Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Winter-Betrachtung.
Ob etwan sich, durch uns verborgne Kraft,
Und fast magnetisch' Eigenschaft,
Die Zweig und Knospen sich bemühen,
Die Theilchen ihnen zu zu ziehen,
Wie oder, ob die Theilchen sich die Höhlen
Der zarten Oeffnungen, als kleine Formen, wählen,
Worinnen sie sich anfangs senken,
An die sich denn hernach dergleichen Theile mehr,
Die sich zu ihnen schicken, henken?

Doch ach! wer faßt es eigentlich,
Auf welche Weis in ihnen, sich
Die Bildung, wie sie ist, formiret! Dennoch gab
Die Schön-und Zierlichkeit, die sich in ihnen fügen,
Mir, ihrem Herrn zum Ruhm, ein nützliches Vergnügen,
Jndem ich mich daran ergetzte,
Und sie, als wenn sie mir zur Lust geschenket, schätzte.
Wenn diese Theilchen nun, von ihrem Sitz herab,
Auf den zwar gleichfalls weiß-doch rauhen Boden fallen.
Wo sie, wie Tafel-Stein aus Demant und Krystallen,
Zerstreuet hin und wieder liegen,
Und sich, in ihren glatten Flächen,
Der Sonnen Stralen lieblich brechen,
Entstand ein noch vermehrt Vergnügen,
Jn der dadurch aufs neu gerührten Brust,
Und das hell schimmernde gefärbte Blitzen,
Von so viel Millionen Spitzen,
Erregt mir eine neue Lust,
Die, durch das funkelnde Bewegen,
Ein Anmuths-Licht in mir erregen,
Daß ich dadurch vergnüget, in die Höh,
Nach ihrer Schönheit Ursprung, seh.
Da

Winter-Betrachtung.
Ob etwan ſich, durch uns verborgne Kraft,
Und faſt magnetiſch’ Eigenſchaft,
Die Zweig und Knoſpen ſich bemuͤhen,
Die Theilchen ihnen zu zu ziehen,
Wie oder, ob die Theilchen ſich die Hoͤhlen
Der zarten Oeffnungen, als kleine Formen, waͤhlen,
Worinnen ſie ſich anfangs ſenken,
An die ſich denn hernach dergleichen Theile mehr,
Die ſich zu ihnen ſchicken, henken?

