Da die glatten, saftgen Aeste Sich so nett, verwirrt und feste Lieblich in einander schrencken; Wünschet der vergnügte Blick Fast nicht wiederum zurück, Sucht sich tieffer zu versencken. Denn er glaubt in ihren Gründen, Zwischen denen glatten Rinden, Stets ein neues Grün zu finden. Würcklich wird er auch gewahr, Wie der grünen Knospen Schaar Das, womit sie sich erfüllen, Jhre Blätter, zu enthüllen, Und das röhtlich braune Grün Auszuschmücken sich bemühn. Wenn alsdann, bey heiterm Wetter, Durch den zarten Leib der Blätter, Das entwölckte Sonnen-Licht Hin und wieder lieblich dringt, Sich mit ihnen gleichsam gattet, Und durchstrahlet; so entspringt Ein fast brennend Grün, zumahl Da, wo selbst der Grund beschattet Und der Sonnen heller Strahl Hie und da ein Blatt allein Trift, verklärt, illuminiret. Durch den Farben-reichen Schein Wird im Aug' ein Hertz gerühret;
Und
Noch einige Betrachtungen
Noch einige Betrachtungen der Blaͤtter.
Da die glatten, ſaftgen Aeſte Sich ſo nett, verwirrt und feſte Lieblich in einander ſchrencken; Wuͤnſchet der vergnuͤgte Blick Faſt nicht wiederum zuruͤck, Sucht ſich tieffer zu verſencken. Denn er glaubt in ihren Gruͤnden, Zwiſchen denen glatten Rinden, Stets ein neues Gruͤn zu finden. Wuͤrcklich wird er auch gewahr, Wie der gruͤnen Knoſpen Schaar Das, womit ſie ſich erfuͤllen, Jhre Blaͤtter, zu enthuͤllen, Und das roͤhtlich braune Gruͤn Auszuſchmuͤcken ſich bemuͤhn. Wenn alsdann, bey heiterm Wetter, Durch den zarten Leib der Blaͤtter, Das entwoͤlckte Sonnen-Licht Hin und wieder lieblich dringt, Sich mit ihnen gleichſam gattet, Und durchſtrahlet; ſo entſpringt Ein faſt brennend Gruͤn, zumahl Da, wo ſelbſt der Grund beſchattet Und der Sonnen heller Strahl Hie und da ein Blatt allein Trift, verklaͤrt, illuminiret. Durch den Farben-reichen Schein Wird im Aug’ ein Hertz geruͤhret;
Und
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[24/0040]
Noch einige Betrachtungen
Noch einige Betrachtungen der Blaͤtter.
Da die glatten, ſaftgen Aeſte
Sich ſo nett, verwirrt und feſte
Lieblich in einander ſchrencken;
Wuͤnſchet der vergnuͤgte Blick
Faſt nicht wiederum zuruͤck,
Sucht ſich tieffer zu verſencken.
Denn er glaubt in ihren Gruͤnden,
Zwiſchen denen glatten Rinden,
Stets ein neues Gruͤn zu finden.
Wuͤrcklich wird er auch gewahr,
Wie der gruͤnen Knoſpen Schaar
Das, womit ſie ſich erfuͤllen,
Jhre Blaͤtter, zu enthuͤllen,
Und das roͤhtlich braune Gruͤn
Auszuſchmuͤcken ſich bemuͤhn.
Wenn alsdann, bey heiterm Wetter,
Durch den zarten Leib der Blaͤtter,
Das entwoͤlckte Sonnen-Licht
Hin und wieder lieblich dringt,
Sich mit ihnen gleichſam gattet,
Und durchſtrahlet; ſo entſpringt
Ein faſt brennend Gruͤn, zumahl
Da, wo ſelbſt der Grund beſchattet
Und der Sonnen heller Strahl
Hie und da ein Blatt allein
Trift, verklaͤrt, illuminiret.
Durch den Farben-reichen Schein
Wird im Aug’ ein Hertz geruͤhret;
Und
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/40>, abgerufen am 16.02.2025.
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