Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Nothwendigkeit die gegenwärtige Zeit, etc. Man kann durch Hoffen und Erinnern die künft'gen und vergangnen Sachen, Durch Dencken, gleichsam schon vorher und wieder ge- genwärtig machen. Jndem es nun unstreitig wahr, daß unser würckliches Vergnügen, Ja gar, im Danck, das wahre Lob des Schöpfers, blos im Dencken liegen; Ach, so versäumt, geliebte Menschen, doch euer Glück und eure Pflicht, Zu dem Geschäfte, das so nöthig, als leicht und nützlich ist, doch nicht! Wo etwas noch in unsrer Macht, so sind es die Gedancken ja, Als die wir gleichsam selbst erzielen, daran wir selber än- dern können; Jndem nun solche Fähigkeit uns unser Schöpfer wollen gönnen Und er uns so gemacht, als wenn, zu unsrer Lust und seinen Ehren, Von unserm würcklichem Vergnügen wir gleichsam selber Meister wären: Ach, so bestrebt euch immer mehr, durch ein bedachtsam sehn und fühlen, Zu eurer Lust und GOtt zum Ruhm, den holden End- zweck zu erzielen: Durch eure flüchtigen Gedancken der Zeiten Flüchtigkeit zu binden, Sein Lob und eure Lust zu mehren durch ein vernünftiges Empfinden! War-
Nothwendigkeit die gegenwaͤrtige Zeit, ꝛc. Man kann durch Hoffen und Erinnern die kuͤnft’gen und vergangnen Sachen, Durch Dencken, gleichſam ſchon vorher und wieder ge- genwaͤrtig machen. Jndem es nun unſtreitig wahr, daß unſer wuͤrckliches Vergnuͤgen, Ja gar, im Danck, das wahre Lob des Schoͤpfers, blos im Dencken liegen; Ach, ſo verſaͤumt, geliebte Menſchen, doch euer Gluͤck und eure Pflicht, Zu dem Geſchaͤfte, das ſo noͤthig, als leicht und nuͤtzlich iſt, doch nicht! Wo etwas noch in unſrer Macht, ſo ſind es die Gedancken ja, Als die wir gleichſam ſelbſt erzielen, daran wir ſelber aͤn- dern koͤnnen; Jndem nun ſolche Faͤhigkeit uns unſer Schoͤpfer wollen goͤnnen Und er uns ſo gemacht, als wenn, zu unſrer Luſt und ſeinen Ehren, Von unſerm wuͤrcklichem Vergnuͤgen wir gleichſam ſelber Meiſter waͤren: Ach, ſo beſtrebt euch immer mehr, durch ein bedachtſam ſehn und fuͤhlen, Zu eurer Luſt und GOtt zum Ruhm, den holden End- zweck zu erzielen: Durch eure fluͤchtigen Gedancken der Zeiten Fluͤchtigkeit zu binden, Sein Lob und eure Luſt zu mehren durch ein vernuͤnftiges Empfinden! War-
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Nothwendigkeit die gegenwaͤrtige Zeit, ꝛc.
Man kann durch Hoffen und Erinnern die kuͤnft’gen und
vergangnen Sachen,
Durch Dencken, gleichſam ſchon vorher und wieder ge-
genwaͤrtig machen.
Jndem es nun unſtreitig wahr, daß unſer wuͤrckliches
Vergnuͤgen,
Ja gar, im Danck, das wahre Lob des Schoͤpfers, blos
im Dencken liegen;
Ach, ſo verſaͤumt, geliebte Menſchen, doch euer Gluͤck
und eure Pflicht,
Zu dem Geſchaͤfte, das ſo noͤthig, als leicht und nuͤtzlich iſt,
doch nicht!
Wo etwas noch in unſrer Macht, ſo ſind es die Gedancken
ja,
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Jndem nun ſolche Faͤhigkeit uns unſer Schoͤpfer wollen
goͤnnen
Und er uns ſo gemacht, als wenn, zu unſrer Luſt und
ſeinen Ehren,
Von unſerm wuͤrcklichem Vergnuͤgen wir gleichſam ſelber
Meiſter waͤren:
Ach, ſo beſtrebt euch immer mehr, durch ein bedachtſam
ſehn und fuͤhlen,
Zu eurer Luſt und GOtt zum Ruhm, den holden End-
zweck zu erzielen:
Durch eure fluͤchtigen Gedancken der Zeiten Fluͤchtigkeit zu
binden,
Sein Lob und eure Luſt zu mehren durch ein vernuͤnftiges
Empfinden!
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