Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Nothwendigkeit die gegenwärtige Zeit, etc. Erwegen, daß die Gegenwart so kurtz, und fast be- ständig fliehe, Daß sie, beständig fortgezogen, das künft'ge stetig zu sich ziehe, So daß, in ihrer steten Flucht, sie fast nur scheint, als wenn sie wär; Denn halb ist sie noch nicht erschienen, und halb ist sie bereits nicht mehr: So sag ich, finden wir kein Mittel, uns auf der Erde zu vergnügen, Als wenn wir ein vernünftges Dencken zum flücht'gen Ge- genwärt'gen fügen. Auf diese Weise blos allein hält man der Zeiten schnellen Lauf, Wenn man, was man besitzt, erweget, durch frohes Den- cken gleichsam auf; Man macht sie dadurch gleichsam fest, ja eignet sie sich gleich- sam zu, (Zumahl da ein stets kommend Künftig der Gegenwart Verlust ersetzt, Daß man es nicht vergangen fühlet) und alles scheint in steter Ruh. Es hat, bey unsrer kurtzen Dauer und Flüchtigkeit von un- serm Leben, Der mächtig-gut-und weise Schöpfer zwey Mittel uns zum Trost gegeben, Die kurtze Lust uns zu verlängern; er hat sie in uns selbst gesenckt; Er legt die Fähigkeit in uns, wenn man nur ordentlich gedenckt. Man
Nothwendigkeit die gegenwaͤrtige Zeit, ꝛc. Erwegen, daß die Gegenwart ſo kurtz, und faſt be- ſtaͤndig fliehe, Daß ſie, beſtaͤndig fortgezogen, das kuͤnft’ge ſtetig zu ſich ziehe, So daß, in ihrer ſteten Flucht, ſie faſt nur ſcheint, als wenn ſie waͤr; Denn halb iſt ſie noch nicht erſchienen, und halb iſt ſie bereits nicht mehr: So ſag ich, finden wir kein Mittel, uns auf der Erde zu vergnuͤgen, Als wenn wir ein vernuͤnftges Dencken zum fluͤcht’gen Ge- genwaͤrt’gen fuͤgen. Auf dieſe Weiſe blos allein haͤlt man der Zeiten ſchnellen Lauf, Wenn man, was man beſitzt, erweget, durch frohes Den- cken gleichſam auf; Man macht ſie dadurch gleichſam feſt, ja eignet ſie ſich gleich- ſam zu, (Zumahl da ein ſtets kommend Kuͤnftig der Gegenwart Verluſt erſetzt, Daß man es nicht vergangen fuͤhlet) und alles ſcheint in ſteter Ruh. Es hat, bey unſrer kurtzen Dauer und Fluͤchtigkeit von un- ſerm Leben, Der maͤchtig-gut-und weiſe Schoͤpfer zwey Mittel uns zum Troſt gegeben, Die kurtze Luſt uns zu verlaͤngern; er hat ſie in uns ſelbſt geſenckt; Er legt die Faͤhigkeit in uns, wenn man nur ordentlich gedenckt. Man
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Nothwendigkeit die gegenwaͤrtige Zeit, ꝛc.
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ſtaͤndig fliehe,
Daß ſie, beſtaͤndig fortgezogen, das kuͤnft’ge ſtetig zu
ſich ziehe,
So daß, in ihrer ſteten Flucht, ſie faſt nur ſcheint,
als wenn ſie waͤr;
Denn halb iſt ſie noch nicht erſchienen, und halb iſt
ſie bereits nicht mehr:
So ſag ich, finden wir kein Mittel, uns auf der Erde zu
vergnuͤgen,
Als wenn wir ein vernuͤnftges Dencken zum fluͤcht’gen Ge-
genwaͤrt’gen fuͤgen.
Auf dieſe Weiſe blos allein haͤlt man der Zeiten ſchnellen
Lauf,
Wenn man, was man beſitzt, erweget, durch frohes Den-
cken gleichſam auf;
Man macht ſie dadurch gleichſam feſt, ja eignet ſie ſich gleich-
ſam zu,
(Zumahl da ein ſtets kommend Kuͤnftig der Gegenwart
Verluſt erſetzt,
Daß man es nicht vergangen fuͤhlet) und alles ſcheint in
ſteter Ruh.
Es hat, bey unſrer kurtzen Dauer und Fluͤchtigkeit von un-
ſerm Leben,
Der maͤchtig-gut-und weiſe Schoͤpfer zwey Mittel uns zum
Troſt gegeben,
Die kurtze Luſt uns zu verlaͤngern; er hat ſie in uns ſelbſt
geſenckt;
Er legt die Faͤhigkeit in uns, wenn man nur ordentlich
gedenckt.
Man
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