Jn einem hellen Glantz und Schein Erstaunlich anzusehen seyn. Es wird mein Auge fast entzücket, Da ich zur selben Zeit, im Garten, die Allee Auf gleiche Weise, Durch den so schnell geschmoltznen Schnee, Jn einem hell bestrahlten Eise, Nicht schimmern, feurig funckeln seh.
Sie war nicht anders anzuschauen, Als wie ein Weg, den man, im Bergwerck, aus Juwelen Und Diamanten ausgehauen. Wenn man durch fliessenden geschmoltzenen Crystall Die Bäume gantz gezogen hätte; So könnten sie in einer hellern Glätte, Als wie sie damahls überall, Unmöglich funckeln, blitzen, gläntzen.
Mein Leser, glaube nicht, daß mein erzehlen Zu weit sey ausgedehnt. Es ist wahrhaftig wahr. Und bin ich nicht geschickt, Daß es, durch meinen Kiel, hoch, prächtig, ähnlich, klar Und schön genug wird ausgedrückt. Doch hab ich auch den Frost so gar ausnehmend schön, Nur bloß ein einzigs mahl, gesehn. Jedoch muß ich dabey gestehn: Daß alle Schönheit doch ein Etwas, welches wild, Und rauh, und fürchterlich, zugleich uns zeigte. Denn da ein ieder Baum sich gantz herabwärts beugte, War Weg und Steg versperrt. Hierüber fiel mir ein: Wie muß doch dem zu muthe seyn,
Der
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Betrachtung einer Winter-Landſchaft.
Jn einem hellen Glantz und Schein Erſtaunlich anzuſehen ſeyn. Es wird mein Auge faſt entzuͤcket, Da ich zur ſelben Zeit, im Garten, die Allee Auf gleiche Weiſe, Durch den ſo ſchnell geſchmoltznen Schnee, Jn einem hell beſtrahlten Eiſe, Nicht ſchimmern, feurig funckeln ſeh.
Sie war nicht anders anzuſchauen, Als wie ein Weg, den man, im Bergwerck, aus Juwelen Und Diamanten ausgehauen. Wenn man durch flieſſenden geſchmoltzenen Cryſtall Die Baͤume gantz gezogen haͤtte; So koͤnnten ſie in einer hellern Glaͤtte, Als wie ſie damahls uͤberall, Unmoͤglich funckeln, blitzen, glaͤntzen.
Mein Leſer, glaube nicht, daß mein erzehlen Zu weit ſey ausgedehnt. Es iſt wahrhaftig wahr. Und bin ich nicht geſchickt, Daß es, durch meinen Kiel, hoch, praͤchtig, aͤhnlich, klar Und ſchoͤn genug wird ausgedruͤckt. Doch hab ich auch den Froſt ſo gar ausnehmend ſchoͤn, Nur bloß ein einzigs mahl, geſehn. Jedoch muß ich dabey geſtehn: Daß alle Schoͤnheit doch ein Etwas, welches wild, Und rauh, und fuͤrchterlich, zugleich uns zeigte. Denn da ein ieder Baum ſich gantz herabwaͤrts beugte, War Weg und Steg verſperrt. Hieruͤber fiel mir ein: Wie muß doch dem zu muthe ſeyn,
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Betrachtung einer Winter-Landſchaft.
Jn einem hellen Glantz und Schein
Erſtaunlich anzuſehen ſeyn.
Es wird mein Auge faſt entzuͤcket,
Da ich zur ſelben Zeit, im Garten, die Allee
Auf gleiche Weiſe,
Durch den ſo ſchnell geſchmoltznen Schnee,
Jn einem hell beſtrahlten Eiſe,
Nicht ſchimmern, feurig funckeln ſeh.
Sie war nicht anders anzuſchauen,
Als wie ein Weg, den man, im Bergwerck, aus Juwelen
Und Diamanten ausgehauen.
Wenn man durch flieſſenden geſchmoltzenen Cryſtall
Die Baͤume gantz gezogen haͤtte;
So koͤnnten ſie in einer hellern Glaͤtte,
Als wie ſie damahls uͤberall,
Unmoͤglich funckeln, blitzen, glaͤntzen.
Mein Leſer, glaube nicht, daß mein erzehlen
Zu weit ſey ausgedehnt. Es iſt wahrhaftig wahr.
Und bin ich nicht geſchickt,
Daß es, durch meinen Kiel, hoch, praͤchtig, aͤhnlich, klar
Und ſchoͤn genug wird ausgedruͤckt.
Doch hab ich auch den Froſt ſo gar ausnehmend ſchoͤn,
Nur bloß ein einzigs mahl, geſehn.
Jedoch muß ich dabey geſtehn:
Daß alle Schoͤnheit doch ein Etwas, welches wild,
Und rauh, und fuͤrchterlich, zugleich uns zeigte.
Denn da ein ieder Baum ſich gantz herabwaͤrts beugte,
War Weg und Steg verſperrt. Hieruͤber fiel mir ein:
Wie muß doch dem zu muthe ſeyn,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/449>, abgerufen am 16.02.2025.
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