Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Die Tuberose. Die Tuberose. Jüngst trat ich in mein Schlaf-Gemach, Und stutzte fast, als ein gar strenger Dufft Von einer fast ambrirten Lufft, Als wie im Schwall, mir recht entgegen brach. Jch sucht', und fand so gleich von dieser Lieblichkeit Die Quelle, die so süß, als schön, Jn einem blauen Topf' an meinem Fenster stehn. Dieß war, in blühender Vollkommenheit, Ein Tuberosen-Topf'; wovon der Glantz, die Zier, Die prächtige Figur, der Blätter Silber, mir Sehr viel zu sehn, und mehr noch zu bewundern gab. Die Bluhme zeigt, da sie so zierlich ist, als prächtig, Daß, Der, Der sie gemacht, so liebreich ist, als mächtig. Es kam mir vor, als ob mit süss- und sanftem Thon Sie dieses zu mir sagt': "ich warte lange schon, "Von dir, zu meines Schöpfers Ruhme, "Sowol, als manche andre Bluhme, "Besungen und gerühmt zu seyn. "Kann denn mein Silber-weisser Schein, "Mein zierliches Gewächs, mein Balsam, meine Pracht, "Mein lieblich Laub, mein schlancker Stiel, "Die Sternen-förmige Figur nicht deinen Kiel, "Mich abzubilden, zu beschreiben, "Und GOTTES Wunder-Hand in mir zu preisen, trei- ben? "Ach! laß mich nicht ümsonst verblühn! "Ach! laß mich dich zu Dessen Lobe ziehn, Der A a 2
Die Tuberoſe. Die Tuberoſe. Juͤngſt trat ich in mein Schlaf-Gemach, Und ſtutzte faſt, als ein gar ſtrenger Dufft Von einer faſt ambrirten Lufft, Als wie im Schwall, mir recht entgegen brach. Jch ſucht’, und fand ſo gleich von dieſer Lieblichkeit Die Quelle, die ſo ſuͤß, als ſchoͤn, Jn einem blauen Topf’ an meinem Fenſter ſtehn. Dieß war, in bluͤhender Vollkommenheit, Ein Tuberoſen-Topf’; wovon der Glantz, die Zier, Die praͤchtige Figur, der Blaͤtter Silber, mir Sehr viel zu ſehn, und mehr noch zu bewundern gab. Die Bluhme zeigt, da ſie ſo zierlich iſt, als praͤchtig, Daß, Der, Der ſie gemacht, ſo liebreich iſt, als maͤchtig. Es kam mir vor, als ob mit ſuͤſſ- und ſanftem Thon Sie dieſes zu mir ſagt’: „ich warte lange ſchon, „Von dir, zu meines Schoͤpfers Ruhme, „Sowol, als manche andre Bluhme, „Beſungen und geruͤhmt zu ſeyn. „Kann denn mein Silber-weiſſer Schein, „Mein zierliches Gewaͤchs, mein Balſam, meine Pracht, „Mein lieblich Laub, mein ſchlancker Stiel, „Die Sternen-foͤrmige Figur nicht deinen Kiel, „Mich abzubilden, zu beſchreiben, „Und GOTTES Wunder-Hand in mir zu preiſen, trei- ben? „Ach! laß mich nicht uͤmſonſt verbluͤhn! „Ach! laß mich dich zu Deſſen Lobe ziehn, Der A a 2
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Die Tuberoſe.
Die Tuberoſe.
Juͤngſt trat ich in mein Schlaf-Gemach,
Und ſtutzte faſt, als ein gar ſtrenger Dufft
Von einer faſt ambrirten Lufft,
Als wie im Schwall, mir recht entgegen brach.
Jch ſucht’, und fand ſo gleich von dieſer Lieblichkeit
Die Quelle, die ſo ſuͤß, als ſchoͤn,
Jn einem blauen Topf’ an meinem Fenſter ſtehn.
Dieß war, in bluͤhender Vollkommenheit,
Ein Tuberoſen-Topf’; wovon der Glantz, die Zier,
Die praͤchtige Figur, der Blaͤtter Silber, mir
Sehr viel zu ſehn, und mehr noch zu bewundern gab.
Die Bluhme zeigt, da ſie ſo zierlich iſt, als praͤchtig,
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Es kam mir vor, als ob mit ſuͤſſ- und ſanftem Thon
Sie dieſes zu mir ſagt’: „ich warte lange ſchon,
„Von dir, zu meines Schoͤpfers Ruhme,
„Sowol, als manche andre Bluhme,
„Beſungen und geruͤhmt zu ſeyn.
„Kann denn mein Silber-weiſſer Schein,
„Mein zierliches Gewaͤchs, mein Balſam, meine Pracht,
„Mein lieblich Laub, mein ſchlancker Stiel,
„Die Sternen-foͤrmige Figur nicht deinen Kiel,
„Mich abzubilden, zu beſchreiben,
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ben?
„Ach! laß mich nicht uͤmſonſt verbluͤhn!
„Ach! laß mich dich zu Deſſen Lobe ziehn,
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