Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Nähere Betrachtung der Kirsch-Blüthe.
Nähere Betrachtung der Kirsch-Blüthe.
Wie wunderbar ist doch der Bau
So wol von Zärtlichkeit, als Farben und Figur,
Den ich von Fingern der Natur
Jn einer Kirschen-Blüht, die sich erst öffnet, schau!
Erst seh' ich Blätter-Knospen-Spitzen
Umringt von Trage-Knospen, sitzen.
Die letztern, welche rund, sind erstlich glatt und grün.
Die braune Haut, die, üm sie vor Gefahr
Zu schützen, fest und holtzig war,
Eröffnet sich, und zeigt zwey auch noch harte Blätter,
Die rund und hohl, und gantz voll zarter Spitzen,
Und rauher Zäser sind;
Um ihr so zartes Kind,
Als wie mit einem Peltz, zu schützen.
Darauf erblickt man drey, die sonderlich formitt,
Jndem sie obenwärts recht in der Mitten,
Als wären sie mit Fleiß so zierlich eingeschnitten,
Sich theilen, da sie denn ein eignes Spitzgen ziert.
Nachher sind, aus dermassen schön,
Drey schmale Blätterchen zu sehn,
Die unser' Augen recht erfrischen,
Wann sie ein zärtlich roth zu ihrem grünen mischen,
Absonderlich,
Da selbe sich,
Zumahl in hellen Sonnen-Strahlen,
Zugleich mit zartem gelben mahlen.
Bis endlich man die Bluhmen selbst, bey drey,
Bey vier bis fünf, doch selten nur bey zwey,
Jn
Naͤhere Betrachtung der Kirſch-Bluͤthe.
Naͤhere Betrachtung der Kirſch-Bluͤthe.
Wie wunderbar iſt doch der Bau
So wol von Zaͤrtlichkeit, als Farben und Figur,
Den ich von Fingern der Natur
Jn einer Kirſchen-Bluͤht, die ſich erſt oͤffnet, ſchau!
Erſt ſeh’ ich Blaͤtter-Knoſpen-Spitzen
Umringt von Trage-Knoſpen, ſitzen.
Die letztern, welche rund, ſind erſtlich glatt und gruͤn.
Die braune Haut, die, uͤm ſie vor Gefahr
Zu ſchuͤtzen, feſt und holtzig war,
Eroͤffnet ſich, und zeigt zwey auch noch harte Blaͤtter,
Die rund und hohl, und gantz voll zarter Spitzen,
Und rauher Zaͤſer ſind;
Um ihr ſo zartes Kind,
Als wie mit einem Peltz, zu ſchuͤtzen.
Darauf erblickt man drey, die ſonderlich formitt,
Jndem ſie obenwaͤrts recht in der Mitten,
Als waͤren ſie mit Fleiß ſo zierlich eingeſchnitten,
Sich theilen, da ſie denn ein eignes Spitzgen ziert.
Nachher ſind, aus dermaſſen ſchoͤn,
Drey ſchmale Blaͤtterchen zu ſehn,
Die unſer’ Augen recht erfriſchen,
Wann ſie ein zaͤrtlich roth zu ihrem gruͤnen miſchen,
Abſonderlich,
Da ſelbe ſich,
Zumahl in hellen Sonnen-Strahlen,
Zugleich mit zartem gelben mahlen.
