Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Zufällige Gedancken über zwey nach Grönland etc. Mich deucht, als ob ich sie, Jn schwartzer Luft, die blos durch Schnee-Gestöber grau, Auf tausend Art bereits beschäftigt schau; Wie sie, mit starrer Hand, und mit verwegner Müh, Sich, zwischen Eis-Gebirg-und abgerissnen Schollen, Die krachend überall in strengen Strudeln rollen, Mit mehr als tödtlicher Gefahr, begeben, Und, in entstandnem Sturm, bey Rasen, Wüten, Sau- sen Der Winde, beym Gebrüll, Geknirsch, Geheul und Brausen Der Wellen, zwischen Meer- und Wasser-Wundern schweben. Geliebter Leser! laß uns nun, Dem Schreck-Bild', unserm Stand entgegen setzen: Du kannst in Sicherheit auf deinem Bette ruhn, Du kannst in Feld' und Wald' auf Blumen dich ergetzen, Du kannst, in warmer Luft, wenn laue Winde wehn, Auf einem sichern Boden gehn. Ach, laß uns dieses denn doch vor ein Glücke schätzen! Ach laß uns oft den Unterscheid besehn, Und in Erkänntlichkeit, des Schöpfers Huld erhöhn! Jndessen wünschen wir den Arbeit-seel'gen Leuten, Auf ihrer schlüpfrichen, beschwerlich-rauhen Bahn, Zu ihrer Reise Glück von gantzen Hertzen an, Daß sie, was sie gesucht, in Ueberfluß erbeuten! Hir-
Zufaͤllige Gedancken uͤber zwey nach Groͤnland ꝛc. Mich deucht, als ob ich ſie, Jn ſchwartzer Luft, die blos durch Schnee-Geſtoͤber grau, Auf tauſend Art bereits beſchaͤftigt ſchau; Wie ſie, mit ſtarrer Hand, und mit verwegner Muͤh, Sich, zwiſchen Eis-Gebirg-und abgeriſſnen Schollen, Die krachend uͤberall in ſtrengen Strudeln rollen, Mit mehr als toͤdtlicher Gefahr, begeben, Und, in entſtandnem Sturm, bey Raſen, Wuͤten, Sau- ſen Der Winde, beym Gebruͤll, Geknirſch, Geheul und Brauſen Der Wellen, zwiſchen Meer- und Waſſer-Wundern ſchweben. Geliebter Leſer! laß uns nun, Dem Schreck-Bild’, unſerm Stand entgegen ſetzen: Du kannſt in Sicherheit auf deinem Bette ruhn, Du kannſt in Feld’ und Wald’ auf Blumen dich ergetzen, Du kannſt, in warmer Luft, wenn laue Winde wehn, Auf einem ſichern Boden gehn. Ach, laß uns dieſes denn doch vor ein Gluͤcke ſchaͤtzen! Ach laß uns oft den Unterſcheid beſehn, Und in Erkaͤnntlichkeit, des Schoͤpfers Huld erhoͤhn! Jndeſſen wuͤnſchen wir den Arbeit-ſeel’gen Leuten, Auf ihrer ſchluͤpfrichen, beſchwerlich-rauhen Bahn, Zu ihrer Reiſe Gluͤck von gantzen Hertzen an, Daß ſie, was ſie geſucht, in Ueberfluß erbeuten! Hir-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0095" n="79"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zufaͤllige Gedancken uͤber zwey nach Groͤnland ꝛc.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <l>Mich deucht, als ob ich ſie,</l><lb/> <l>Jn ſchwartzer Luft, die blos durch Schnee-Geſtoͤber grau,</l><lb/> <l>Auf tauſend Art bereits beſchaͤftigt ſchau;</l><lb/> <l>Wie ſie, mit ſtarrer Hand, und mit verwegner Muͤh,</l><lb/> <l>Sich, zwiſchen Eis-Gebirg-und abgeriſſnen Schollen,</l><lb/> <l>Die krachend uͤberall in ſtrengen Strudeln rollen,</l><lb/> <l>Mit mehr als toͤdtlicher Gefahr, begeben,</l><lb/> <l>Und, in entſtandnem Sturm, bey Raſen, Wuͤten, Sau-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſen</hi> </l><lb/> <l>Der Winde, beym Gebruͤll, Geknirſch, Geheul und</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Brauſen</hi> </l><lb/> <l>Der Wellen, zwiſchen Meer- und Waſſer-Wundern</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſchweben.</hi> </l><lb/> <l>Geliebter Leſer! laß uns nun,</l><lb/> <l>Dem Schreck-Bild’, unſerm Stand entgegen ſetzen:</l><lb/> <l>Du kannſt in Sicherheit auf deinem Bette ruhn,</l><lb/> <l>Du kannſt in Feld’ und Wald’ auf Blumen dich ergetzen,</l><lb/> <l>Du kannſt, in warmer Luft, wenn laue Winde wehn,</l><lb/> <l>Auf einem ſichern Boden gehn.</l><lb/> <l>Ach, laß uns dieſes denn doch vor ein Gluͤcke ſchaͤtzen!</l><lb/> <l>Ach laß uns oft den Unterſcheid beſehn,</l><lb/> <l>Und in Erkaͤnntlichkeit, des Schoͤpfers Huld erhoͤhn!</l><lb/> <l>Jndeſſen wuͤnſchen wir den Arbeit-ſeel’gen Leuten,</l><lb/> <l>Auf ihrer ſchluͤpfrichen, beſchwerlich-rauhen Bahn,</l><lb/> <l>Zu ihrer Reiſe Gluͤck von gantzen Hertzen an,</l><lb/> <l>Daß ſie, was ſie geſucht, in Ueberfluß erbeuten!</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Hir-</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [79/0095]
Zufaͤllige Gedancken uͤber zwey nach Groͤnland ꝛc.
Mich deucht, als ob ich ſie,
Jn ſchwartzer Luft, die blos durch Schnee-Geſtoͤber grau,
Auf tauſend Art bereits beſchaͤftigt ſchau;
Wie ſie, mit ſtarrer Hand, und mit verwegner Muͤh,
Sich, zwiſchen Eis-Gebirg-und abgeriſſnen Schollen,
Die krachend uͤberall in ſtrengen Strudeln rollen,
Mit mehr als toͤdtlicher Gefahr, begeben,
Und, in entſtandnem Sturm, bey Raſen, Wuͤten, Sau-
ſen
Der Winde, beym Gebruͤll, Geknirſch, Geheul und
Brauſen
Der Wellen, zwiſchen Meer- und Waſſer-Wundern
ſchweben.
Geliebter Leſer! laß uns nun,
Dem Schreck-Bild’, unſerm Stand entgegen ſetzen:
Du kannſt in Sicherheit auf deinem Bette ruhn,
Du kannſt in Feld’ und Wald’ auf Blumen dich ergetzen,
Du kannſt, in warmer Luft, wenn laue Winde wehn,
Auf einem ſichern Boden gehn.
Ach, laß uns dieſes denn doch vor ein Gluͤcke ſchaͤtzen!
Ach laß uns oft den Unterſcheid beſehn,
Und in Erkaͤnntlichkeit, des Schoͤpfers Huld erhoͤhn!
Jndeſſen wuͤnſchen wir den Arbeit-ſeel’gen Leuten,
Auf ihrer ſchluͤpfrichen, beſchwerlich-rauhen Bahn,
Zu ihrer Reiſe Gluͤck von gantzen Hertzen an,
Daß ſie, was ſie geſucht, in Ueberfluß erbeuten!
Hir-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |