Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Der schimmernde Schnee. Und, weil die Fläche glatt, mit einem hellen Schein,Als wie von klaren Berg-Crystallen, Uns blendend in die Augen fallen: Wozwischen öffters kleine Höhen, Die, weil der Schnee von ihnen abgeleckt Und abgeschmoltzen war, entdeckt, Bald schwartz, bald grünlich braun zu sehen, Von welchem Kraut und Gras, so noch auf ihnen stund. Da alles denn, in einer wilden Pracht, Durch die Veränderung, die Landschaft dennoch bunt, Und, in dem Wechsel, lieblich macht. Jch gieng im Garten auf und nieder, Und drückt auf hartem Schnee die Fuß-Spur hin und wieder, Mit sanftem knirschen, ein. Die ferne zwar annoch, doch unbewölckte Sonne Bestrahlte Schnee und Eis mit einem hellen Schein, Und meinen Geist mit ungemeiner Wonne. Wie gläntzte, blitzt' und funckelte Der angestrahlte Schnee! Kaum siehet man so klar, so rein, Den Glantz von Diamanten glimmern, Als, in bald weiß-bald buntem Schein, Jm Schnee viel tausend Stellen schimmern. Jch sahe dieß mit Lust, doch auch mit Andacht, an, Und dachte billig nach: Was kann Von dieser Schönheit sonst die Ursach seyn, Als das gewünschte Licht der Sonne bloß allein? Die alles auf der Welt mit Glantz und Schönheit füllt. Ja da ich es genau beachte, Und mit geschärfftem Blick den Schimmer recht beträchte, So
Der ſchimmernde Schnee. Und, weil die Flaͤche glatt, mit einem hellen Schein,Als wie von klaren Berg-Cryſtallen, Uns blendend in die Augen fallen: Wozwiſchen oͤffters kleine Hoͤhen, Die, weil der Schnee von ihnen abgeleckt Und abgeſchmoltzen war, entdeckt, Bald ſchwartz, bald gruͤnlich braun zu ſehen, Von welchem Kraut und Gras, ſo noch auf ihnen ſtund. Da alles denn, in einer wilden Pracht, Durch die Veraͤnderung, die Landſchaft dennoch bunt, Und, in dem Wechſel, lieblich macht. Jch gieng im Garten auf und nieder, Und druͤckt auf hartem Schnee die Fuß-Spur hin und wieder, Mit ſanftem knirſchen, ein. Die ferne zwar annoch, doch unbewoͤlckte Sonne Beſtrahlte Schnee und Eis mit einem hellen Schein, Und meinen Geiſt mit ungemeiner Wonne. Wie glaͤntzte, blitzt’ und funckelte Der angeſtrahlte Schnee! Kaum ſiehet man ſo klar, ſo rein, Den Glantz von Diamanten glimmern, Als, in bald weiß-bald buntem Schein, Jm Schnee viel tauſend Stellen ſchimmern. Jch ſahe dieß mit Luſt, doch auch mit Andacht, an, Und dachte billig nach: Was kann Von dieſer Schoͤnheit ſonſt die Urſach ſeyn, Als das gewuͤnſchte Licht der Sonne bloß allein? Die alles auf der Welt mit Glantz und Schoͤnheit fuͤllt. Ja da ich es genau beachte, Und mit geſchaͤrfftem Blick den Schimmer recht betraͤchte, So
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Der ſchimmernde Schnee.
Und, weil die Flaͤche glatt, mit einem hellen Schein,
Als wie von klaren Berg-Cryſtallen,
Uns blendend in die Augen fallen:
Wozwiſchen oͤffters kleine Hoͤhen,
Die, weil der Schnee von ihnen abgeleckt
Und abgeſchmoltzen war, entdeckt,
Bald ſchwartz, bald gruͤnlich braun zu ſehen,
Von welchem Kraut und Gras, ſo noch auf ihnen ſtund.
Da alles denn, in einer wilden Pracht,
Durch die Veraͤnderung, die Landſchaft dennoch bunt,
Und, in dem Wechſel, lieblich macht.
Jch gieng im Garten auf und nieder,
Und druͤckt auf hartem Schnee die Fuß-Spur hin und wieder,
Mit ſanftem knirſchen, ein.
Die ferne zwar annoch, doch unbewoͤlckte Sonne
Beſtrahlte Schnee und Eis mit einem hellen Schein,
Und meinen Geiſt mit ungemeiner Wonne.
Wie glaͤntzte, blitzt’ und funckelte
Der angeſtrahlte Schnee!
Kaum ſiehet man ſo klar, ſo rein,
Den Glantz von Diamanten glimmern,
Als, in bald weiß-bald buntem Schein,
Jm Schnee viel tauſend Stellen ſchimmern.
Jch ſahe dieß mit Luſt, doch auch mit Andacht, an,
Und dachte billig nach: Was kann
Von dieſer Schoͤnheit ſonſt die Urſach ſeyn,
Als das gewuͤnſchte Licht der Sonne bloß allein?
Die alles auf der Welt mit Glantz und Schoͤnheit fuͤllt.
Ja da ich es genau beachte,
Und mit geſchaͤrfftem Blick den Schimmer recht betraͤchte,
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