Dieß truckne Gras dient anderm Vieh dennoch, Die Euter, die von Milch so überflüssig quillen, Des Tages zweymahl anzufüllen: Womit sich doch Und zwar stat andrer Speis' allein, Viel tausend Menschen-Kinder nehren.
Betrachtete man doch, dem weisen GOTT zu Ehren, Dieß Wunder, welches man sonst leider nicht betrachtet, Und, durch Gewohnheit, kaum des denckens würdig achtet; Man würd, o grosser GOTT, dich weis' und groß zu nennen, Sich nicht ersättigen, sich nicht ermüden können.
Bluhmen.
Hierauf begeb' ich mich in meinem Sinn Nach einem Bluhmen-reichen Garten, Und blühendem Gefild', im dencken, hin.
O welch ein Schmeltz! wie viele Arten Von schönen Farben! welche Menge! Und auch zugleich, o welche Symmetrie! Wie stimmt dieß gläntzende Gepränge, Jn einer süssen Harmonie, Und, in dem bunten Wunder-Schein, Die holde Mischung doch so lieblich überein! Welch eine Schilderey! wer hat die Pracht So unbegreifflich schön gemacht? Mit welchem Uberfluß sind hier die Zierlichkeiten
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genommene Gedancken.
Dieß truckne Gras dient anderm Vieh dennoch, Die Euter, die von Milch ſo uͤberfluͤſſig quillen, Des Tages zweymahl anzufuͤllen: Womit ſich doch Und zwar ſtat andrer Speiſ’ allein, Viel tauſend Menſchen-Kinder nehren.
Betrachtete man doch, dem weiſen GOTT zu Ehren, Dieß Wunder, welches man ſonſt leider nicht betrachtet, Und, durch Gewohnheit, kaum des denckens wuͤrdig achtet; Man wuͤrd, o groſſer GOTT, dich weiſ’ und groß zu nennen, Sich nicht erſaͤttigen, ſich nicht ermuͤden koͤnnen.
Bluhmen.
Hierauf begeb’ ich mich in meinem Sinn Nach einem Bluhmen-reichen Garten, Und bluͤhendem Gefild’, im dencken, hin.
O welch ein Schmeltz! wie viele Arten Von ſchoͤnen Farben! welche Menge! Und auch zugleich, o welche Symmetrie! Wie ſtimmt dieß glaͤntzende Gepraͤnge, Jn einer ſuͤſſen Harmonie, Und, in dem bunten Wunder-Schein, Die holde Miſchung doch ſo lieblich uͤberein! Welch eine Schilderey! wer hat die Pracht So unbegreifflich ſchoͤn gemacht? Mit welchem Uberfluß ſind hier die Zierlichkeiten
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genommene Gedancken.
Dieß truckne Gras dient anderm Vieh dennoch,
Die Euter, die von Milch ſo uͤberfluͤſſig quillen,
Des Tages zweymahl anzufuͤllen:
Womit ſich doch
Und zwar ſtat andrer Speiſ’ allein,
Viel tauſend Menſchen-Kinder nehren.
Betrachtete man doch, dem weiſen GOTT zu Ehren,
Dieß Wunder, welches man ſonſt leider nicht betrachtet,
Und, durch Gewohnheit, kaum des denckens wuͤrdig achtet;
Man wuͤrd, o groſſer GOTT, dich weiſ’ und groß zu
nennen,
Sich nicht erſaͤttigen, ſich nicht ermuͤden koͤnnen.
Bluhmen.
Hierauf begeb’ ich mich in meinem Sinn
Nach einem Bluhmen-reichen Garten,
Und bluͤhendem Gefild’, im dencken, hin.
O welch ein Schmeltz! wie viele Arten
Von ſchoͤnen Farben! welche Menge!
Und auch zugleich, o welche Symmetrie!
Wie ſtimmt dieß glaͤntzende Gepraͤnge,
Jn einer ſuͤſſen Harmonie,
Und, in dem bunten Wunder-Schein,
Die holde Miſchung doch ſo lieblich uͤberein!
Welch eine Schilderey! wer hat die Pracht
So unbegreifflich ſchoͤn gemacht?
Mit welchem Uberfluß ſind hier die Zierlichkeiten
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/305>, abgerufen am 16.02.2025.
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