Daß aber diese Gluth so schnell, so hefftig gehet, Kommt sonder Zweifel wol daher, Daß in dem grossen Raum, wo alles leer, Nichts ihrem Triebe wiederftehet.
Wer weiß, ob aus dem Nord-Pol nicht Ein Dufft-Fluß unaufhörlich bricht, Und üm den Kreis der Erden fliesset? Der (wie man am Magnete sieht, Den man in Loder-Asche leget, Um den die Asche sich beweget, Und gleichsam Ost- und West-wärts flieht) Beständig Ost- und West-wärts schiesset; Und daß, nur zu gewisser Zeit, Und Umständ, in der Lufft, der Dufft zur Sichtbarkeit, Durchs Sonnen-Licht bestrahlt, gelange.
Aufs mindste giebt es uns mit Recht zu überlegen, Was für Verändrungen, was für Bewegen Offt in der Lufft gewircket werden müssen, Wovon wir hier nicht das geringste wissen.
Jedoch, es sey auch was es sey, Hat iemand bessere Gedancken, So stimm' ich ihnen gerne bey: Es ist mein End-Zweck nicht, zu zancken; Rein, sondern aus dem Glantz, dem wir im Nord-Licht schauen, Nebst andern, mich, zum Ruhm des Schöpfers, zu er- bauen.
Unglaublich ist, was diese Norder-Fluth Für Nutzen und für Dienst, im duncklen Norden thut.
Da
C c 3
Das Norder-Licht.
Daß aber dieſe Gluth ſo ſchnell, ſo hefftig gehet, Kommt ſonder Zweifel wol daher, Daß in dem groſſen Raum, wo alles leer, Nichts ihrem Triebe wiederftehet.
Wer weiß, ob aus dem Nord-Pol nicht Ein Dufft-Fluß unaufhoͤrlich bricht, Und uͤm den Kreis der Erden flieſſet? Der (wie man am Magnete ſieht, Den man in Loder-Aſche leget, Um den die Aſche ſich beweget, Und gleichſam Oſt- und Weſt-waͤrts flieht) Beſtaͤndig Oſt- und Weſt-waͤrts ſchieſſet; Und daß, nur zu gewiſſer Zeit, Und Umſtaͤnd, in der Lufft, der Dufft zur Sichtbarkeit, Durchs Sonnen-Licht beſtrahlt, gelange.
Aufs mindſte giebt es uns mit Recht zu uͤberlegen, Was fuͤr Veraͤndrungen, was fuͤr Bewegen Offt in der Lufft gewircket werden muͤſſen, Wovon wir hier nicht das geringſte wiſſen.
Jedoch, es ſey auch was es ſey, Hat iemand beſſere Gedancken, So ſtimm’ ich ihnen gerne bey: Es iſt mein End-Zweck nicht, zu zancken; Rein, ſondern aus dem Glantz, dem wir im Nord-Licht ſchauen, Nebſt andern, mich, zum Ruhm des Schoͤpfers, zu er- bauen.
Unglaublich iſt, was dieſe Norder-Fluth Fuͤr Nutzen und fuͤr Dienſt, im duncklen Norden thut.
Da
C c 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="7"><l><pbfacs="#f0437"n="405"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das Norder-Licht.</hi></fw></l><lb/><l>Daß aber dieſe Gluth ſo ſchnell, ſo hefftig gehet,</l><lb/><l>Kommt ſonder Zweifel wol daher,</l><lb/><l>Daß in dem groſſen Raum, wo alles leer,</l><lb/><l>Nichts ihrem Triebe wiederftehet.</l></lg><lb/><lgn="8"><l>Wer weiß, ob aus dem Nord-Pol nicht</l><lb/><l>Ein Dufft-Fluß unaufhoͤrlich bricht,</l><lb/><l>Und uͤm den Kreis der Erden flieſſet?</l><lb/><l>Der (wie man am Magnete ſieht,</l><lb/><l>Den man in Loder-Aſche leget,</l><lb/><l>Um den die Aſche ſich beweget,</l><lb/><l>Und gleichſam Oſt- und Weſt-waͤrts flieht)</l><lb/><l>Beſtaͤndig Oſt- und Weſt-waͤrts ſchieſſet;</l><lb/><l>Und daß, nur zu gewiſſer Zeit,</l><lb/><l>Und Umſtaͤnd, in der Lufft, der Dufft zur Sichtbarkeit,</l><lb/><l>Durchs Sonnen-Licht beſtrahlt, gelange.</l></lg><lb/><lgn="9"><l>Aufs mindſte giebt es uns mit Recht zu uͤberlegen,</l><lb/><l>Was fuͤr Veraͤndrungen, was fuͤr Bewegen</l><lb/><l>Offt in der Lufft gewircket werden muͤſſen,</l><lb/><l>Wovon wir hier nicht das geringſte wiſſen.</l></lg><lb/><lgn="10"><l>Jedoch, es ſey auch was es ſey,</l><lb/><l>Hat iemand beſſere Gedancken,</l><lb/><l>So ſtimm’ ich ihnen gerne bey:</l><lb/><l>Es iſt mein End-Zweck nicht, zu zancken;</l><lb/><l>Rein, ſondern aus dem Glantz, dem wir im Nord-Licht<lb/><hirendition="#et">ſchauen,</hi></l><lb/><l>Nebſt andern, mich, zum Ruhm des Schoͤpfers, zu er-<lb/><hirendition="#et">bauen.</hi></l></lg><lb/><lgn="11"><l>Unglaublich iſt, was dieſe Norder-Fluth</l><lb/><l>Fuͤr Nutzen und fuͤr Dienſt, im duncklen Norden thut.<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C c 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Da</fw><lb/></l></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[405/0437]
Das Norder-Licht.
Daß aber dieſe Gluth ſo ſchnell, ſo hefftig gehet,
Kommt ſonder Zweifel wol daher,
Daß in dem groſſen Raum, wo alles leer,
Nichts ihrem Triebe wiederftehet.
Wer weiß, ob aus dem Nord-Pol nicht
Ein Dufft-Fluß unaufhoͤrlich bricht,
Und uͤm den Kreis der Erden flieſſet?
Der (wie man am Magnete ſieht,
Den man in Loder-Aſche leget,
Um den die Aſche ſich beweget,
Und gleichſam Oſt- und Weſt-waͤrts flieht)
Beſtaͤndig Oſt- und Weſt-waͤrts ſchieſſet;
Und daß, nur zu gewiſſer Zeit,
Und Umſtaͤnd, in der Lufft, der Dufft zur Sichtbarkeit,
Durchs Sonnen-Licht beſtrahlt, gelange.
Aufs mindſte giebt es uns mit Recht zu uͤberlegen,
Was fuͤr Veraͤndrungen, was fuͤr Bewegen
Offt in der Lufft gewircket werden muͤſſen,
Wovon wir hier nicht das geringſte wiſſen.
Jedoch, es ſey auch was es ſey,
Hat iemand beſſere Gedancken,
So ſtimm’ ich ihnen gerne bey:
Es iſt mein End-Zweck nicht, zu zancken;
Rein, ſondern aus dem Glantz, dem wir im Nord-Licht
ſchauen,
Nebſt andern, mich, zum Ruhm des Schoͤpfers, zu er-
bauen.
Unglaublich iſt, was dieſe Norder-Fluth
Fuͤr Nutzen und fuͤr Dienſt, im duncklen Norden thut.
Da
C c 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/437>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.