Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Herbst-Gedancken. Herbst-Gedancken. Da ich mit frohen Blicken hier Des kühlen Herbstes bunte Zier, Jn dem noch schönen Uberrest Der halb entblätterten Allee, Die noch an hohen Zweigen fest, Bald überhaupt, bald einzeln sehe; Bin ich durch diese Pracht der Blätter, Zumahl bey dem ametzt so schönen Wetter, Nicht obenhin, recht inniglich gerührt. Jch seh' anietzt die spielende Natur Mit holder Farben Glantz nicht nur Erhabner Bäume Wipffel kräntzen; Man sieht die Erde selbst voll bunter Blätter gläntzen. Der dunckle Steig, den, mehr als die ietzt dünne Schatten, Der langen Nächte Thau geschwärtzet hatten, Lag gantz von bunten Laub bedeckt, und schön geschmückt. Es schien, als wenn der Bäume Schaar Nunmehro recht beschäfftigt war, Sich selbst der Haare Schmuck zu rauben, Aus Danckbarkeit sich gleichsam zu entlauben; Um ihrer Mutter braunes Kleid Mit bunten Farben auszuschmücken, Und sie mit Purpur hier, mit Golde dort zu sticken. Jm Garten hatte sie ihr bunt-gefärbt Gewand Schon ab-, doch auf das neu mit unsichtbarer Hand, Ein güldnes wieder angeleget. Die Bluhm' aus Africa, die güldne Blätter träget, Nasturtium, die gelbe Ritter-Sporen, Die A a 5
Herbſt-Gedancken. Herbſt-Gedancken. Da ich mit frohen Blicken hier Des kuͤhlen Herbſtes bunte Zier, Jn dem noch ſchoͤnen Uberreſt Der halb entblaͤtterten Allee, Die noch an hohen Zweigen feſt, Bald uͤberhaupt, bald einzeln ſehe; Bin ich durch dieſe Pracht der Blaͤtter, Zumahl bey dem ametzt ſo ſchoͤnen Wetter, Nicht obenhin, recht inniglich geruͤhrt. Jch ſeh’ anietzt die ſpielende Natur Mit holder Farben Glantz nicht nur Erhabner Baͤume Wipffel kraͤntzen; Man ſieht die Erde ſelbſt voll bunter Blaͤtter glaͤntzen. Der dunckle Steig, den, mehr als die ietzt duͤnne Schatten, Der langen Naͤchte Thau geſchwaͤrtzet hatten, Lag gantz von bunten Laub bedeckt, und ſchoͤn geſchmuͤckt. Es ſchien, als wenn der Baͤume Schaar Nunmehro recht beſchaͤfftigt war, Sich ſelbſt der Haare Schmuck zu rauben, Aus Danckbarkeit ſich gleichſam zu entlauben; Um ihrer Mutter braunes Kleid Mit bunten Farben auszuſchmuͤcken, Und ſie mit Purpur hier, mit Golde dort zu ſticken. Jm Garten hatte ſie ihr bunt-gefaͤrbt Gewand Schon ab-, doch auf das neu mit unſichtbarer Hand, Ein guͤldnes wieder angeleget. Die Bluhm’ aus Africa, die guͤldne Blaͤtter traͤget, Naſturtium, die gelbe Ritter-Sporen, Die A a 5
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Herbſt-Gedancken.
Herbſt-Gedancken.
Da ich mit frohen Blicken hier
Des kuͤhlen Herbſtes bunte Zier,
Jn dem noch ſchoͤnen Uberreſt
Der halb entblaͤtterten Allee,
Die noch an hohen Zweigen feſt,
Bald uͤberhaupt, bald einzeln ſehe;
Bin ich durch dieſe Pracht der Blaͤtter,
Zumahl bey dem ametzt ſo ſchoͤnen Wetter,
Nicht obenhin, recht inniglich geruͤhrt.
Jch ſeh’ anietzt die ſpielende Natur
Mit holder Farben Glantz nicht nur
Erhabner Baͤume Wipffel kraͤntzen;
Man ſieht die Erde ſelbſt voll bunter Blaͤtter glaͤntzen.
Der dunckle Steig, den, mehr als die ietzt duͤnne Schatten,
Der langen Naͤchte Thau geſchwaͤrtzet hatten,
Lag gantz von bunten Laub bedeckt, und ſchoͤn geſchmuͤckt.
Es ſchien, als wenn der Baͤume Schaar
Nunmehro recht beſchaͤfftigt war,
Sich ſelbſt der Haare Schmuck zu rauben,
Aus Danckbarkeit ſich gleichſam zu entlauben;
Um ihrer Mutter braunes Kleid
Mit bunten Farben auszuſchmuͤcken,
Und ſie mit Purpur hier, mit Golde dort zu ſticken.
Jm Garten hatte ſie ihr bunt-gefaͤrbt Gewand
Schon ab-, doch auf das neu mit unſichtbarer Hand,
Ein guͤldnes wieder angeleget.
Die Bluhm’ aus Africa, die guͤldne Blaͤtter traͤget,
Naſturtium, die gelbe Ritter-Sporen,
Die
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