Doch ach! wer faßt es eigentlich,
Auf welche Weiſ in ihnen, ſich
Die Bildung, wie ſie iſt, formiret! Dennoch gab
Die Schoͤn-und Zierlichkeit, die ſich in ihnen fuͤgen,
Mir, ihrem Herrn zum Ruhm, ein nuͤtzliches Vergnuͤgen,
Jndem ich mich daran ergetzte,
Und ſie, als wenn ſie mir zur Luſt geſchenket, ſchaͤtzte.
Wenn dieſe Theilchen nun, von ihrem Sitz herab,
Auf den zwar gleichfalls weiß-doch rauhen Boden fallen.
Wo ſie, wie Tafel-Stein aus Demant und Kryſtallen,
Zerſtreuet hin und wieder liegen,
Und ſich, in ihren glatten Flaͤchen,
Der Sonnen Stralen lieblich brechen,
Entſtand ein noch vermehrt Vergnuͤgen,
Jn der dadurch aufs neu geruͤhrten Bruſt,
Und das hell ſchimmernde gefaͤrbte Blitzen,
Von ſo viel Millionen Spitzen,
Erregt mir eine neue Luſt,
Die, durch das funkelnde Bewegen,
Ein Anmuths-Licht in mir erregen,
Daß ich dadurch vergnuͤget, in die Hoͤh,
Nach ihrer Schoͤnheit Urſprung, ſeh.
Da
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="6">
            <l><pb facs="#f0208" n="184"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Winter-Betrachtung.</hi></fw><lb/>
Ob etwan &#x017F;ich, durch uns verborgne Kraft,</l><lb/>
            <l>Und fa&#x017F;t magneti&#x017F;ch&#x2019; Eigen&#x017F;chaft,</l><lb/>
            <l>Die Zweig und Kno&#x017F;pen &#x017F;ich bemu&#x0364;hen,</l><lb/>
            <l>Die Theilchen ihnen zu zu ziehen,</l><lb/>
            <l>Wie oder, ob die Theilchen &#x017F;ich die Ho&#x0364;hlen</l><lb/>
            <l>Der zarten Oeffnungen, als kleine Formen, wa&#x0364;hlen,</l><lb/>
            <l>Worinnen &#x017F;ie &#x017F;ich anfangs &#x017F;enken,</l><lb/>
            <l>An die &#x017F;ich denn hernach dergleichen Theile mehr,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ich zu ihnen &#x017F;chicken, henken?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Doch ach! wer faßt es eigentlich,</l><lb/>
            <l>Auf welche Wei&#x017F; in ihnen, &#x017F;ich</l><lb/>
            <l>Die Bildung, wie &#x017F;ie i&#x017F;t, formiret! Dennoch gab</l><lb/>
            <l>Die Scho&#x0364;n-und Zierlichkeit, die &#x017F;ich in ihnen fu&#x0364;gen,</l><lb/>
            <l>Mir, ihrem Herrn zum Ruhm, ein nu&#x0364;tzliches Vergnu&#x0364;gen,</l><lb/>
            <l>Jndem ich mich daran ergetzte,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie, als wenn &#x017F;ie mir zur Lu&#x017F;t ge&#x017F;chenket, &#x017F;cha&#x0364;tzte.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <l>Wenn die&#x017F;e Theilchen nun, von ihrem Sitz herab,</l><lb/>
            <l>Auf den zwar gleichfalls weiß-doch rauhen Boden fallen.</l><lb/>
            <l>Wo &#x017F;ie, wie Tafel-Stein aus Demant und Kry&#x017F;tallen,</l><lb/>
            <l>Zer&#x017F;treuet hin und wieder liegen,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich, in ihren glatten Fla&#x0364;chen,</l><lb/>
            <l>Der Sonnen Stralen lieblich brechen,</l><lb/>
            <l>Ent&#x017F;tand ein noch vermehrt Vergnu&#x0364;gen,</l><lb/>
            <l>Jn der dadurch aufs neu geru&#x0364;hrten Bru&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Und das hell &#x017F;chimmernde gefa&#x0364;rbte Blitzen,</l><lb/>
            <l>Von &#x017F;o viel Millionen Spitzen,</l><lb/>
            <l>Erregt mir eine neue Lu&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Die, durch das funkelnde Bewegen,</l><lb/>
            <l>Ein Anmuths-Licht in mir erregen,</l><lb/>
            <l>Daß ich dadurch vergnu&#x0364;get, in die Ho&#x0364;h,</l><lb/>
            <l>Nach ihrer Scho&#x0364;nheit Ur&#x017F;prung, &#x017F;eh.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0208] Winter-Betrachtung. Ob etwan ſich, durch uns verborgne Kraft, Und faſt magnetiſch’ Eigenſchaft, Die Zweig und Knoſpen ſich bemuͤhen, Die Theilchen ihnen zu zu ziehen, Wie oder, ob die Theilchen ſich die Hoͤhlen Der zarten Oeffnungen, als kleine Formen, waͤhlen, Worinnen ſie ſich anfangs ſenken, An die ſich denn hernach dergleichen Theile mehr, Die ſich zu ihnen ſchicken, henken? Doch ach! wer faßt es eigentlich, Auf welche Weiſ in ihnen, ſich Die Bildung, wie ſie iſt, formiret! Dennoch gab Die Schoͤn-und Zierlichkeit, die ſich in ihnen fuͤgen, Mir, ihrem Herrn zum Ruhm, ein nuͤtzliches Vergnuͤgen, Jndem ich mich daran ergetzte, Und ſie, als wenn ſie mir zur Luſt geſchenket, ſchaͤtzte. Wenn dieſe Theilchen nun, von ihrem Sitz herab, Auf den zwar gleichfalls weiß-doch rauhen Boden fallen. Wo ſie, wie Tafel-Stein aus Demant und Kryſtallen, Zerſtreuet hin und wieder liegen, Und ſich, in ihren glatten Flaͤchen, Der Sonnen Stralen lieblich brechen, Entſtand ein noch vermehrt Vergnuͤgen, Jn der dadurch aufs neu geruͤhrten Bruſt, Und das hell ſchimmernde gefaͤrbte Blitzen, Von ſo viel Millionen Spitzen, Erregt mir eine neue Luſt, Die, durch das funkelnde Bewegen, Ein Anmuths-Licht in mir erregen, Daß ich dadurch vergnuͤget, in die Hoͤh, Nach ihrer Schoͤnheit Urſprung, ſeh. Da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/208
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/208>, abgerufen am 27.11.2024.