Sucht er vom Gewohnheits - Schlaf, uns, durch Zeichnen, zu erwecken, Und, durch die Copie, im Urbild, selbst den Schöpfer zu entdecken. Also seh ich seine Kunst, ja ihn, als ein Werkzeug an, Wodurch man sich, im Geschöpf, selbst zum Schöpfer nahen kann.
No. 6.
Seht geschwinde! wie so rasch, munter, fertig, schnell und leicht, Hier der Hirsch, auf flacher Ebne, nach dem Walde springt und fleucht! Er ist in so reger Stellung, daß sein Fliehn ich nicht nur sehe, Sondern fast das Strampfen hör'. Seht, wie lieblich, von der Höhe, Dort die langen Schatten fallen, und den kühlen Abend weisen; Selbst in der Copie der Anmuth, kann man hier den Schöp- fer preisen. Denn mich deucht, ich wär im Felde, bey gekühlter Abendzeit, Und bewunderte der Sonnen untergehnde Herrlichkeit. Jst die Kunst nicht hochzuschätzen, da durch sie wir, wie so schön Die im Frühling schöne Welt, auch im Frost, in Zimmern sehn? Wann du der Geschöpfe Schönheit, durch das Aug, uns ein- verleibest: Rührest du, durch deine Hand, Ridinger, uns unser Herz. Eines guten Schreibers Griffel ist dein Griffel. Denn du schreibest Unsers großen Schöpfers Thaten, wirklich in der That, in Erz.
No. 7.
Die Hirſche.
Sucht er vom Gewohnheits - Schlaf, uns, durch Zeichnen, zu erwecken, Und, durch die Copie, im Urbild, ſelbſt den Schoͤpfer zu entdecken. Alſo ſeh ich ſeine Kunſt, ja ihn, als ein Werkzeug an, Wodurch man ſich, im Geſchoͤpf, ſelbſt zum Schoͤpfer nahen kann.
No. 6.
Seht geſchwinde! wie ſo raſch, munter, fertig, ſchnell und leicht, Hier der Hirſch, auf flacher Ebne, nach dem Walde ſpringt und fleucht! Er iſt in ſo reger Stellung, daß ſein Fliehn ich nicht nur ſehe, Sondern faſt das Strampfen hoͤr’. Seht, wie lieblich, von der Hoͤhe, Dort die langen Schatten fallen, und den kuͤhlen Abend weiſen; Selbſt in der Copie der Anmuth, kann man hier den Schoͤp- fer preiſen. Denn mich deucht, ich waͤr im Felde, bey gekuͤhlter Abendzeit, Und bewunderte der Sonnen untergehnde Herrlichkeit. Jſt die Kunſt nicht hochzuſchaͤtzen, da durch ſie wir, wie ſo ſchoͤn Die im Fruͤhling ſchoͤne Welt, auch im Froſt, in Zimmern ſehn? Wann du der Geſchoͤpfe Schoͤnheit, durch das Aug, uns ein- verleibeſt: Ruͤhreſt du, durch deine Hand, Ridinger, uns unſer Herz. Eines guten Schreibers Griffel iſt dein Griffel. Denn du ſchreibeſt Unſers großen Schoͤpfers Thaten, wirklich in der That, in Erz.
No. 7.
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Die Hirſche.
Sucht er vom Gewohnheits - Schlaf, uns, durch Zeichnen, zu
erwecken,
Und, durch die Copie, im Urbild, ſelbſt den Schoͤpfer zu
entdecken.
Alſo ſeh ich ſeine Kunſt, ja ihn, als ein Werkzeug an,
Wodurch man ſich, im Geſchoͤpf, ſelbſt zum Schoͤpfer nahen
kann.
No. 6.
Seht geſchwinde! wie ſo raſch, munter, fertig, ſchnell und
leicht,
Hier der Hirſch, auf flacher Ebne, nach dem Walde ſpringt und
fleucht!
Er iſt in ſo reger Stellung, daß ſein Fliehn ich nicht nur ſehe,
Sondern faſt das Strampfen hoͤr’. Seht, wie lieblich, von der
Hoͤhe,
Dort die langen Schatten fallen, und den kuͤhlen Abend weiſen;
Selbſt in der Copie der Anmuth, kann man hier den Schoͤp-
fer preiſen.
Denn mich deucht, ich waͤr im Felde, bey gekuͤhlter Abendzeit,
Und bewunderte der Sonnen untergehnde Herrlichkeit.
Jſt die Kunſt nicht hochzuſchaͤtzen, da durch ſie wir, wie ſo ſchoͤn
Die im Fruͤhling ſchoͤne Welt, auch im Froſt, in Zimmern
ſehn?
Wann du der Geſchoͤpfe Schoͤnheit, durch das Aug, uns ein-
verleibeſt:
Ruͤhreſt du, durch deine Hand, Ridinger, uns unſer Herz.
Eines guten Schreibers Griffel iſt dein Griffel. Denn du
ſchreibeſt
Unſers großen Schoͤpfers Thaten, wirklich in der That, in Erz.
No. 7.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/244>, abgerufen am 21.11.2024.
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