Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Ein Gott-gewidmetes Herz.
Ein
der Gottheit gewidmetes Geschenk.
Recht mitten in vergnügter Lust, umringt mit tausendfachen
Segen,

Mit vielem Guten überschüttet, empfind ich eine Traurigkeit,
Weil für so unverdientes Glück, so ungezählter Gaben wegen,
So mancher großen Wohlthat halber, zumal in dieser holden Zeit,
Jch nichts dem großen Gober habe, zu schenken, oder zu erwiedern.
Denn Danken, wodurch bloß allein,
Es sey in Schriften oder Liedern,
Wir uns zuweilen überreden, dem Schöpfer angenehm zu seyn,
Jst ja von so geringem Werth, daß wir uns billig schämen müssen,
Als wenn dieß unsre Schuld bezahlte, und Gott vergnüget
sey, zu schliessen.
Jedoch, ein sonderbarer Trost fällt mir in diesem Trau-
ren bey.

Es fragt sich, ob dieß mein Betrüben nicht eine Frucht des
Hochmuths sey?

Will ich der Gottheit was vergelten? Der Schöpfer Him-
mels und der Erden

Will, soll, und kann derselbe wohl von einem Wurm belohnet
werden?
Aus lauter Gnad und Liebe schenken, nicht, um Belohnung
zu geniessen,

Jst eigenklich der Gottheit eigen, und kann nur aus der Gott-
heit fliessen.

Da ich mich nun noch einst bemühe, ob denn so gar nichts
auszudenken:

So fällt mir doch ein einzigs ein: Jch will ihm meine Freude
schenken.
Ver-
R 3
Ein Gott-gewidmetes Herz.
Ein
der Gottheit gewidmetes Geſchenk.
Recht mitten in vergnuͤgter Luſt, umringt mit tauſendfachen
Segen,

Mit vielem Guten uͤberſchuͤttet, empfind ich eine Traurigkeit,
Weil fuͤr ſo unverdientes Gluͤck, ſo ungezaͤhlter Gaben wegen,
So mancher großen Wohlthat halber, zumal in dieſer holden Zeit,
Jch nichts dem großen Gober habe, zu ſchenken, oder zu erwiedern.
Denn Danken, wodurch bloß allein,
Es ſey in Schriften oder Liedern,
Wir uns zuweilen uͤberreden, dem Schoͤpfer angenehm zu ſeyn,
Jſt ja von ſo geringem Werth, daß wir uns billig ſchaͤmen muͤſſen,
Als wenn dieß unſre Schuld bezahlte, und Gott vergnuͤget
ſey, zu ſchlieſſen.
Jedoch, ein ſonderbarer Troſt faͤllt mir in dieſem Trau-
ren bey.

Es fragt ſich, ob dieß mein Betruͤben nicht eine Frucht des
Hochmuths ſey?

Will ich der Gottheit was vergelten? Der Schoͤpfer Him-
mels und der Erden

Will, ſoll, und kann derſelbe wohl von einem Wurm belohnet
werden?
Aus lauter Gnad und Liebe ſchenken, nicht, um Belohnung
zu genieſſen,

Jſt eigenklich der Gottheit eigen, und kann nur aus der Gott-
heit flieſſen.

Da ich mich nun noch einſt bemuͤhe, ob denn ſo gar nichts
auszudenken:

