Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Saamen-Gehäuse.
Von des Saamens Formen selber will ich jetzo nichtes
schreiben,

Noch viel minder von dem Wesen, das, wie wenig man
es gläubt,

Jmmer der Vernunft verborgen, ein Geheimniß ist und
bleibt;

Sondern nur, bey der Gehäuse wunder-vollen Bildung,
bleiben.
Es ist wahr, der Blumen Bildung, ihr verschiedliches
Gepränge,

Jhre schön-formirten Blätter, ihrer Farben Schmuck und
Menge

Sind mit Recht bewunderns-wehrt: aber, zu derselben Zeit,
Da die spielende Natur solcher Wunder Lieblichkeit,
Mit geschäft'gen Fingern bildet, ist sie noch auf eine Pracht,
Die nicht minder künstlich ist, als die Blumen selbst, bedacht:
Zum Beweis, wie an Erfindung sie so unerschöpflich reich,
Und wie ihr zu ihrer Absicht aller Stof gerecht und gleich.
Seh ich, mit so vieler Müh, aus so viel verschiednen Sachen,
Menschen, zu dem Schnupf-Toback, mancherley Behälter
machen,

Von verschiedenen Figuren; muß ich ihrer wahrlich lachen,
Wenn ich denck' auf wie viel Arten, von nur einem Stoff
allein,

Die Behälterchen des Saamens künstlich zugerichtet seyn.
Viele Saamen-Hülsen gleichen neuen Blumen, welche man
Mit den ersten Blumen selber oft an Kunst vergleichen kann.
Viele gleichen kleinen Trauben; andre Sternen; viele
Hörnern;

Viele Kugeln, andre Strichen; bald Quadraten, kleinen
Körnern;
Bald
S 3
Saamen-Gehaͤuſe.
Von des Saamens Formen ſelber will ich jetzo nichtes
ſchreiben,

Noch viel minder von dem Weſen, das, wie wenig man
es glaͤubt,

Jmmer der Vernunft verborgen, ein Geheimniß iſt und
bleibt;

Sondern nur, bey der Gehaͤuſe wunder-vollen Bildung,
bleiben.
Es iſt wahr, der Blumen Bildung, ihr verſchiedliches
Gepraͤnge,

Jhre ſchoͤn-formirten Blaͤtter, ihrer Farben Schmuck und
Menge

Sind mit Recht bewunderns-wehrt: aber, zu derſelben Zeit,
Da die ſpielende Natur ſolcher Wunder Lieblichkeit,
Mit geſchaͤft’gen Fingern bildet, iſt ſie noch auf eine Pracht,
Die nicht minder kuͤnſtlich iſt, als die Blumen ſelbſt, bedacht:
Zum Beweis, wie an Erfindung ſie ſo unerſchoͤpflich reich,
Und wie ihr zu ihrer Abſicht aller Stof gerecht und gleich.
Seh ich, mit ſo vieler Muͤh, aus ſo viel verſchiednen Sachen,
Menſchen, zu dem Schnupf-Toback, mancherley Behaͤlter
machen,

Von verſchiedenen Figuren; muß ich ihrer wahrlich lachen,
Wenn ich denck’ auf wie viel Arten, von nur einem Stoff
allein,

Die Behaͤlterchen des Saamens kuͤnſtlich zugerichtet ſeyn.
Viele Saamen-Huͤlſen gleichen neuen Blumen, welche man
Mit den erſten Blumen ſelber oft an Kunſt vergleichen kann.
Viele gleichen kleinen Trauben; andre Sternen; viele
Hoͤrnern;

