Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.einer prächtigen Nichtigkeit. Sie weiß in ihrem Schloß von keinem Schatten nicht:Jhr gantz Gebäude steht des Nachts im Silber-Licht; Des Tages kann kein schütternder Brillant, An einer stoltzen Hand, Mit mehr Veränderung von Feur und Farben schimmern, Als wir, in ihren hellen Zimmern, Ein buntes Feur beständig, Wunder-schön Sich ändern, blitzen, glühn, vergehn, Und wiederüm entstehen sehn. Mir fiel, bey des Gespinnstes Schein, Jndem ich seine Pracht erwegte, Und auch zugleich dabey sein Wesen überlegte, Nachfolgende Betrachtung ein: Von Eitelkeit und Stoltz kann auf der Erden Kein besser Sinn-Bild ie gefunden werden, Als wie der bunte Glantz, der Spinneweben schmückt. Die Nichtigkeit, die Daur, und Unbeständigkeit, Wird durch dieß Vorbild recht uatürlich ausgedrückt. Mit Diamanten brüstet sich Ein stoltzer Narr mit Unrecht nur; Da ja die spielende Natur Denselben Schein und Glantz, den eigentlich Ein köstlicher geschätzter Demant heget, Auch Spinneweben eingepräget, Zum Zeichen, daß sie beide Tand. So wie die Fliegen nun der bunte Draht verstrickt, So wird, durch bunten Glantz von Gold und Diamant, Die Menschheit, leider! auch berückt, Und in das Unglücks-Garn getrieben. Kaum
einer praͤchtigen Nichtigkeit. Sie weiß in ihrem Schloß von keinem Schatten nicht:Jhr gantz Gebaͤude ſteht des Nachts im Silber-Licht; Des Tages kann kein ſchuͤtternder Brillant, An einer ſtoltzen Hand, Mit mehr Veraͤnderung von Feur und Farben ſchimmern, Als wir, in ihren hellen Zimmern, Ein buntes Feur beſtaͤndig, Wunder-ſchoͤn Sich aͤndern, blitzen, gluͤhn, vergehn, Und wiederuͤm entſtehen ſehn. Mir fiel, bey des Geſpinnſtes Schein, Jndem ich ſeine Pracht erwegte, Und auch zugleich dabey ſein Weſen uͤberlegte, Nachfolgende Betrachtung ein: Von Eitelkeit und Stoltz kann auf der Erden Kein beſſer Sinn-Bild ie gefunden werden, Als wie der bunte Glantz, der Spinneweben ſchmuͤckt. Die Nichtigkeit, die Daur, und Unbeſtaͤndigkeit, Wird durch dieß Vorbild recht uatuͤrlich ausgedruͤckt. Mit Diamanten bruͤſtet ſich Ein ſtoltzer Narr mit Unrecht nur; Da ja die ſpielende Natur Denſelben Schein und Glantz, den eigentlich Ein koͤſtlicher geſchaͤtzter Demant heget, Auch Spinneweben eingepraͤget, Zum Zeichen, daß ſie beide Tand. So wie die Fliegen nun der bunte Draht verſtrickt, So wird, durch bunten Glantz von Gold und Diamant, Die Menſchheit, leider! auch beruͤckt, Und in das Ungluͤcks-Garn getrieben. Kaum
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="10"> <pb facs="#f0283" n="251"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">einer praͤchtigen Nichtigkeit.</hi> </fw><lb/> <l>Sie weiß in ihrem Schloß von keinem Schatten nicht:</l><lb/> <l>Jhr gantz Gebaͤude ſteht des Nachts im Silber-Licht;</l><lb/> <l>Des Tages kann kein ſchuͤtternder Brillant,</l><lb/> <l>An einer ſtoltzen Hand,</l><lb/> <l>Mit mehr Veraͤnderung von Feur und Farben ſchimmern,</l><lb/> <l>Als wir, in ihren hellen Zimmern,</l><lb/> <l>Ein buntes Feur beſtaͤndig, Wunder-ſchoͤn</l><lb/> <l>Sich aͤndern, blitzen, gluͤhn, vergehn,</l><lb/> <l>Und wiederuͤm entſtehen ſehn.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Mir fiel, bey des Geſpinnſtes Schein,</l><lb/> <l>Jndem ich ſeine Pracht erwegte,</l><lb/> <l>Und auch zugleich dabey ſein Weſen uͤberlegte,</l><lb/> <l>Nachfolgende Betrachtung ein:</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Von Eitelkeit und Stoltz kann auf der Erden</l><lb/> <l>Kein beſſer Sinn-Bild ie gefunden werden,</l><lb/> <l>Als wie der bunte Glantz, der Spinneweben ſchmuͤckt.</l><lb/> <l>Die Nichtigkeit, die Daur, und Unbeſtaͤndigkeit,</l><lb/> <l>Wird durch dieß Vorbild recht uatuͤrlich ausgedruͤckt.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Mit Diamanten bruͤſtet ſich</l><lb/> <l>Ein ſtoltzer Narr mit Unrecht nur;</l><lb/> <l>Da ja die ſpielende Natur</l><lb/> <l>Denſelben Schein und Glantz, den eigentlich</l><lb/> <l>Ein koͤſtlicher geſchaͤtzter Demant heget,</l><lb/> <l>Auch Spinneweben eingepraͤget,</l><lb/> <l>Zum Zeichen, daß ſie beide Tand.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>So wie die Fliegen nun der bunte Draht verſtrickt,</l><lb/> <l>So wird, durch bunten Glantz von Gold und Diamant,</l><lb/> <l>Die Menſchheit, leider! auch beruͤckt,</l><lb/> <l>Und in das Ungluͤcks-Garn getrieben.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Kaum</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [251/0283]
einer praͤchtigen Nichtigkeit.
Sie weiß in ihrem Schloß von keinem Schatten nicht:
Jhr gantz Gebaͤude ſteht des Nachts im Silber-Licht;
Des Tages kann kein ſchuͤtternder Brillant,
An einer ſtoltzen Hand,
Mit mehr Veraͤnderung von Feur und Farben ſchimmern,
Als wir, in ihren hellen Zimmern,
Ein buntes Feur beſtaͤndig, Wunder-ſchoͤn
Sich aͤndern, blitzen, gluͤhn, vergehn,
Und wiederuͤm entſtehen ſehn.
Mir fiel, bey des Geſpinnſtes Schein,
Jndem ich ſeine Pracht erwegte,
Und auch zugleich dabey ſein Weſen uͤberlegte,
Nachfolgende Betrachtung ein:
Von Eitelkeit und Stoltz kann auf der Erden
Kein beſſer Sinn-Bild ie gefunden werden,
Als wie der bunte Glantz, der Spinneweben ſchmuͤckt.
Die Nichtigkeit, die Daur, und Unbeſtaͤndigkeit,
Wird durch dieß Vorbild recht uatuͤrlich ausgedruͤckt.
Mit Diamanten bruͤſtet ſich
Ein ſtoltzer Narr mit Unrecht nur;
Da ja die ſpielende Natur
Denſelben Schein und Glantz, den eigentlich
Ein koͤſtlicher geſchaͤtzter Demant heget,
Auch Spinneweben eingepraͤget,
Zum Zeichen, daß ſie beide Tand.
So wie die Fliegen nun der bunte Draht verſtrickt,
So wird, durch bunten Glantz von Gold und Diamant,
Die Menſchheit, leider! auch beruͤckt,
Und in das Ungluͤcks-Garn getrieben.
Kaum
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |