Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Fröhliche Betrachtung
Da, wo sie sich scheiden, strahlte: beide drungen, wie ein
Licht
Durch geschwärtzte Finsternissen, und durch Schatten plötz-
lich bricht,
Plötzlich mir durchs Aug ins Hertz, und erfüllten meine
Brust,
Grosser Schöpfer, Dir zur Ehre, mit noch nie gefühlter Lust.
Aber bald must ich mich noch, vor verdoppeltem Ergetzen
Und sich mehrendem Vergnügen, vor Vergnügen, fast entsetzen,
Als ich alle Pracht des Himmels, den Sapphir, die Silber-
Hügel,
Jn der Elbe stillen Fluth, als in einem grossen Spiegel,
Ebenfalls erscheinen sah. Ja noch mehr, ich sah' im
Westen,
Hinter einer duncklen Wolcken, an der aufgeklärten Festen,
Die bald untergehnde Sonne herrlich, hell und feurig strahlen
Und zugleich den glatten Fluß beide Vorwürff deutlich
mahlen.
Da der Sonnen helles Licht, bey der Wolcken Dunckelheit,
So im Urbild, als im Abdruck, mit noch grössrer Herr-
lichkeit,
Jn noch starck vermehrtem Glantze, durch den Gegen-Satz,
erschien
Und durch unbeschreiblichs funckeln aller Schauer Aug' und
Hertz
Mit Entzücken rührt' und füllte. Richt genug: auch Osten-
werts
Zeigte mir ein flaches Ufer, ein so lieblich Frühlings-Grün,
Das, zugleich voll gelber Bluhmen, gläntzt' und glüh'te,
Diese Wiese
Schien, im Sonnen-Strahl zumahl, recht ein Stück vom
Paradiese.
Wie
Froͤhliche Betrachtung
Da, wo ſie ſich ſcheiden, ſtrahlte: beide drungen, wie ein
Licht
Durch geſchwaͤrtzte Finſterniſſen, und durch Schatten ploͤtz-
lich bricht,
Ploͤtzlich mir durchs Aug ins Hertz, und erfuͤllten meine
Bruſt,
Groſſer Schoͤpfer, Dir zur Ehre, mit noch nie gefuͤhlter Luſt.
Aber bald muſt ich mich noch, vor verdoppeltem Ergetzen
Und ſich mehrendem Vergnuͤgen, vor Vergnuͤgen, faſt entſetzen,
Als ich alle Pracht des Himmels, den Sapphir, die Silber-
Huͤgel,
Jn der Elbe ſtillen Fluth, als in einem groſſen Spiegel,
Ebenfalls erſcheinen ſah. Ja noch mehr, ich ſah’ im
Weſten,
Hinter einer duncklen Wolcken, an der aufgeklaͤrten Feſten,
Die bald untergehnde Sonne herrlich, hell und feurig ſtrahlen
Und zugleich den glatten Fluß beide Vorwuͤrff deutlich
mahlen.
Da der Sonnen helles Licht, bey der Wolcken Dunckelheit,
So im Urbild, als im Abdruck, mit noch groͤſſrer Herr-
lichkeit,
Jn noch ſtarck vermehrtem Glantze, durch den Gegen-Satz,
erſchien
Und durch unbeſchreiblichs funckeln aller Schauer Aug’ und
Hertz
Mit Entzuͤcken ruͤhrt’ und fuͤllte. Richt genug: auch Oſten-
werts
Zeigte mir ein flaches Ufer, ein ſo lieblich Fruͤhlings-Gruͤn,
Das, zugleich voll gelber Bluhmen, glaͤntzt’ und gluͤh’te,
Dieſe Wieſe
Schien, im Sonnen-Strahl zumahl, recht ein Stuͤck vom
Paradieſe.