Bis endlich man die Bluhmen ſelbſt, bey drey,
Bey vier bis fuͤnf, doch ſelten nur bey zwey,
Jn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0095" n="63"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Na&#x0364;here Betrachtung der Kir&#x017F;ch-Blu&#x0364;the.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Na&#x0364;here Betrachtung der Kir&#x017F;ch-Blu&#x0364;the.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>ie wunderbar i&#x017F;t doch der Bau</l><lb/>
              <l>So wol von Za&#x0364;rtlichkeit, als Farben und Figur,</l><lb/>
              <l>Den ich von Fingern der Natur</l><lb/>
              <l>Jn einer Kir&#x017F;chen-Blu&#x0364;ht, die &#x017F;ich er&#x017F;t o&#x0364;ffnet, &#x017F;chau!</l><lb/>
              <l>Er&#x017F;t &#x017F;eh&#x2019; ich Bla&#x0364;tter-Kno&#x017F;pen-Spitzen</l><lb/>
              <l>Umringt von Trage-Kno&#x017F;pen, &#x017F;itzen.</l><lb/>
              <l>Die letztern, welche rund, &#x017F;ind er&#x017F;tlich glatt und gru&#x0364;n.</l><lb/>
              <l>Die braune Haut, die, u&#x0364;m &#x017F;ie vor Gefahr</l><lb/>
              <l>Zu &#x017F;chu&#x0364;tzen, fe&#x017F;t und holtzig war,</l><lb/>
              <l>Ero&#x0364;ffnet &#x017F;ich, und zeigt zwey auch noch harte Bla&#x0364;tter,</l><lb/>
              <l>Die rund und hohl, und gantz voll zarter Spitzen,</l><lb/>
              <l>Und rauher Za&#x0364;&#x017F;er &#x017F;ind;</l><lb/>
              <l>Um ihr &#x017F;o zartes Kind,</l><lb/>
              <l>Als wie mit einem Peltz, zu &#x017F;chu&#x0364;tzen.</l><lb/>
              <l>Darauf erblickt man drey, die &#x017F;onderlich formitt,</l><lb/>
              <l>Jndem &#x017F;ie obenwa&#x0364;rts recht in der Mitten,</l><lb/>
              <l>Als wa&#x0364;ren &#x017F;ie mit Fleiß &#x017F;o zierlich einge&#x017F;chnitten,</l><lb/>
              <l>Sich theilen, da &#x017F;ie denn ein eignes Spitzgen ziert.</l><lb/>
              <l>Nachher &#x017F;ind, aus derma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
              <l>Drey &#x017F;chmale Bla&#x0364;tterchen zu &#x017F;ehn,</l><lb/>
              <l>Die un&#x017F;er&#x2019; Augen recht erfri&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Wann &#x017F;ie ein za&#x0364;rtlich roth zu ihrem gru&#x0364;nen mi&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Ab&#x017F;onderlich,</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;elbe &#x017F;ich,</l><lb/>
              <l>Zumahl in hellen Sonnen-Strahlen,</l><lb/>
              <l>Zugleich mit zartem gelben mahlen.</l><lb/>
              <l>Bis endlich man die Bluhmen &#x017F;elb&#x017F;t, bey drey,</l><lb/>
              <l>Bey vier bis fu&#x0364;nf, doch &#x017F;elten nur bey zwey,</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Jn</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0095] Naͤhere Betrachtung der Kirſch-Bluͤthe. Naͤhere Betrachtung der Kirſch-Bluͤthe. Wie wunderbar iſt doch der Bau So wol von Zaͤrtlichkeit, als Farben und Figur, Den ich von Fingern der Natur Jn einer Kirſchen-Bluͤht, die ſich erſt oͤffnet, ſchau! Erſt ſeh’ ich Blaͤtter-Knoſpen-Spitzen Umringt von Trage-Knoſpen, ſitzen. Die letztern, welche rund, ſind erſtlich glatt und gruͤn. Die braune Haut, die, uͤm ſie vor Gefahr Zu ſchuͤtzen, feſt und holtzig war, Eroͤffnet ſich, und zeigt zwey auch noch harte Blaͤtter, Die rund und hohl, und gantz voll zarter Spitzen, Und rauher Zaͤſer ſind; Um ihr ſo zartes Kind, Als wie mit einem Peltz, zu ſchuͤtzen. Darauf erblickt man drey, die ſonderlich formitt, Jndem ſie obenwaͤrts recht in der Mitten, Als waͤren ſie mit Fleiß ſo zierlich eingeſchnitten, Sich theilen, da ſie denn ein eignes Spitzgen ziert. Nachher ſind, aus dermaſſen ſchoͤn, Drey ſchmale Blaͤtterchen zu ſehn, Die unſer’ Augen recht erfriſchen, Wann ſie ein zaͤrtlich roth zu ihrem gruͤnen miſchen, Abſonderlich, Da ſelbe ſich, Zumahl in hellen Sonnen-Strahlen, Zugleich mit zartem gelben mahlen. Bis endlich man die Bluhmen ſelbſt, bey drey, Bey vier bis fuͤnf, doch ſelten nur bey zwey, Jn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/95
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/95>, abgerufen am 26.11.2024.