Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.
Ach! welche seelge Quell von wahren Himmels-Schätzen Ergiesset sich aus dieser Wahrheit nicht! Uns decket und ümgiebt schon hier ein seelges Licht, Jndem wir uns bereits an der Jdee ergetzen, Wie sehr beständig, unzerstörlich, Ununterbrochen, unaufhörlich Der ew'ge Gnaden-Lohn, von Dem, der nichts vergisst, Dereinsten seyn und bleiben werde. Wofern nun hier auf dieser Erde Dergleichen Wahrheit nicht, wo man sie recht ermisst, Dir einen Abscheu, Furcht und Schrecken, Für aller Laster Wust, vermögend zu erwecken; Und auch im Gegentheil zu guten Wercken Kein Sporn, kein Antrieb wird; so ist in deinem Geist Nichts Christlichs nicht allein, nichts menschliches zu mercken. Man kann im übrigen, auch hier schon auf der Welt, Sich einigen Begriff von längst vergangnen Sachen, Wenn man sie recht erwegt, als nicht vergangen, machen; Jndem auch die, so weg, dennoch noch theilbar seyn. Man theilet sie gar füglich ein Jn Dinge, welche zwar bereits vergangen, Die aber, weil sie noch mit Dingen, die noch da, Zum Theil zusammen hangen, Nach unserem Begriff, zwar den Vergangnen nah, Jedoch
Ach! welche ſeelge Quell von wahren Himmels-Schaͤtzen Ergieſſet ſich aus dieſer Wahrheit nicht! Uns decket und uͤmgiebt ſchon hier ein ſeelges Licht, Jndem wir uns bereits an der Jdee ergetzen, Wie ſehr beſtaͤndig, unzerſtoͤrlich, Ununterbrochen, unaufhoͤrlich Der ew’ge Gnaden-Lohn, von Dem, der nichts vergiſſt, Dereinſten ſeyn und bleiben werde. Wofern nun hier auf dieſer Erde Dergleichen Wahrheit nicht, wo man ſie recht ermiſſt, Dir einen Abſcheu, Furcht und Schrecken, Fuͤr aller Laſter Wuſt, vermoͤgend zu erwecken; Und auch im Gegentheil zu guten Wercken Kein Sporn, kein Antrieb wird; ſo iſt in deinem Geiſt Nichts Chriſtlichs nicht allein, nichts menſchliches zu mercken. Man kann im uͤbrigen, auch hier ſchon auf der Welt, Sich einigen Begriff von laͤngſt vergangnen Sachen, Wenn man ſie recht erwegt, als nicht vergangen, machen; Jndem auch die, ſo weg, dennoch noch theilbar ſeyn. Man theilet ſie gar fuͤglich ein Jn Dinge, welche zwar bereits vergangen, Die aber, weil ſie noch mit Dingen, die noch da, Zum Theil zuſammen hangen, Nach unſerem Begriff, zwar den Vergangnen nah, Jedoch
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Das Vergangene,
Wann dieſe, da vor GOTT ja nichts vergehen kann,
Jn ihrer Scheußlichkeit vermuthlich immer bleiben;
Als welche die Vergeſſenheit,
So wie hier auf der Welt, nicht maͤchtig zu vertreiben.
Auf gleiche Weiſe wird, was gutes hier geſchehn,
Vor dem allſehnden GOTT zu keiner Zeit vergehn.
Ach! welche ſeelge Quell von wahren Himmels-Schaͤtzen
Ergieſſet ſich aus dieſer Wahrheit nicht!
Uns decket und uͤmgiebt ſchon hier ein ſeelges Licht,
Jndem wir uns bereits an der Jdee ergetzen,
Wie ſehr beſtaͤndig, unzerſtoͤrlich,
Ununterbrochen, unaufhoͤrlich
Der ew’ge Gnaden-Lohn, von Dem, der nichts vergiſſt,
Dereinſten ſeyn und bleiben werde.
Wofern nun hier auf dieſer Erde
Dergleichen Wahrheit nicht, wo man ſie recht ermiſſt,
Dir einen Abſcheu, Furcht und Schrecken,
Fuͤr aller Laſter Wuſt, vermoͤgend zu erwecken;
Und auch im Gegentheil zu guten Wercken
Kein Sporn, kein Antrieb wird; ſo iſt in deinem Geiſt
Nichts Chriſtlichs nicht allein, nichts menſchliches zu mercken.
Man kann im uͤbrigen, auch hier ſchon auf der Welt,
Sich einigen Begriff von laͤngſt vergangnen Sachen,
Wenn man ſie recht erwegt, als nicht vergangen, machen;
Jndem auch die, ſo weg, dennoch noch theilbar ſeyn.
Man theilet ſie gar fuͤglich ein
Jn Dinge, welche zwar bereits vergangen,
Die aber, weil ſie noch mit Dingen, die noch da,
Zum Theil zuſammen hangen,
Nach unſerem Begriff, zwar den Vergangnen nah,
Jedoch
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