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0052" n="20"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Fro&#x0364;hliche Betrachtung</hi> </fw><lb/>
            <l>Da, wo &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;cheiden, &#x017F;trahlte: beide drungen, wie ein</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Licht</hi> </l><lb/>
            <l>Durch ge&#x017F;chwa&#x0364;rtzte Fin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;en, und durch Schatten plo&#x0364;tz-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">lich bricht,</hi> </l><lb/>
            <l>Plo&#x0364;tzlich mir durchs Aug ins Hertz, und erfu&#x0364;llten meine</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Bru&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
            <l>Gro&#x017F;&#x017F;er Scho&#x0364;pfer, Dir zur Ehre, mit noch nie gefu&#x0364;hlter Lu&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Aber bald mu&#x017F;t ich mich noch, vor verdoppeltem Ergetzen</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich mehrendem Vergnu&#x0364;gen, vor Vergnu&#x0364;gen, fa&#x017F;t ent&#x017F;etzen,</l><lb/>
            <l>Als ich alle Pracht des Himmels, den Sapphir, die Silber-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Hu&#x0364;gel,</hi> </l><lb/>
            <l>Jn der Elbe &#x017F;tillen Fluth, als in einem gro&#x017F;&#x017F;en Spiegel,</l><lb/>
            <l>Ebenfalls er&#x017F;cheinen &#x017F;ah. Ja noch mehr, ich &#x017F;ah&#x2019; im</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">We&#x017F;ten,</hi> </l><lb/>
            <l>Hinter einer duncklen Wolcken, an der aufgekla&#x0364;rten Fe&#x017F;ten,</l><lb/>
            <l>Die bald untergehnde Sonne herrlich, hell und feurig &#x017F;trahlen</l><lb/>
            <l>Und zugleich den glatten Fluß beide Vorwu&#x0364;rff deutlich</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">mahlen.</hi> </l><lb/>
            <l>Da der Sonnen helles Licht, bey der Wolcken Dunckelheit,</l><lb/>
            <l>So im Urbild, als im Abdruck, mit noch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;rer Herr-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">lichkeit,</hi> </l><lb/>
            <l>Jn noch &#x017F;tarck vermehrtem Glantze, durch den Gegen-Satz,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">er&#x017F;chien</hi> </l><lb/>
            <l>Und durch unbe&#x017F;chreiblichs funckeln aller Schauer Aug&#x2019; und</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Hertz</hi> </l><lb/>
            <l>Mit Entzu&#x0364;cken ru&#x0364;hrt&#x2019; und fu&#x0364;llte. Richt genug: auch O&#x017F;ten-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">werts</hi> </l><lb/>
            <l>Zeigte mir ein flaches Ufer, ein &#x017F;o lieblich Fru&#x0364;hlings-Gru&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Das, zugleich voll gelber Bluhmen, gla&#x0364;ntzt&#x2019; und glu&#x0364;h&#x2019;te,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Die&#x017F;e Wie&#x017F;e</hi> </l><lb/>
            <l>Schien, im Sonnen-Strahl zumahl, recht ein Stu&#x0364;ck vom</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Paradie&#x017F;e.</hi> </l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0052] Froͤhliche Betrachtung Da, wo ſie ſich ſcheiden, ſtrahlte: beide drungen, wie ein Licht Durch geſchwaͤrtzte Finſterniſſen, und durch Schatten ploͤtz- lich bricht, Ploͤtzlich mir durchs Aug ins Hertz, und erfuͤllten meine Bruſt, Groſſer Schoͤpfer, Dir zur Ehre, mit noch nie gefuͤhlter Luſt. Aber bald muſt ich mich noch, vor verdoppeltem Ergetzen Und ſich mehrendem Vergnuͤgen, vor Vergnuͤgen, faſt entſetzen, Als ich alle Pracht des Himmels, den Sapphir, die Silber- Huͤgel, Jn der Elbe ſtillen Fluth, als in einem groſſen Spiegel, Ebenfalls erſcheinen ſah. Ja noch mehr, ich ſah’ im Weſten, Hinter einer duncklen Wolcken, an der aufgeklaͤrten Feſten, Die bald untergehnde Sonne herrlich, hell und feurig ſtrahlen Und zugleich den glatten Fluß beide Vorwuͤrff deutlich mahlen. Da der Sonnen helles Licht, bey der Wolcken Dunckelheit, So im Urbild, als im Abdruck, mit noch groͤſſrer Herr- lichkeit, Jn noch ſtarck vermehrtem Glantze, durch den Gegen-Satz, erſchien Und durch unbeſchreiblichs funckeln aller Schauer Aug’ und Hertz Mit Entzuͤcken ruͤhrt’ und fuͤllte. Richt genug: auch Oſten- werts Zeigte mir ein flaches Ufer, ein ſo lieblich Fruͤhlings-Gruͤn, Das, zugleich voll gelber Bluhmen, glaͤntzt’ und gluͤh’te, Dieſe Wieſe Schien, im Sonnen-Strahl zumahl, recht ein Stuͤck vom Paradieſe. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/52
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/52>, abgerufen am 22.11.2024.