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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

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Neu-Jahrs Gedichte.
Jm Gehirn scheint der Verstand bey fünf Sinnen zu regiren;
Jn dem Hertzen scheint der Wille meist sein Regiment zu
führen;

Jn dem Unter-Theil des Leibes scheint der Wollust Sitz zu
seyn,

Diesen nimmt sie nebst den Trieben sich zu mehren, völlig ein.
Jn der Brust, dem Reich des Hertzens, will, absonderlich im
Magen,

Unser Wille, gleichsam geitzig, für die Nahrung Sorge tragen.
Aber in dem Obern Theil lässet es, als ob die Ehre
Des Beherschers, des Verstandes, Leidenschaft besonders
wäre

Die drey Reiche sind genug, von einander unterschieden,
Haben gantz besondre Gräntzen, und ein jeglichs sein Ge-
schäfte,

Dennoch scheint der Circul-Lauf unsers Bluts, verschiedne
Kräfte

Jhnen allen mitzutheilen, wie wir oben angesehn,
Daß es, und auf welche Weise dieses etwann kann geschehn.
Bey dergleichen Ueberlegen, sehn wir, wie die Leiden-
schaften,

Und zwar würcklich uns zum Besten, kräftig an- und in uns
haften,

Doch wird man zugleich gewahr, wenn man es mit Ernst
bedenckt,

Daß die Herrschaft des Verstandes, ob gleich nicht unein-
geschränckt,

Doch viel gutes stiften könne, wenn er nur sein gantz Ver-
mögen,

So wie er ja billig sollte, wär bemühet anzulegen.
Denn daß unsre niedern Kräfte, über ihn zu triumphiren,
Sich so öfters unternehmen, macht, daß er nicht alle Zeit,
Mit genngsam-angespannten Kräften, Fleiß und Festigkeit,
Seinem Feind zu wiederstehn, und sein Regiment zu führen,
Ernst-
Neu-Jahrs Gedichte.
Jm Gehirn ſcheint der Verſtand bey fuͤnf Sinnen zu regiren;
Jn dem Hertzen ſcheint der Wille meiſt ſein Regiment zu
fuͤhren;

Jn dem Unter-Theil des Leibes ſcheint der Wolluſt Sitz zu
ſeyn,

Dieſen nimmt ſie nebſt den Trieben ſich zu mehren, voͤllig ein.
Jn der Bruſt, dem Reich des Hertzens, will, abſonderlich im
Magen,

Unſer Wille, gleichſam geitzig, fuͤr die Nahrung Sorge tragen.
Aber in dem Obern Theil laͤſſet es, als ob die Ehre
Des Beherſchers, des Verſtandes, Leidenſchaft beſonders
waͤre

Die drey Reiche ſind genug, von einander unterſchieden,
Haben gantz beſondre Graͤntzen, und ein jeglichs ſein Ge-
ſchaͤfte,

Dennoch ſcheint der Circul-Lauf unſers Bluts, verſchiedne
Kraͤfte

Jhnen allen mitzutheilen, wie wir oben angeſehn,
Daß es, und auf welche Weiſe dieſes etwann kann geſchehn.
Bey dergleichen Ueberlegen, ſehn wir, wie die Leiden-
ſchaften,

Und zwar wuͤrcklich uns zum Beſten, kraͤftig an- und in uns
haften,

Doch wird man zugleich gewahr, wenn man es mit Ernſt
bedenckt,

Daß die Herrſchaft des Verſtandes, ob gleich nicht unein-
geſchraͤnckt,

Doch viel gutes ſtiften koͤnne, wenn er nur ſein gantz Ver-
moͤgen,

So wie er ja billig ſollte, waͤr bemuͤhet anzulegen.
Denn daß unſre niedern Kraͤfte, uͤber ihn zu triumphiren,
Sich ſo oͤfters unternehmen, macht, daß er nicht alle Zeit,
Mit genngſam-angeſpannten Kraͤften, Fleiß und Feſtigkeit,
Seinem Feind zu wiederſtehn, und ſein Regiment zu fuͤhren,
Ernſt-
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[504/0520] Neu-Jahrs Gedichte. Jm Gehirn ſcheint der Verſtand bey fuͤnf Sinnen zu regiren; Jn dem Hertzen ſcheint der Wille meiſt ſein Regiment zu fuͤhren; Jn dem Unter-Theil des Leibes ſcheint der Wolluſt Sitz zu ſeyn, Dieſen nimmt ſie nebſt den Trieben ſich zu mehren, voͤllig ein. Jn der Bruſt, dem Reich des Hertzens, will, abſonderlich im Magen, Unſer Wille, gleichſam geitzig, fuͤr die Nahrung Sorge tragen. Aber in dem Obern Theil laͤſſet es, als ob die Ehre Des Beherſchers, des Verſtandes, Leidenſchaft beſonders waͤre Die drey Reiche ſind genug, von einander unterſchieden, Haben gantz beſondre Graͤntzen, und ein jeglichs ſein Ge- ſchaͤfte, Dennoch ſcheint der Circul-Lauf unſers Bluts, verſchiedne Kraͤfte Jhnen allen mitzutheilen, wie wir oben angeſehn, Daß es, und auf welche Weiſe dieſes etwann kann geſchehn. Bey dergleichen Ueberlegen, ſehn wir, wie die Leiden- ſchaften, Und zwar wuͤrcklich uns zum Beſten, kraͤftig an- und in uns haften, Doch wird man zugleich gewahr, wenn man es mit Ernſt bedenckt, Daß die Herrſchaft des Verſtandes, ob gleich nicht unein- geſchraͤnckt, Doch viel gutes ſtiften koͤnne, wenn er nur ſein gantz Ver- moͤgen, So wie er ja billig ſollte, waͤr bemuͤhet anzulegen. Denn daß unſre niedern Kraͤfte, uͤber ihn zu triumphiren, Sich ſo oͤfters unternehmen, macht, daß er nicht alle Zeit, Mit genngſam-angeſpannten Kraͤften, Fleiß und Feſtigkeit, Seinem Feind zu wiederſtehn, und ſein Regiment zu fuͤhren, Ernſt-

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/520>, abgerufen am 24.11.2024.