Ja felsicht in der That. Wenn man wol eh gehört, Daß gantze Städte sich in Stein verkehrt, Erstaunet man darob. Dieß ist erstaunens wehrt, Daß nicht nur alles sich fast in der That Jn Stein verwandelt hat, Und alles, was man sieht, ein starres Schreck-Bild weiset; Nein, daß, wie durch Erfahrung ja bekannt, Durch unsers Schöpfers Allmachts Hand Sich alles wiederüm entsteinet und enteiset.
"Nimm doch GOttes weise Macht "Der die Creatur geniesset, "Hier aufs nen im Eis' in Acht! "Trotz desselben Härtigkeit, "Hat es die Beschaffenheit, "Daß es schmiltzt und schnell zerfliesset. "Wär es anders; könnt' auf Erden, "Mitten in der Sommers-Zeit, "Nichts gepflüget, noch besäet, "Nichts gedünget, nichts gemähet, "Nichts zum mürben Boden werden; "Und es würd' in solcher Wüste, "Weder Gras noch Laub entstehn: "Folglich müste "Alles, was da lebt, vergehn.
"Ach! so nimm, o Mensch, in Acht, "Wie des weisen Schöpfers Macht, "Uns zum Nutz, und Jhm zum Preise, "Auf so wunderbare Weise,
"Jn
Noch andere Winter-Gedancken.
Ja felſicht in der That. Wenn man wol eh gehoͤrt, Daß gantze Staͤdte ſich in Stein verkehrt, Erſtaunet man darob. Dieß iſt erſtaunens wehrt, Daß nicht nur alles ſich faſt in der That Jn Stein verwandelt hat, Und alles, was man ſieht, ein ſtarres Schreck-Bild weiſet; Nein, daß, wie durch Erfahrung ja bekannt, Durch unſers Schoͤpfers Allmachts Hand Sich alles wiederuͤm entſteinet und enteiſet.
„Nimm doch GOttes weiſe Macht „Der die Creatur genieſſet, „Hier aufs nen im Eiſ’ in Acht! „Trotz deſſelben Haͤrtigkeit, „Hat es die Beſchaffenheit, „Daß es ſchmiltzt und ſchnell zerflieſſet. „Waͤr es anders; koͤnnt’ auf Erden, „Mitten in der Sommers-Zeit, „Nichts gepfluͤget, noch beſaͤet, „Nichts geduͤnget, nichts gemaͤhet, „Nichts zum muͤrben Boden werden; „Und es wuͤrd’ in ſolcher Wuͤſte, „Weder Gras noch Laub entſtehn: „Folglich muͤſte „Alles, was da lebt, vergehn.
„Ach! ſo nimm, o Menſch, in Acht, „Wie des weiſen Schoͤpfers Macht, „Uns zum Nutz, und Jhm zum Preiſe, „Auf ſo wunderbare Weiſe,
„Jn
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Noch andere Winter-Gedancken.
Ja felſicht in der That. Wenn man wol eh gehoͤrt,
Daß gantze Staͤdte ſich in Stein verkehrt,
Erſtaunet man darob. Dieß iſt erſtaunens wehrt,
Daß nicht nur alles ſich faſt in der That
Jn Stein verwandelt hat,
Und alles, was man ſieht, ein ſtarres Schreck-Bild weiſet;
Nein, daß, wie durch Erfahrung ja bekannt,
Durch unſers Schoͤpfers Allmachts Hand
Sich alles wiederuͤm entſteinet und enteiſet.
„Nimm doch GOttes weiſe Macht
„Der die Creatur genieſſet,
„Hier aufs nen im Eiſ’ in Acht!
„Trotz deſſelben Haͤrtigkeit,
„Hat es die Beſchaffenheit,
„Daß es ſchmiltzt und ſchnell zerflieſſet.
„Waͤr es anders; koͤnnt’ auf Erden,
„Mitten in der Sommers-Zeit,
„Nichts gepfluͤget, noch beſaͤet,
„Nichts geduͤnget, nichts gemaͤhet,
„Nichts zum muͤrben Boden werden;
„Und es wuͤrd’ in ſolcher Wuͤſte,
„Weder Gras noch Laub entſtehn:
„Folglich muͤſte
„Alles, was da lebt, vergehn.
„Ach! ſo nimm, o Menſch, in Acht,
„Wie des weiſen Schoͤpfers Macht,
„Uns zum Nutz, und Jhm zum Preiſe,
„Auf ſo wunderbare Weiſe,
„Jn
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/427>, abgerufen am 24.11.2024.
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