Doch noch in demselben Stande, wie sie ie gewesen, bleiben? Daß sich ebenfalls der Lufft zarte Theile nicht zerreiben, Ob sie gleich durch Wolcken, Hitze, Regen, Hagel, Donner, Blitz, Und entsetzliche Gewalt wilder Stürm', aus ihrem Sitz Offt gerissen und getrieben, ja sich in sich selbst zerrissen, Und doch ihre Dehnungs-Kräffte nicht vergangen noch ver- schlissen; Jst ein überzeuglich Wunder, daß der Schöpfer aller Welt, Jn dem Anfang aller Dinge, ihnen einmahl eine Krafft, Daß sie unverschleißlich seyn, zugeleget, angeschafft, Und sie unverrückt annoch bey der ersten Krafft erhält.
HERR! wer auf dergleichen Wunder seiner Seelen Kräffte lenckt, Und so dann auf Dich allein, als die Urstands-Krafft ge- denckt, Stutzt für Ehr-Furcht, senckt, voll Andacht, sich, mit allem dem, was sein, Jn Dich, Urquell aller Dinge, in Dich, ewigs All, hinein, Und verlangt, entflammt von Liebe, anders nichts, als dieß allein, Ewger Vater und Erhalter, Dir zu heiligem Gefallen Und Vermehrung Deines Ruhms, etwas, als Dein Kind zu lallen.
Aber welch ein Schatz von Kräfften stellt sich meinem Geiste hier, Der sich ins Natur-Reich senckt, wiederüm von neuen für! Unbegreifflich sind dieselben, und nicht zehlbar ihre Zahl. Jch erwehle denn, vor andern, aus der Menge, dieses mahl
Von
J i 2
bey dem 1731. Jahrs-Wechſel betrachtet.
Doch noch in demſelben Stande, wie ſie ie geweſen, bleiben? Daß ſich ebenfalls der Lufft zarte Theile nicht zerreiben, Ob ſie gleich durch Wolcken, Hitze, Regen, Hagel, Donner, Blitz, Und entſetzliche Gewalt wilder Stuͤrm’, aus ihrem Sitz Offt geriſſen und getrieben, ja ſich in ſich ſelbſt zerriſſen, Und doch ihre Dehnungs-Kraͤffte nicht vergangen noch ver- ſchliſſen; Jſt ein uͤberzeuglich Wunder, daß der Schoͤpfer aller Welt, Jn dem Anfang aller Dinge, ihnen einmahl eine Krafft, Daß ſie unverſchleißlich ſeyn, zugeleget, angeſchafft, Und ſie unverruͤckt annoch bey der erſten Krafft erhaͤlt.
HERR! wer auf dergleichen Wunder ſeiner Seelen Kraͤffte lenckt, Und ſo dann auf Dich allein, als die Urſtands-Krafft ge- denckt, Stutzt fuͤr Ehr-Furcht, ſenckt, voll Andacht, ſich, mit allem dem, was ſein, Jn Dich, Urquell aller Dinge, in Dich, ewigs All, hinein, Und verlangt, entflammt von Liebe, anders nichts, als dieß allein, Ewger Vater und Erhalter, Dir zu heiligem Gefallen Und Vermehrung Deines Ruhms, etwas, als Dein Kind zu lallen.
Aber welch ein Schatz von Kraͤfften ſtellt ſich meinem Geiſte hier, Der ſich ins Natur-Reich ſenckt, wiederuͤm von neuen fuͤr! Unbegreifflich ſind dieſelben, und nicht zehlbar ihre Zahl. Jch erwehle denn, vor andern, aus der Menge, dieſes mahl
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bey dem 1731. Jahrs-Wechſel betrachtet.
Doch noch in demſelben Stande, wie ſie ie geweſen, bleiben?
Daß ſich ebenfalls der Lufft zarte Theile nicht zerreiben,
Ob ſie gleich durch Wolcken, Hitze, Regen, Hagel, Donner,
Blitz,
Und entſetzliche Gewalt wilder Stuͤrm’, aus ihrem Sitz
Offt geriſſen und getrieben, ja ſich in ſich ſelbſt zerriſſen,
Und doch ihre Dehnungs-Kraͤffte nicht vergangen noch ver-
ſchliſſen;
Jſt ein uͤberzeuglich Wunder, daß der Schoͤpfer aller Welt,
Jn dem Anfang aller Dinge, ihnen einmahl eine Krafft,
Daß ſie unverſchleißlich ſeyn, zugeleget, angeſchafft,
Und ſie unverruͤckt annoch bey der erſten Krafft erhaͤlt.
HERR! wer auf dergleichen Wunder ſeiner Seelen
Kraͤffte lenckt,
Und ſo dann auf Dich allein, als die Urſtands-Krafft ge-
denckt,
Stutzt fuͤr Ehr-Furcht, ſenckt, voll Andacht, ſich, mit allem
dem, was ſein,
Jn Dich, Urquell aller Dinge, in Dich, ewigs All, hinein,
Und verlangt, entflammt von Liebe, anders nichts, als dieß
allein,
Ewger Vater und Erhalter, Dir zu heiligem Gefallen
Und Vermehrung Deines Ruhms, etwas, als Dein Kind zu
lallen.
Aber welch ein Schatz von Kraͤfften ſtellt ſich meinem
Geiſte hier,
Der ſich ins Natur-Reich ſenckt, wiederuͤm von neuen
fuͤr!
Unbegreifflich ſind dieſelben, und nicht zehlbar ihre Zahl.
Jch erwehle denn, vor andern, aus der Menge, dieſes mahl
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/531>, abgerufen am 23.07.2024.
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