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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

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Neu-Jahrs Gedicht.

Weil aber GOtt jedoch nun auch gerecht,
Und die so seine Huld, die ewig ist, verachten,
Auch ewig straffen kann; so scheint es wahr zu seyn
Daß böse Seelen auch, um ihren Fehl zu büssen,
Unsterblich seyn und lange dauren müssen.

A.
Die Schlüsse gehen weit, und fehlt nicht viel, es wancken
Die biß dahin verhärteten Gedancken.
Allein,
Es fallen mir noch ander' ein,
Die mich, mit Ungewißheit, plagen.
Weshalben ich sie dir hier vorzutragen
Mich nicht enthalten kann.
Der erstere: daß unsern Seelen,
(Was auch daran für Kraft geglaubet wird zu haften)

Fast alle Kräfte fehlen,
Den eignen Cörper selbst zu führen,
Zu leiten zu regiren.
Der andere: daß solch ein Unterscheid
Sich in der Menschen Seelen findet
Von Einfalt, Bosheit, Frömmigkeit,
Die fast kein Menschen Witz ergründet;
So faß' ich nicht wie sie nur in zwo Classen,
Jn bös' und fromme, sich mit Recht nur theilen lassen.
Laßt uns zuerst den ersten Zweiffel sehen:
Wenn man sich selbst betrachtet und beschauet;
So trift man einen Cörper an,
Der wunderbar gefüget und gebauet,
So daß er sich auf tausend Art bewegen,
Verändern, dreh'n und wenden kann.
Von

Neu-Jahrs Gedicht.

Weil aber GOtt jedoch nun auch gerecht,
Und die ſo ſeine Huld, die ewig iſt, verachten,
Auch ewig ſtraffen kann; ſo ſcheint es wahr zu ſeyn
Daß boͤſe Seelen auch, um ihren Fehl zu buͤſſen,
Unſterblich ſeyn und lange dauren muͤſſen.

A.
Die Schluͤſſe gehen weit, und fehlt nicht viel, es wancken
Die biß dahin verhaͤrteten Gedancken.
Allein,
Es fallen mir noch ander’ ein,
Die mich, mit Ungewißheit, plagen.
Weshalben ich ſie dir hier vorzutragen
Mich nicht enthalten kann.
Der erſtere: daß unſern Seelen,
(Was auch daran fuͤr Kraft geglaubet wird zu haften)

Faſt alle Kraͤfte fehlen,
Den eignen Coͤrper ſelbſt zu fuͤhren,
Zu leiten zu regiren.
Der andere: daß ſolch ein Unterſcheid
Sich in der Menſchen Seelen findet
Von Einfalt, Bosheit, Froͤmmigkeit,
Die faſt kein Menſchen Witz ergruͤndet;
So faß’ ich nicht wie ſie nur in zwo Claſſen,
Jn boͤſ’ und fromme, ſich mit Recht nur theilen laſſen.
Laßt uns zuerſt den erſten Zweiffel ſehen:
Wenn man ſich ſelbſt betrachtet und beſchauet;
So trift man einen Coͤrper an,
Der wunderbar gefuͤget und gebauet,
So daß er ſich auf tauſend Art bewegen,
Veraͤndern, dreh’n und wenden kann.
Von
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[440/0456] Neu-Jahrs Gedicht. Weil aber GOtt jedoch nun auch gerecht, Und die ſo ſeine Huld, die ewig iſt, verachten, Auch ewig ſtraffen kann; ſo ſcheint es wahr zu ſeyn Daß boͤſe Seelen auch, um ihren Fehl zu buͤſſen, Unſterblich ſeyn und lange dauren muͤſſen. A. Die Schluͤſſe gehen weit, und fehlt nicht viel, es wancken Die biß dahin verhaͤrteten Gedancken. Allein, Es fallen mir noch ander’ ein, Die mich, mit Ungewißheit, plagen. Weshalben ich ſie dir hier vorzutragen Mich nicht enthalten kann. Der erſtere: daß unſern Seelen, (Was auch daran fuͤr Kraft geglaubet wird zu haften) Faſt alle Kraͤfte fehlen, Den eignen Coͤrper ſelbſt zu fuͤhren, Zu leiten zu regiren. Der andere: daß ſolch ein Unterſcheid Sich in der Menſchen Seelen findet Von Einfalt, Bosheit, Froͤmmigkeit, Die faſt kein Menſchen Witz ergruͤndet; So faß’ ich nicht wie ſie nur in zwo Claſſen, Jn boͤſ’ und fromme, ſich mit Recht nur theilen laſſen. Laßt uns zuerſt den erſten Zweiffel ſehen: Wenn man ſich ſelbſt betrachtet und beſchauet; So trift man einen Coͤrper an, Der wunderbar gefuͤget und gebauet, So daß er ſich auf tauſend Art bewegen, Veraͤndern, dreh’n und wenden kann. Von

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/456>, abgerufen am 22.11.2024.