Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Norder-Licht.

Dieß wird, wenn auch ein Fehl mit unterlieffe,
Jhm hoffentlich doch nicht zuwieder seyn.

Es scheinet zwar von diesem Lufft-Gesichte,
Worauf ich nun mein dencken richte,
Die Ursach diese: Wenn die Nacht
Auch noch so schwartz, so dunckel und so dicht;
So ist dennoch, vom Sonnen-Licht
Und ihrer immer hellen Pracht,
Das gantze Firmament beständig angefüllt:
Ob gleich der Schatten unsrer Erden,
Der, durch die Dichtigkeit derselben, uns ümhüllt,
Das Licht nicht lässet sichtbar werden,
Als welches, sonder Gegenschlag,
Auf unser Aug' zu wircken nicht vermag.
Daher nun kommt es mir
Nicht unwahrscheinlich für,
Daß etwa Dünste sich zu solcher Höh' geschwungen,
Daß sie den Schatten durchgedrungen,
Den unser Erd-Kreis macht: wodurch sie, von dem Schein
Des Sonnen-Lichts so dann getroffen, sichtbar seyn.
Allein,
Weil dieses gar zu fern, fällt mir ein' Ursach ein,
Die näher ist. Vielleicht kann dieses Licht entstehen
Aus Dünsten, die voll Saltz, und die den Theilchen gleich,
Die wir im saltzen Wasser-Reich
Jm dunckeln schimmern sehen.
Des Windes Hefftigkeit, die sie zusammen treibet,
Und dadurch an einander reibet,
Verrichtet das vielleicht, was in des Meeres Fluth
Durch strengen Druck ein Ruder thut.
Daß

Das Norder-Licht.

Dieß wird, wenn auch ein Fehl mit unterlieffe,
Jhm hoffentlich doch nicht zuwieder ſeyn.

