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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

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Neu-Jahrs Gedichte.
Nemlich, daß dieselbe nicht eine Macht nur in sich schliesset;
Sondern, daß in ihr zugleich immer, mit vereinter Kraft,
Von der GOttheit wahrem Wesen eine jede Eigenschaft,
Nemlich Weisheit, Macht und Liebe
Wunderbar zusammen fliesset.
Seine Weisheit sieht zugleich nicht nur das Vergangene,
Nebst dem Gegenwärtigen; sondern auch das Künftige,
Jn dem allerhellsten Lichte, in der grösten Deutlichkeit.
Er erkennt, was die Verbindung aller Cörper auf der Erden;
Er begreift die Wirckungen, die dadurch, zu aller Zeit,
Aller Orten, so im grossen, als im kleinen, kommen werden;
Er ergründet, was der Thiere Willkühr wirckt und nach sich
zieht;

Er erforscht, was die Geschöpfe, denen er ein frey Gemüht
Und, in ihren Handlungen, einen ungezwungnen Willen
Eingesencket, reden, handeln, thun, beginnen und erfüllen,
Wircken und begehren werden, was gerahten, nicht gerahten
Und was unterbleiben werde, auch was aus derselben Thaten
Jn der künftgen Zeit erfolgt. Ja nicht nur das, was geschicht
Und geschehen wird, weis er; sondern auch, wenn was
geschehe,

Was daraus entstehen würde, ist ihm ja so wol bekannt,
Als wenn ich, was gegenwärtig mir vor Augen lieget, sehe.
Dieser Weisheit helle Sonne und sein Göttlicher Verstand
Strahlt aus allen Creaturen recht, als wie ein helles Licht.
Wie ist alles durch einander wunderwürdig eingericht,
Und bewunderns-wehrt verknüpffet! Man sieht überall die
Spur,

Wie von allen Creaturen, in dem Reiche der Natur,
Eines stets am andern hanget;
Jegliches hat seinen Zweck und es wird der Zweck aufs neu
Wiederum ein Mittel, wodurch es zum neuen Zweck' ge-
langet.
GOt-
Neu-Jahrs Gedichte.
Nemlich, daß dieſelbe nicht eine Macht nur in ſich ſchlieſſet;
Sondern, daß in ihr zugleich immer, mit vereinter Kraft,
Von der GOttheit wahrem Weſen eine jede Eigenſchaft,
Nemlich Weisheit, Macht und Liebe
Wunderbar zuſammen flieſſet.
Seine Weisheit ſieht zugleich nicht nur das Vergangene,
Nebſt dem Gegenwaͤrtigen; ſondern auch das Kuͤnftige,
Jn dem allerhellſten Lichte, in der groͤſten Deutlichkeit.
Er erkennt, was die Verbindung aller Coͤrper auf der Erden;
Er begreift die Wirckungen, die dadurch, zu aller Zeit,
Aller Orten, ſo im groſſen, als im kleinen, kommen werden;
Er ergruͤndet, was der Thiere Willkuͤhr wirckt und nach ſich
zieht;

Er erforſcht, was die Geſchoͤpfe, denen er ein frey Gemuͤht
Und, in ihren Handlungen, einen ungezwungnen Willen
Eingeſencket, reden, handeln, thun, beginnen und erfuͤllen,
Wircken und begehren werden, was gerahten, nicht gerahten
Und was unterbleiben werde, auch was aus derſelben Thaten
Jn der kuͤnftgen Zeit erfolgt. Ja nicht nur das, was geſchicht
Und geſchehen wird, weis er; ſondern auch, wenn was
geſchehe,

Was daraus entſtehen wuͤrde, iſt ihm ja ſo wol bekannt,
Als wenn ich, was gegenwaͤrtig mir vor Augen lieget, ſehe.
Dieſer Weisheit helle Sonne und ſein Goͤttlicher Verſtand
Strahlt aus allen Creaturen recht, als wie ein helles Licht.
Wie iſt alles durch einander wunderwuͤrdig eingericht,
Und bewunderns-wehrt verknuͤpffet! Man ſieht uͤberall die
Spur,

Wie von allen Creaturen, in dem Reiche der Natur,
Eines ſtets am andern hanget;
Jegliches hat ſeinen Zweck und es wird der Zweck aufs neu
Wiederum ein Mittel, wodurch es zum neuen Zweck’ ge-
langet.
GOt-
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[407/0423] Neu-Jahrs Gedichte. Nemlich, daß dieſelbe nicht eine Macht nur in ſich ſchlieſſet; Sondern, daß in ihr zugleich immer, mit vereinter Kraft, Von der GOttheit wahrem Weſen eine jede Eigenſchaft, Nemlich Weisheit, Macht und Liebe Wunderbar zuſammen flieſſet. Seine Weisheit ſieht zugleich nicht nur das Vergangene, Nebſt dem Gegenwaͤrtigen; ſondern auch das Kuͤnftige, Jn dem allerhellſten Lichte, in der groͤſten Deutlichkeit. Er erkennt, was die Verbindung aller Coͤrper auf der Erden; Er begreift die Wirckungen, die dadurch, zu aller Zeit, Aller Orten, ſo im groſſen, als im kleinen, kommen werden; Er ergruͤndet, was der Thiere Willkuͤhr wirckt und nach ſich zieht; Er erforſcht, was die Geſchoͤpfe, denen er ein frey Gemuͤht Und, in ihren Handlungen, einen ungezwungnen Willen Eingeſencket, reden, handeln, thun, beginnen und erfuͤllen, Wircken und begehren werden, was gerahten, nicht gerahten Und was unterbleiben werde, auch was aus derſelben Thaten Jn der kuͤnftgen Zeit erfolgt. Ja nicht nur das, was geſchicht Und geſchehen wird, weis er; ſondern auch, wenn was geſchehe, Was daraus entſtehen wuͤrde, iſt ihm ja ſo wol bekannt, Als wenn ich, was gegenwaͤrtig mir vor Augen lieget, ſehe. Dieſer Weisheit helle Sonne und ſein Goͤttlicher Verſtand Strahlt aus allen Creaturen recht, als wie ein helles Licht. Wie iſt alles durch einander wunderwuͤrdig eingericht, Und bewunderns-wehrt verknuͤpffet! Man ſieht uͤberall die Spur, Wie von allen Creaturen, in dem Reiche der Natur, Eines ſtets am andern hanget; Jegliches hat ſeinen Zweck und es wird der Zweck aufs neu Wiederum ein Mittel, wodurch es zum neuen Zweck’ ge- langet. GOt-

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/423>, abgerufen am 04.10.2024.