So faͤllt mir doch ein einzigs ein: Jch will ihm meine Freude
ſchenken.
Ver-
R 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0285" n="261"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ein Gott-gewidmetes Herz.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ein<lb/>
der Gottheit gewidmetes Ge&#x017F;chenk.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">R</hi>echt mitten in vergnu&#x0364;gter Lu&#x017F;t, umringt mit tau&#x017F;endfachen<lb/><hi rendition="#et">Segen,</hi></l><lb/>
            <l>Mit vielem Guten u&#x0364;ber&#x017F;chu&#x0364;ttet, empfind ich eine Traurigkeit,</l><lb/>
            <l>Weil fu&#x0364;r &#x017F;o unverdientes Glu&#x0364;ck, &#x017F;o ungeza&#x0364;hlter Gaben wegen,</l><lb/>
            <l>So mancher großen Wohlthat halber, zumal in die&#x017F;er holden Zeit,</l><lb/>
            <l>Jch nichts dem großen Gober habe, zu &#x017F;chenken, oder zu erwiedern.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Denn Danken, wodurch bloß allein,</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;ey in Schriften oder Liedern,</l><lb/>
            <l>Wir uns zuweilen u&#x0364;berreden, dem Scho&#x0364;pfer angenehm zu &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t ja von &#x017F;o geringem Werth, daß wir uns billig &#x017F;cha&#x0364;men mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Als wenn dieß un&#x017F;re Schuld bezahlte, und Gott vergnu&#x0364;get<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ey, zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Jedoch, ein &#x017F;onderbarer Tro&#x017F;t fa&#x0364;llt mir in die&#x017F;em Trau-<lb/><hi rendition="#et">ren bey.</hi></l><lb/>
            <l>Es fragt &#x017F;ich, ob dieß mein Betru&#x0364;ben nicht eine Frucht des<lb/><hi rendition="#et">Hochmuths &#x017F;ey?</hi></l><lb/>
            <l>Will ich der Gottheit was vergelten? Der Scho&#x0364;pfer Him-<lb/><hi rendition="#et">mels und der Erden</hi></l><lb/>
            <l>Will, &#x017F;oll, und kann der&#x017F;elbe wohl von einem Wurm belohnet<lb/><hi rendition="#et">werden?</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Aus lauter Gnad und Liebe &#x017F;chenken, nicht, um Belohnung<lb/><hi rendition="#et">zu genie&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>J&#x017F;t eigenklich der Gottheit eigen, und kann nur aus der Gott-<lb/><hi rendition="#et">heit flie&#x017F;&#x017F;en.</hi></l><lb/>
            <l>Da ich mich nun noch ein&#x017F;t bemu&#x0364;he, ob denn &#x017F;o gar nichts<lb/><hi rendition="#et">auszudenken:</hi></l><lb/>
            <l>So fa&#x0364;llt mir doch ein einzigs ein: Jch will ihm meine Freude<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chenken.</hi></l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">R 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0285] Ein Gott-gewidmetes Herz. Ein der Gottheit gewidmetes Geſchenk. Recht mitten in vergnuͤgter Luſt, umringt mit tauſendfachen Segen, Mit vielem Guten uͤberſchuͤttet, empfind ich eine Traurigkeit, Weil fuͤr ſo unverdientes Gluͤck, ſo ungezaͤhlter Gaben wegen, So mancher großen Wohlthat halber, zumal in dieſer holden Zeit, Jch nichts dem großen Gober habe, zu ſchenken, oder zu erwiedern. Denn Danken, wodurch bloß allein, Es ſey in Schriften oder Liedern, Wir uns zuweilen uͤberreden, dem Schoͤpfer angenehm zu ſeyn, Jſt ja von ſo geringem Werth, daß wir uns billig ſchaͤmen muͤſſen, Als wenn dieß unſre Schuld bezahlte, und Gott vergnuͤget ſey, zu ſchlieſſen. Jedoch, ein ſonderbarer Troſt faͤllt mir in dieſem Trau- ren bey. Es fragt ſich, ob dieß mein Betruͤben nicht eine Frucht des Hochmuths ſey? Will ich der Gottheit was vergelten? Der Schoͤpfer Him- mels und der Erden Will, ſoll, und kann derſelbe wohl von einem Wurm belohnet werden? Aus lauter Gnad und Liebe ſchenken, nicht, um Belohnung zu genieſſen, Jſt eigenklich der Gottheit eigen, und kann nur aus der Gott- heit flieſſen. Da ich mich nun noch einſt bemuͤhe, ob denn ſo gar nichts auszudenken: So faͤllt mir doch ein einzigs ein: Jch will ihm meine Freude ſchenken. Ver- R 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/285
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/285>, abgerufen am 25.11.2024.