Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Hirten-Gedicht. Wie gros ist dieß Geheimniß nicht, Das in des Saamens Wesen stecket, Das, recht wie ein unsichtbar Licht, Rings um sich seine Kräft' erstrecket. O wunderbahrer GOtt! es sieht Jm Saam-Korn mein betrachtendes Gemüht Eh meiner forschenden Gedancken, Als wie desselben Kräfte, Schrancken! Es scheinet, als ob wir den Saamen füglich können Ein Mittel zwischen Geist und zwischen Cörpern nennen. Er scheinet eigentlich Der Pflantzen Absicht blos allein, Und zwar zu diesem Zweck, zu seyn; Damit sie selbst, durch ihre Kinder, sich Erhalten, und zu GOttes Ehren, Biß an der Erden Ende währen. Selbst in der Wurtzel steckt die Kraft, Nicht nur der Pflantzen Nahrung-Saft, Nein, auch den Saft des Saamens und der Blühte, Bewunders-würdig zu bereiten. Unftreitiger Beweiß von dessen Weisheit, Güte, Und Allmacht, welcher alles macht, Erhält und es aus Nichts hervorgebracht. So viel wir äusserlich am Saamen sehen, So scheint sein Cörper zu bestehen, Aus einer Schalen, einer Haut, Wobey man noch ein fleischicht Wesen, Und endlich ein klein Pfläntzlein schaut: So daß es scheint, als wenn mit einem Ey Er füglich zu vergleichen sey. Die
Hirten-Gedicht. Wie gros iſt dieß Geheimniß nicht, Das in des Saamens Weſen ſtecket, Das, recht wie ein unſichtbar Licht, Rings um ſich ſeine Kraͤft’ erſtrecket. O wunderbahrer GOtt! es ſieht Jm Saam-Korn mein betrachtendes Gemuͤht Eh meiner forſchenden Gedancken, Als wie deſſelben Kraͤfte, Schrancken! Es ſcheinet, als ob wir den Saamen fuͤglich koͤnnen Ein Mittel zwiſchen Geiſt und zwiſchen Coͤrpern nennen. Er ſcheinet eigentlich Der Pflantzen Abſicht blos allein, Und zwar zu dieſem Zweck, zu ſeyn; Damit ſie ſelbſt, durch ihre Kinder, ſich Erhalten, und zu GOttes Ehren, Biß an der Erden Ende waͤhren. Selbſt in der Wurtzel ſteckt die Kraft, Nicht nur der Pflantzen Nahrung-Saft, Nein, auch den Saft des Saamens und der Bluͤhte, Bewunders-wuͤrdig zu bereiten. Unftreitiger Beweiß von deſſen Weisheit, Guͤte, Und Allmacht, welcher alles macht, Erhaͤlt und es aus Nichts hervorgebracht. So viel wir aͤuſſerlich am Saamen ſehen, So ſcheint ſein Coͤrper zu beſtehen, Aus einer Schalen, einer Haut, Wobey man noch ein fleiſchicht Weſen, Und endlich ein klein Pflaͤntzlein ſchaut: So daß es ſcheint, als wenn mit einem Ey Er fuͤglich zu vergleichen ſey. Die
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Hirten-Gedicht.
Wie gros iſt dieß Geheimniß nicht,
Das in des Saamens Weſen ſtecket,
Das, recht wie ein unſichtbar Licht,
Rings um ſich ſeine Kraͤft’ erſtrecket.
O wunderbahrer GOtt! es ſieht
Jm Saam-Korn mein betrachtendes Gemuͤht
Eh meiner forſchenden Gedancken,
Als wie deſſelben Kraͤfte, Schrancken!
Es ſcheinet, als ob wir den Saamen fuͤglich koͤnnen
Ein Mittel zwiſchen Geiſt und zwiſchen Coͤrpern nennen.
Er ſcheinet eigentlich
Der Pflantzen Abſicht blos allein,
Und zwar zu dieſem Zweck, zu ſeyn;
Damit ſie ſelbſt, durch ihre Kinder, ſich
Erhalten, und zu GOttes Ehren,
Biß an der Erden Ende waͤhren.
Selbſt in der Wurtzel ſteckt die Kraft,
Nicht nur der Pflantzen Nahrung-Saft,
Nein, auch den Saft des Saamens und der Bluͤhte,
Bewunders-wuͤrdig zu bereiten.
Unftreitiger Beweiß von deſſen Weisheit, Guͤte,
Und Allmacht, welcher alles macht,
Erhaͤlt und es aus Nichts hervorgebracht.
So viel wir aͤuſſerlich am Saamen ſehen,
So ſcheint ſein Coͤrper zu beſtehen,
Aus einer Schalen, einer Haut,
Wobey man noch ein fleiſchicht Weſen,
Und endlich ein klein Pflaͤntzlein ſchaut:
So daß es ſcheint, als wenn mit einem Ey
Er fuͤglich zu vergleichen ſey.
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