Sind die erschaffnen Creaturen, wenn man's erweget, anders was, Als ein des Schöpfers wahres Wesen vor Augen stellend Spiegel-Glas? Jn welchem, durch die, zu dem Zweck allein, erschaffne Sonnen-Strahlen, Sich seine Weisheit, Lieb' und Macht uns allen überzeug- lich mahlen, Und, durch die Sinnen, unsren Seelen empfindlich vor- gestellet werden? Das Wasser, auch die glatten Cörper, worin vom Him- mel und der Erden Von angestrahlten Bäumen, Blumen, Gebüschen, Wäl- dern, Thal, und Hügel, Die Schönheit sich verdoppelt zeigt, sind von dem Spie- gel Gegen-Spiegel, Und unser Aug' ein sinnlicher, lebend'ger Spiegel, der den Geist, Auf eine sonderbahre Weise, durch Cörper etwas Geistigs weis't. Die Seel' erblicket von der GOttheit, in der Geschöpfe Wunder Pracht, Ein gleichsam dreyfach-einigs Wesen, in seiner Weisheit Liebe, Macht. Erfordert es denn wenigstens vernünft'ger Menschen See- len-Pflicht, Zu seines Nahmens Preis' und Ruhme, Lob, Herrlichkeit und Ehre, nicht,
Daß
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Spiegel der GOttheit.
Sind die erſchaffnen Creaturen, wenn man’s erweget, anders was, Als ein des Schoͤpfers wahres Weſen vor Augen ſtellend Spiegel-Glas? Jn welchem, durch die, zu dem Zweck allein, erſchaffne Sonnen-Strahlen, Sich ſeine Weisheit, Lieb’ und Macht uns allen uͤberzeug- lich mahlen, Und, durch die Sinnen, unſren Seelen empfindlich vor- geſtellet werden? Das Waſſer, auch die glatten Coͤrper, worin vom Him- mel und der Erden Von angeſtrahlten Baͤumen, Blumen, Gebuͤſchen, Waͤl- dern, Thal, und Huͤgel, Die Schoͤnheit ſich verdoppelt zeigt, ſind von dem Spie- gel Gegen-Spiegel, Und unſer Aug’ ein ſinnlicher, lebend’ger Spiegel, der den Geiſt, Auf eine ſonderbahre Weiſe, durch Coͤrper etwas Geiſtigs weiſ’t. Die Seel’ erblicket von der GOttheit, in der Geſchoͤpfe Wunder Pracht, Ein gleichſam dreyfach-einigs Weſen, in ſeiner Weisheit Liebe, Macht. Erfordert es denn wenigſtens vernuͤnft’ger Menſchen See- len-Pflicht, Zu ſeines Nahmens Preiſ’ und Ruhme, Lob, Herrlichkeit und Ehre, nicht,
Daß
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Spiegel der GOttheit.
Sind die erſchaffnen Creaturen, wenn man’s erweget,
anders was,
Als ein des Schoͤpfers wahres Weſen vor Augen ſtellend
Spiegel-Glas?
Jn welchem, durch die, zu dem Zweck allein, erſchaffne
Sonnen-Strahlen,
Sich ſeine Weisheit, Lieb’ und Macht uns allen uͤberzeug-
lich mahlen,
Und, durch die Sinnen, unſren Seelen empfindlich vor-
geſtellet werden?
Das Waſſer, auch die glatten Coͤrper, worin vom Him-
mel und der Erden
Von angeſtrahlten Baͤumen, Blumen, Gebuͤſchen, Waͤl-
dern, Thal, und Huͤgel,
Die Schoͤnheit ſich verdoppelt zeigt, ſind von dem Spie-
gel Gegen-Spiegel,
Und unſer Aug’ ein ſinnlicher, lebend’ger Spiegel, der
den Geiſt,
Auf eine ſonderbahre Weiſe, durch Coͤrper etwas Geiſtigs
weiſ’t.
Die Seel’ erblicket von der GOttheit, in der Geſchoͤpfe
Wunder Pracht,
Ein gleichſam dreyfach-einigs Weſen, in ſeiner Weisheit
Liebe, Macht.
Erfordert es denn wenigſtens vernuͤnft’ger Menſchen See-
len-Pflicht,
Zu ſeines Nahmens Preiſ’ und Ruhme, Lob, Herrlichkeit
und Ehre, nicht,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/181>, abgerufen am 16.02.2025.
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