum Gefühl, ward von ihr auserlesen Ein Stoff, der uns vergnügt. Ein holdes kühles Wefen Ward diesem lieblichen Geschöpf noch einverleibt, Das sich an unsre Haut, nicht sonder Anmuth, reibt, Und eine kühle Kraft in Hirn und Lunge treibt. Es sey im Sommer noch so schwühl; So sind der Blumen Blätter kühl. Und so vergnügt sie uns Gesicht, Geruch, Gefühl. Ja, wenn man weiter geht; so wird man noch entdecken, Daß wir in vielen gar was wirklich süsses schmecken, Ohn was in ihr annoch für Honig-Schätze stecken. So ist denn offenbar, daß durch der Blumen Heer Die Seelen, nicht durch einen Sinn allein, Annoch durch mehr, Und gar durch ihrer vier vergnüget seyn. Jst jedes Sinnes Lust denn wenigstens nicht werth, Daß man durch ein Gott-Lob davor den Schöpfer ehrt?
Auf-
Mancherley Vergnuͤgen an Blumen.
Mancherley Vergnuͤgen an Blumen.
Die guͤtige Natur, damit der Kreis der Erden Dem Menſchen moͤcht ein lieblich Wohnhaus werden, Beſchloß, um ihn recht herrlich auszuzieren, Zu ſeiner Augen Luſt, die Blumen zu formiren. Ein’ ungezaͤhlte Zahl Figuren ward erdacht, Und all’ in anderer gefaͤrbten Zierlichkeit, Jn unterſchiedlicher Vollkommenheit, Gebildet und hervorgebracht. Sie war noch nicht vergnuͤgt; ſie wollte mehr noch ſchenken; Und, um noch einen Sinn der Menſchen zu vergnuͤgen, Noch eine Wundergab in ihre Blumen ſenken, Und den balſamiſchen Geruch, zur Schoͤnheit, fuͤgen. Noch mehr, auch zum Gefuͤhl, ward von ihr auserleſen Ein Stoff, der uns vergnuͤgt. Ein holdes kuͤhles Wefen Ward dieſem lieblichen Geſchoͤpf noch einverleibt, Das ſich an unſre Haut, nicht ſonder Anmuth, reibt, Und eine kuͤhle Kraft in Hirn und Lunge treibt. Es ſey im Sommer noch ſo ſchwuͤhl; So ſind der Blumen Blaͤtter kuͤhl. Und ſo vergnuͤgt ſie uns Geſicht, Geruch, Gefuͤhl. Ja, wenn man weiter geht; ſo wird man noch entdecken, Daß wir in vielen gar was wirklich ſuͤſſes ſchmecken, Ohn was in ihr annoch fuͤr Honig-Schaͤtze ſtecken. So iſt denn offenbar, daß durch der Blumen Heer Die Seelen, nicht durch einen Sinn allein, Annoch durch mehr, Und gar durch ihrer vier vergnuͤget ſeyn. Jſt jedes Sinnes Luſt denn wenigſtens nicht werth, Daß man durch ein Gott-Lob davor den Schoͤpfer ehrt?
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Mancherley Vergnuͤgen an Blumen.
Mancherley Vergnuͤgen an Blumen.
Die guͤtige Natur, damit der Kreis der Erden
Dem Menſchen moͤcht ein lieblich Wohnhaus werden,
Beſchloß, um ihn recht herrlich auszuzieren,
Zu ſeiner Augen Luſt, die Blumen zu formiren.
Ein’ ungezaͤhlte Zahl Figuren ward erdacht,
Und all’ in anderer gefaͤrbten Zierlichkeit,
Jn unterſchiedlicher Vollkommenheit,
Gebildet und hervorgebracht.
Sie war noch nicht vergnuͤgt; ſie wollte mehr noch ſchenken;
Und, um noch einen Sinn der Menſchen zu vergnuͤgen,
Noch eine Wundergab in ihre Blumen ſenken,
Und den balſamiſchen Geruch, zur Schoͤnheit, fuͤgen.
Noch mehr, auch zum Gefuͤhl, ward von ihr auserleſen
Ein Stoff, der uns vergnuͤgt. Ein holdes kuͤhles Wefen
Ward dieſem lieblichen Geſchoͤpf noch einverleibt,
Das ſich an unſre Haut, nicht ſonder Anmuth, reibt,
Und eine kuͤhle Kraft in Hirn und Lunge treibt.
Es ſey im Sommer noch ſo ſchwuͤhl;
So ſind der Blumen Blaͤtter kuͤhl.
Und ſo vergnuͤgt ſie uns Geſicht, Geruch, Gefuͤhl.
Ja, wenn man weiter geht; ſo wird man noch entdecken,
Daß wir in vielen gar was wirklich ſuͤſſes ſchmecken,
Ohn was in ihr annoch fuͤr Honig-Schaͤtze ſtecken.
So iſt denn offenbar, daß durch der Blumen Heer
Die Seelen, nicht durch einen Sinn allein,
Annoch durch mehr,
Und gar durch ihrer vier vergnuͤget ſeyn.
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Daß man durch ein Gott-Lob davor den Schoͤpfer ehrt?
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/32>, abgerufen am 03.03.2025.
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