Jndem sich nun, an diesem Vorwurf, so Herz als Aug erstau- net laben, Kam ich, im Gehen ungefähr, an meines Schlosses breiten Graben, Auf dessen Spiegel-glatten Fluth, die ganz bepurpert und vergüldet, Der große himmlische Rubin sich selbst, als wie im Spiegel, bildet. Jch dachte dem verdoppelten, bewunderns-werthen Wunder nach; Mein allbereit gerührter Geist ward hier nach mehr gerührt. Jch sprach: "Ach welch ein feurig Rosenroth seh ich am hellen Himmel glimmen! "Ach welche purpurfarbne Gluht seh ich, auf glatten Fluthen, schwimmen! "Wie wird mein Herz durchs Aug ergetzt! da ich hier in der Tief und Höh, "Ein herrlich doppelt Abendroth, und auch zugleich zwo Son- nen seh. Jch sehe sie, zu deinen Ehren, o unser aller Schöpfer, an; Bewundre deine Wunderwerke, und danke, daß ich sehen kann.
Was-
Beſondre ſchoͤne Abend-Vorwuͤrfe.
Jndem ſich nun, an dieſem Vorwurf, ſo Herz als Aug erſtau- net laben, Kam ich, im Gehen ungefaͤhr, an meines Schloſſes breiten Graben, Auf deſſen Spiegel-glatten Fluth, die ganz bepurpert und verguͤldet, Der große himmliſche Rubin ſich ſelbſt, als wie im Spiegel, bildet. Jch dachte dem verdoppelten, bewunderns-werthen Wunder nach; Mein allbereit geruͤhrter Geiſt ward hier nach mehr geruͤhrt. Jch ſprach: „Ach welch ein feurig Roſenroth ſeh ich am hellen Himmel glimmen! „Ach welche purpurfarbne Gluht ſeh ich, auf glatten Fluthen, ſchwimmen! „Wie wird mein Herz durchs Aug ergetzt! da ich hier in der Tief und Hoͤh, „Ein herrlich doppelt Abendroth, und auch zugleich zwo Son- nen ſeh. Jch ſehe ſie, zu deinen Ehren, o unſer aller Schoͤpfer, an; Bewundre deine Wunderwerke, und danke, daß ich ſehen kann.
Waſ-
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Beſondre ſchoͤne Abend-Vorwuͤrfe.
Jndem ſich nun, an dieſem Vorwurf, ſo Herz als Aug erſtau-
net laben,
Kam ich, im Gehen ungefaͤhr, an meines Schloſſes breiten
Graben,
Auf deſſen Spiegel-glatten Fluth, die ganz bepurpert und
verguͤldet,
Der große himmliſche Rubin ſich ſelbſt, als wie im Spiegel, bildet.
Jch dachte dem verdoppelten, bewunderns-werthen Wunder
nach;
Mein allbereit geruͤhrter Geiſt ward hier nach mehr geruͤhrt.
Jch ſprach:
„Ach welch ein feurig Roſenroth ſeh ich am hellen Himmel
glimmen!
„Ach welche purpurfarbne Gluht ſeh ich, auf glatten Fluthen,
ſchwimmen!
„Wie wird mein Herz durchs Aug ergetzt! da ich hier in der
Tief und Hoͤh,
„Ein herrlich doppelt Abendroth, und auch zugleich zwo Son-
nen ſeh.
Jch ſehe ſie, zu deinen Ehren, o unſer aller Schoͤpfer, an;
Bewundre deine Wunderwerke, und danke, daß ich ſehen kann.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/126>, abgerufen am 24.11.2024.
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