Es ſcheinet zwar von dieſem Lufft-Geſichte,
Worauf ich nun mein dencken richte,
Die Urſach dieſe: Wenn die Nacht
Auch noch ſo ſchwartz, ſo dunckel und ſo dicht;
So iſt dennoch, vom Sonnen-Licht
Und ihrer immer hellen Pracht,
Das gantze Firmament beſtaͤndig angefuͤllt:
Ob gleich der Schatten unſrer Erden,
Der, durch die Dichtigkeit derſelben, uns uͤmhuͤllt,
Das Licht nicht laͤſſet ſichtbar werden,
Als welches, ſonder Gegenſchlag,
Auf unſer Aug’ zu wircken nicht vermag.
Daher nun kommt es mir
Nicht unwahrſcheinlich fuͤr,
Daß etwa Duͤnſte ſich zu ſolcher Hoͤh’ geſchwungen,
Daß ſie den Schatten durchgedrungen,
Den unſer Erd-Kreis macht: wodurch ſie, von dem Schein
Des Sonnen-Lichts ſo dann getroffen, ſichtbar ſeyn.
Allein,
Weil dieſes gar zu fern, faͤllt mir ein’ Urſach ein,
Die naͤher iſt. Vielleicht kann dieſes Licht entſtehen
Aus Duͤnſten, die voll Saltz, und die den Theilchen gleich,
Die wir im ſaltzen Waſſer-Reich
Jm dunckeln ſchimmern ſehen.
Des Windes Hefftigkeit, die ſie zuſammen treibet,
Und dadurch an einander reibet,
Verrichtet das vielleicht, was in des Meeres Fluth
Durch ſtrengen Druck ein Ruder thut.
Daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="5">
              <l>
                <pb facs="#f0436" n="404"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Norder-Licht.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>Dieß wird, wenn auch ein Fehl mit unterlieffe,</l><lb/>
              <l>Jhm hoffentlich doch nicht zuwieder &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Es &#x017F;cheinet zwar von die&#x017F;em Lufft-Ge&#x017F;ichte,</l><lb/>
              <l>Worauf ich nun mein dencken richte,</l><lb/>
              <l>Die Ur&#x017F;ach die&#x017F;e: Wenn die Nacht</l><lb/>
              <l>Auch noch &#x017F;o &#x017F;chwartz, &#x017F;o dunckel und &#x017F;o dicht;</l><lb/>
              <l>So i&#x017F;t dennoch, vom Sonnen-Licht</l><lb/>
              <l>Und ihrer immer hellen Pracht,</l><lb/>
              <l>Das gantze Firmament be&#x017F;ta&#x0364;ndig angefu&#x0364;llt:</l><lb/>
              <l>Ob gleich der Schatten un&#x017F;rer Erden,</l><lb/>
              <l>Der, durch die Dichtigkeit der&#x017F;elben, uns u&#x0364;mhu&#x0364;llt,</l><lb/>
              <l>Das Licht nicht la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ichtbar werden,</l><lb/>
              <l>Als welches, &#x017F;onder Gegen&#x017F;chlag,</l><lb/>
              <l>Auf un&#x017F;er Aug&#x2019; zu wircken nicht vermag.</l><lb/>
              <l>Daher nun kommt es mir</l><lb/>
              <l>Nicht unwahr&#x017F;cheinlich fu&#x0364;r,</l><lb/>
              <l>Daß etwa Du&#x0364;n&#x017F;te &#x017F;ich zu &#x017F;olcher Ho&#x0364;h&#x2019; ge&#x017F;chwungen,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie den Schatten durchgedrungen,</l><lb/>
              <l>Den un&#x017F;er Erd-Kreis macht: wodurch &#x017F;ie, von dem Schein</l><lb/>
              <l>Des Sonnen-Lichts &#x017F;o dann getroffen, &#x017F;ichtbar &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Allein,</l><lb/>
              <l>Weil die&#x017F;es gar zu fern, fa&#x0364;llt mir ein&#x2019; Ur&#x017F;ach ein,</l><lb/>
              <l>Die na&#x0364;her i&#x017F;t. Vielleicht kann die&#x017F;es Licht ent&#x017F;tehen</l><lb/>
              <l>Aus Du&#x0364;n&#x017F;ten, die voll Saltz, und die den Theilchen gleich,</l><lb/>
              <l>Die wir im &#x017F;altzen Wa&#x017F;&#x017F;er-Reich</l><lb/>
              <l>Jm dunckeln &#x017F;chimmern &#x017F;ehen.</l><lb/>
              <l>Des Windes Hefftigkeit, die &#x017F;ie zu&#x017F;ammen treibet,</l><lb/>
              <l>Und dadurch an einander reibet,</l><lb/>
              <l>Verrichtet das vielleicht, was in des Meeres Fluth</l><lb/>
              <l>Durch &#x017F;trengen Druck ein Ruder thut.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[404/0436] Das Norder-Licht. Dieß wird, wenn auch ein Fehl mit unterlieffe, Jhm hoffentlich doch nicht zuwieder ſeyn. Es ſcheinet zwar von dieſem Lufft-Geſichte, Worauf ich nun mein dencken richte, Die Urſach dieſe: Wenn die Nacht Auch noch ſo ſchwartz, ſo dunckel und ſo dicht; So iſt dennoch, vom Sonnen-Licht Und ihrer immer hellen Pracht, Das gantze Firmament beſtaͤndig angefuͤllt: Ob gleich der Schatten unſrer Erden, Der, durch die Dichtigkeit derſelben, uns uͤmhuͤllt, Das Licht nicht laͤſſet ſichtbar werden, Als welches, ſonder Gegenſchlag, Auf unſer Aug’ zu wircken nicht vermag. Daher nun kommt es mir Nicht unwahrſcheinlich fuͤr, Daß etwa Duͤnſte ſich zu ſolcher Hoͤh’ geſchwungen, Daß ſie den Schatten durchgedrungen, Den unſer Erd-Kreis macht: wodurch ſie, von dem Schein Des Sonnen-Lichts ſo dann getroffen, ſichtbar ſeyn. Allein, Weil dieſes gar zu fern, faͤllt mir ein’ Urſach ein, Die naͤher iſt. Vielleicht kann dieſes Licht entſtehen Aus Duͤnſten, die voll Saltz, und die den Theilchen gleich, Die wir im ſaltzen Waſſer-Reich Jm dunckeln ſchimmern ſehen. Des Windes Hefftigkeit, die ſie zuſammen treibet, Und dadurch an einander reibet, Verrichtet das vielleicht, was in des Meeres Fluth Durch ſtrengen Druck ein Ruder thut. Daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/436
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/436>, abgerufen am 25.11.2024.