Sollte dieß von unser Seelen etwann dir nicht glaub- lich scheinen Und dich selbst gefährlich düncken, so ist es kein Glaubens- Satz, Und wir wollen hier nicht zancken. Gung daß von dem weiten Platz, Wir, daß er von GOttes Wercken und Geschöpfen leer, nicht meinen. Wer vom tieffen Meer nicht wüste, daß es voll Geschöpfe wär, Hielt es, so wie wir die Tieffe droben, sonder Zweifel, leer. Aber wie so unwahr dieses, liegt uns allen klar zu Tage. Wannenher ich noch einmahl diesfals meine Meinung sage: Es ist diß unstreitig wahr, daß wir, durch der Erde drehn, Nicht an einem Orte bleiben, und, da wir nicht stille stehn, Jmmer in dem Himmels-Strich einen andern Ort erlan- gen, Wo bald mehr, bald minder Anmuth, Wärme, Licht und Herrlichkeit. Wenigstens verdient der Sonnen Reich fast sonder End' und Schrancken Daß wir unsrer Seelen Kern, die betrachtenden Gedan- cken, Dem, der Sonnen, Welt und Raum, dem, der aller Himmel Heere Blos nur durch sein Wollen schuf, zur Bewunderung und Ehre,
Auf
Das Sonnen-Reich.
Sollte dieß von unſer Seelen etwann dir nicht glaub- lich ſcheinen Und dich ſelbſt gefaͤhrlich duͤncken, ſo iſt es kein Glaubens- Satz, Und wir wollen hier nicht zancken. Gung daß von dem weiten Platz, Wir, daß er von GOttes Wercken und Geſchoͤpfen leer, nicht meinen. Wer vom tieffen Meer nicht wuͤſte, daß es voll Geſchoͤpfe waͤr, Hielt es, ſo wie wir die Tieffe droben, ſonder Zweifel, leer. Aber wie ſo unwahr dieſes, liegt uns allen klar zu Tage. Wannenher ich noch einmahl diesfals meine Meinung ſage: Es iſt diß unſtreitig wahr, daß wir, durch der Erde drehn, Nicht an einem Orte bleiben, und, da wir nicht ſtille ſtehn, Jmmer in dem Himmels-Strich einen andern Ort erlan- gen, Wo bald mehr, bald minder Anmuth, Waͤrme, Licht und Herrlichkeit. Wenigſtens verdient der Sonnen Reich faſt ſonder End’ und Schrancken Daß wir unſrer Seelen Kern, die betrachtenden Gedan- cken, Dem, der Sonnen, Welt und Raum, dem, der aller Himmel Heere Blos nur durch ſein Wollen ſchuf, zur Bewunderung und Ehre,
Auf
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Das Sonnen-Reich.
Sollte dieß von unſer Seelen etwann dir nicht glaub-
lich ſcheinen
Und dich ſelbſt gefaͤhrlich duͤncken, ſo iſt es kein Glaubens-
Satz,
Und wir wollen hier nicht zancken. Gung daß von dem
weiten Platz,
Wir, daß er von GOttes Wercken und Geſchoͤpfen leer,
nicht meinen.
Wer vom tieffen Meer nicht wuͤſte, daß es voll Geſchoͤpfe
waͤr,
Hielt es, ſo wie wir die Tieffe droben, ſonder Zweifel,
leer.
Aber wie ſo unwahr dieſes, liegt uns allen klar zu Tage.
Wannenher ich noch einmahl diesfals meine Meinung ſage:
Es iſt diß unſtreitig wahr, daß wir, durch der Erde drehn,
Nicht an einem Orte bleiben, und, da wir nicht ſtille
ſtehn,
Jmmer in dem Himmels-Strich einen andern Ort erlan-
gen,
Wo bald mehr, bald minder Anmuth, Waͤrme, Licht und
Herrlichkeit.
Wenigſtens verdient der Sonnen Reich faſt ſonder End’
und Schrancken
Daß wir unſrer Seelen Kern, die betrachtenden Gedan-
cken,
Dem, der Sonnen, Welt und Raum, dem, der aller
Himmel Heere
Blos nur durch ſein Wollen ſchuf, zur Bewunderung und
Ehre,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/38>, abgerufen am 18.07.2024.
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