Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Der Himmlische Thau. Jn deutlicher Copie, zu zeigen; Damit ihr zum Original, Durch ihren Glantz gerührt, bewundernd möget steigen. Jch ward gerühret durch die Klarheit Der von dem Tropffen Thau mir angezeigten Wahrheit; Jch wendete mein geist- und cörperlich Gesicht, Voll Lust und Danck, zum hellen Sonnen-Licht, Und danckte GOtt, daß er derselben Pracht So wunderbar gemacht. Dem schönen Morgen nun, nach dem der Tag verschwunden, Und sich der Abend eingefunden, Folgt' eine ja so schöne Nacht. Jch sahe denn, bey heitrer Luft, im Dunckeln, Die ungezehlten Sterne funckeln. Wie ich nun früh, vor Lust erstaunt, den Thau gesehen; So kam bey noch in mir vorhand'nen Thau-Jdeen, Nun auch der helle Himmel mir Als wie ein weites Feld von gläntzendem Sapphir, Und, recht wie Tropfen Thau, die hellen Sterne für. O! rieff ich, welch ein Feld! O! welch ein Wunder-Thau, Womit ich es erfüllet schau! O welche Tropfen! deren Grösse Jch kaum mit den Gedancken messe! Und die, wie unser Thau, ihr Prangen Nur blos von einer Sonn' empfangen! O! welche Sonne! die nicht nur solch Sonnen-Heer, Aus ihrem ew'gen Lichtes Meer, Als so viel Tropfen schmückt und zieret; Nein, die derselben Kraft und Pracht, Durchs Feur der Lieb', hervorgebracht, Zum Nutz der Creatur formiret! Ach O 4
Der Himmliſche Thau. Jn deutlicher Copie, zu zeigen; Damit ihr zum Original, Durch ihren Glantz geruͤhrt, bewundernd moͤget ſteigen. Jch ward geruͤhret durch die Klarheit Der von dem Tropffen Thau mir angezeigten Wahrheit; Jch wendete mein geiſt- und coͤrperlich Geſicht, Voll Luſt und Danck, zum hellen Sonnen-Licht, Und danckte GOtt, daß er derſelben Pracht So wunderbar gemacht. Dem ſchoͤnen Morgen nun, nach dem der Tag verſchwunden, Und ſich der Abend eingefunden, Folgt’ eine ja ſo ſchoͤne Nacht. Jch ſahe denn, bey heitrer Luft, im Dunckeln, Die ungezehlten Sterne funckeln. Wie ich nun fruͤh, vor Luſt erſtaunt, den Thau geſehen; So kam bey noch in mir vorhand’nen Thau-Jdeen, Nun auch der helle Himmel mir Als wie ein weites Feld von glaͤntzendem Sapphir, Und, recht wie Tropfen Thau, die hellen Sterne fuͤr. O! rieff ich, welch ein Feld! O! welch ein Wunder-Thau, Womit ich es erfuͤllet ſchau! O welche Tropfen! deren Groͤſſe Jch kaum mit den Gedancken meſſe! Und die, wie unſer Thau, ihr Prangen Nur blos von einer Sonn’ empfangen! O! welche Sonne! die nicht nur ſolch Sonnen-Heer, Aus ihrem ew’gen Lichtes Meer, Als ſo viel Tropfen ſchmuͤckt und zieret; Nein, die derſelben Kraft und Pracht, Durchs Feur der Lieb’, hervorgebracht, Zum Nutz der Creatur formiret! Ach O 4
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Der Himmliſche Thau.
Jn deutlicher Copie, zu zeigen;
Damit ihr zum Original,
Durch ihren Glantz geruͤhrt, bewundernd moͤget ſteigen.
Jch ward geruͤhret durch die Klarheit
Der von dem Tropffen Thau mir angezeigten Wahrheit;
Jch wendete mein geiſt- und coͤrperlich Geſicht,
Voll Luſt und Danck, zum hellen Sonnen-Licht,
Und danckte GOtt, daß er derſelben Pracht
So wunderbar gemacht.
Dem ſchoͤnen Morgen nun, nach dem der Tag verſchwunden,
Und ſich der Abend eingefunden,
Folgt’ eine ja ſo ſchoͤne Nacht.
Jch ſahe denn, bey heitrer Luft, im Dunckeln,
Die ungezehlten Sterne funckeln.
Wie ich nun fruͤh, vor Luſt erſtaunt, den Thau geſehen;
So kam bey noch in mir vorhand’nen Thau-Jdeen,
Nun auch der helle Himmel mir
Als wie ein weites Feld von glaͤntzendem Sapphir,
Und, recht wie Tropfen Thau, die hellen Sterne fuͤr.
O! rieff ich, welch ein Feld! O! welch ein Wunder-Thau,
Womit ich es erfuͤllet ſchau!
O welche Tropfen! deren Groͤſſe
Jch kaum mit den Gedancken meſſe!
Und die, wie unſer Thau, ihr Prangen
Nur blos von einer Sonn’ empfangen!
O! welche Sonne! die nicht nur ſolch Sonnen-Heer,
Aus ihrem ew’gen Lichtes Meer,
Als ſo viel Tropfen ſchmuͤckt und zieret;
Nein, die derſelben Kraft und Pracht,
Durchs Feur der Lieb’, hervorgebracht,
Zum Nutz der Creatur formiret!
Ach
O 4
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