Viele Kugeln, andre Strichen; bald Quadraten, kleinen
Koͤrnern;
Bald
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0293" n="277"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Saamen-Geha&#x0364;u&#x017F;e.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Von des Saamens Formen &#x017F;elber will ich jetzo nichtes<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chreiben,</hi></l><lb/>
            <l>Noch viel minder von dem We&#x017F;en, das, wie wenig man<lb/><hi rendition="#et">es gla&#x0364;ubt,</hi></l><lb/>
            <l>Jmmer der Vernunft verborgen, ein Geheimniß i&#x017F;t und<lb/><hi rendition="#et">bleibt;</hi></l><lb/>
            <l>Sondern nur, bey der Geha&#x0364;u&#x017F;e wunder-vollen Bildung,<lb/><hi rendition="#et">bleiben.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Es i&#x017F;t wahr, der Blumen Bildung, ihr ver&#x017F;chiedliches<lb/><hi rendition="#et">Gepra&#x0364;nge,</hi></l><lb/>
            <l>Jhre &#x017F;cho&#x0364;n-formirten Bla&#x0364;tter, ihrer Farben Schmuck und<lb/><hi rendition="#et">Menge</hi></l><lb/>
            <l>Sind mit Recht bewunderns-wehrt: aber, zu der&#x017F;elben Zeit,</l><lb/>
            <l>Da die &#x017F;pielende Natur &#x017F;olcher Wunder Lieblichkeit,</l><lb/>
            <l>Mit ge&#x017F;cha&#x0364;ft&#x2019;gen Fingern bildet, i&#x017F;t &#x017F;ie noch auf eine Pracht,</l><lb/>
            <l>Die nicht minder ku&#x0364;n&#x017F;tlich i&#x017F;t, als die Blumen &#x017F;elb&#x017F;t, bedacht:</l><lb/>
            <l>Zum Beweis, wie an Erfindung &#x017F;ie &#x017F;o uner&#x017F;cho&#x0364;pflich reich,</l><lb/>
            <l>Und wie ihr zu ihrer Ab&#x017F;icht aller Stof gerecht und gleich.</l><lb/>
            <l>Seh ich, mit &#x017F;o vieler Mu&#x0364;h, aus &#x017F;o viel ver&#x017F;chiednen Sachen,</l><lb/>
            <l>Men&#x017F;chen, zu dem Schnupf-Toback, mancherley Beha&#x0364;lter<lb/><hi rendition="#et">machen,</hi></l><lb/>
            <l>Von ver&#x017F;chiedenen Figuren; muß ich ihrer wahrlich lachen,</l><lb/>
            <l>Wenn ich denck&#x2019; auf wie viel Arten, von nur einem Stoff<lb/><hi rendition="#et">allein,</hi></l><lb/>
            <l>Die Beha&#x0364;lterchen des Saamens ku&#x0364;n&#x017F;tlich zugerichtet &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Viele Saamen-Hu&#x0364;l&#x017F;en gleichen neuen Blumen, welche man</l><lb/>
            <l>Mit den er&#x017F;ten Blumen &#x017F;elber oft an Kun&#x017F;t vergleichen kann.</l><lb/>
            <l>Viele gleichen kleinen Trauben; andre Sternen; viele<lb/><hi rendition="#et">Ho&#x0364;rnern;</hi></l><lb/>
            <l>Viele Kugeln, andre Strichen; bald Quadraten, kleinen<lb/><hi rendition="#et">Ko&#x0364;rnern;</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">S 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Bald</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0293] Saamen-Gehaͤuſe. Von des Saamens Formen ſelber will ich jetzo nichtes ſchreiben, Noch viel minder von dem Weſen, das, wie wenig man es glaͤubt, Jmmer der Vernunft verborgen, ein Geheimniß iſt und bleibt; Sondern nur, bey der Gehaͤuſe wunder-vollen Bildung, bleiben. Es iſt wahr, der Blumen Bildung, ihr verſchiedliches Gepraͤnge, Jhre ſchoͤn-formirten Blaͤtter, ihrer Farben Schmuck und Menge Sind mit Recht bewunderns-wehrt: aber, zu derſelben Zeit, Da die ſpielende Natur ſolcher Wunder Lieblichkeit, Mit geſchaͤft’gen Fingern bildet, iſt ſie noch auf eine Pracht, Die nicht minder kuͤnſtlich iſt, als die Blumen ſelbſt, bedacht: Zum Beweis, wie an Erfindung ſie ſo unerſchoͤpflich reich, Und wie ihr zu ihrer Abſicht aller Stof gerecht und gleich. Seh ich, mit ſo vieler Muͤh, aus ſo viel verſchiednen Sachen, Menſchen, zu dem Schnupf-Toback, mancherley Behaͤlter machen, Von verſchiedenen Figuren; muß ich ihrer wahrlich lachen, Wenn ich denck’ auf wie viel Arten, von nur einem Stoff allein, Die Behaͤlterchen des Saamens kuͤnſtlich zugerichtet ſeyn. Viele Saamen-Huͤlſen gleichen neuen Blumen, welche man Mit den erſten Blumen ſelber oft an Kunſt vergleichen kann. Viele gleichen kleinen Trauben; andre Sternen; viele Hoͤrnern; Viele Kugeln, andre Strichen; bald Quadraten, kleinen Koͤrnern; Bald S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/293
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/293>, abgerufen am 27.11.2024.