Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Hirten-Gedicht. Der Himmel, Meer und Erde schuf. Ach rieffen beide: Wie so schön Jst alles was wir hier erblicken! Wie herrlich ist es was wir sehn! Fuhr Segenfeld mit lächeln fort. Fürwar das Land-und Schäffer-Leben Jst auf der Welt das glücklichste! weil man, mit ruhigem Gemüth, Auf der Natur so reiche Schätze am füglichsten kann Ach- tung geben, Und man des Schöpfers Werck in ihnen mit Ehrfurcht, Lust und Andacht sieht. Wie glücklich leben wir allhier! Da, so von Stadt als Hof entfernet, Man so von der Natur, als sich, was sonst nicht sichtbar, sehen lernet, Da die Allgegenwärtge GOttheit, in Wäldern, Feldern und in Auen, Jn Thieren, in den Elementen, ja im geringsten Kraut zu schauen. Da man, vom Reitz der Leidenschaften befreit, in Ruh' und Musse sich, Weit besser als in Hof und Stadt, besieht, erkennet und ergründet, Und, in der Ruh' und Still', ein sonst umsonst gesucht Vergnügen findet. An solchen redlichen Gedancken ergetz' ich mich. Oft fällt mir bey: Wo kann man wol, in einem Stand auf Erden, besser alle Pracht Der stetig wirckenden Natur, als auf dem stillen Land' erblicken! Wo sieht man besser, als bey uns, die Sonne Wald und Fel- der schmücken, Die Sonn' ein wahrer Wunder-Spiegel des Mächtigen, der sie gemacht! Ent-
Hirten-Gedicht. Der Himmel, Meer und Erde ſchuf. Ach rieffen beide: Wie ſo ſchoͤn Jſt alles was wir hier erblicken! Wie herrlich iſt es was wir ſehn! Fuhr Segenfeld mit laͤcheln fort. Fuͤrwar das Land-und Schaͤffer-Leben Jſt auf der Welt das gluͤcklichſte! weil man, mit ruhigem Gemuͤth, Auf der Natur ſo reiche Schaͤtze am fuͤglichſten kann Ach- tung geben, Und man des Schoͤpfers Werck in ihnen mit Ehrfurcht, Luſt und Andacht ſieht. Wie gluͤcklich leben wir allhier! Da, ſo von Stadt als Hof entfernet, Man ſo von der Natur, als ſich, was ſonſt nicht ſichtbar, ſehen lernet, Da die Allgegenwaͤrtge GOttheit, in Waͤldern, Feldern und in Auen, Jn Thieren, in den Elementen, ja im geringſten Kraut zu ſchauen. Da man, vom Reitz der Leidenſchaften befreit, in Ruh’ und Muſſe ſich, Weit beſſer als in Hof und Stadt, beſieht, erkennet und ergruͤndet, Und, in der Ruh’ und Still’, ein ſonſt umſonſt geſucht Vergnuͤgen findet. An ſolchen redlichen Gedancken ergetz’ ich mich. Oft faͤllt mir bey: Wo kann man wol, in einem Stand auf Erden, beſſer alle Pracht Der ſtetig wirckenden Natur, als auf dem ſtillen Land’ erblicken! Wo ſieht man beſſer, als bey uns, die Sonne Wald und Fel- der ſchmuͤcken, Die Sonn’ ein wahrer Wunder-Spiegel des Maͤchtigen, der ſie gemacht! Ent-
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Hirten-Gedicht.
Der Himmel, Meer und Erde ſchuf. Ach rieffen beide:
Wie ſo ſchoͤn
Jſt alles was wir hier erblicken! Wie herrlich iſt es was
wir ſehn!
Fuhr Segenfeld mit laͤcheln fort. Fuͤrwar das Land-und
Schaͤffer-Leben
Jſt auf der Welt das gluͤcklichſte! weil man, mit ruhigem
Gemuͤth,
Auf der Natur ſo reiche Schaͤtze am fuͤglichſten kann Ach-
tung geben,
Und man des Schoͤpfers Werck in ihnen mit Ehrfurcht,
Luſt und Andacht ſieht.
Wie gluͤcklich leben wir allhier! Da, ſo von Stadt
als Hof entfernet,
Man ſo von der Natur, als ſich, was ſonſt nicht ſichtbar,
ſehen lernet,
Da die Allgegenwaͤrtge GOttheit, in Waͤldern, Feldern
und in Auen,
Jn Thieren, in den Elementen, ja im geringſten Kraut
zu ſchauen.
Da man, vom Reitz der Leidenſchaften befreit, in Ruh’
und Muſſe ſich,
Weit beſſer als in Hof und Stadt, beſieht, erkennet und
ergruͤndet,
Und, in der Ruh’ und Still’, ein ſonſt umſonſt geſucht
Vergnuͤgen findet.
An ſolchen redlichen Gedancken ergetz’ ich mich. Oft faͤllt
mir bey:
Wo kann man wol, in einem Stand auf Erden, beſſer
alle Pracht
Der ſtetig wirckenden Natur, als auf dem ſtillen Land’
erblicken!
Wo ſieht man beſſer, als bey uns, die Sonne Wald und Fel-
der ſchmuͤcken,
Die Sonn’ ein wahrer Wunder-Spiegel des Maͤchtigen, der
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