Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Nützl. Betr. einer prächtigen Nichtigkeit. Nützliche Betrachtung einer prächtigen Nichtigkeit. Jch sahe jüngst, nicht sonder Freude, Ein zier- und künstliches Gebäude, Erhaben in der Lufft an einem Orte stehn, Wo ich vor kurtzer Zeit noch nichts gesehn. Die Regel-recht verfertigte Figur War gantz vollkommen rund: Die Balcken, Wänd' und alles war nicht nur Poliret, glatt, voll Glantz und herrlich bunt; Sie waren, wenn zumahl die Sonne sie bestrahlet, Mit solchen Farben übermahlet, Die mehr als cörperlich. Der Jris buntes Kleid Verlohr bey dieser Pracht den Preiß. An diesen Schein Kann nicht nur kein Opal, mit seiner Lieblichkeit Der spielenden gemischten Farben, reichen; Es muß so gar ein Demant-Stein Der Farben feurigem und bunten Wechsel weichen. Jch sage nicht zu viel, Und kann ich diese Pracht und dieses Farben-Spiel Geliebter Leser, dir gar deutlich zeigen. Was aber meinest du, wer der Bewohner wol Von diesem Pallast sey; wem dieses Lufft-Schloß eigen, Und wer es wol erbaut? Ein Mörder, ein Tyrann, Ein Räuber, welcher nichts als alles würgen kann, Was ihm zu nahe kommt; der unversöhnlich ist, Und der, Lycaon gleich, die Gäste würgt und frisst. Kurtz: Q 4
Nuͤtzl. Betr. einer praͤchtigen Nichtigkeit. Nuͤtzliche Betrachtung einer praͤchtigen Nichtigkeit. Jch ſahe juͤngſt, nicht ſonder Freude, Ein zier- und kuͤnſtliches Gebaͤude, Erhaben in der Lufft an einem Orte ſtehn, Wo ich vor kurtzer Zeit noch nichts geſehn. Die Regel-recht verfertigte Figur War gantz vollkommen rund: Die Balcken, Waͤnd’ und alles war nicht nur Poliret, glatt, voll Glantz und herrlich bunt; Sie waren, wenn zumahl die Sonne ſie beſtrahlet, Mit ſolchen Farben uͤbermahlet, Die mehr als coͤrperlich. Der Jris buntes Kleid Verlohr bey dieſer Pracht den Preiß. An dieſen Schein Kann nicht nur kein Opal, mit ſeiner Lieblichkeit Der ſpielenden gemiſchten Farben, reichen; Es muß ſo gar ein Demant-Stein Der Farben feurigem und bunten Wechſel weichen. Jch ſage nicht zu viel, Und kann ich dieſe Pracht und dieſes Farben-Spiel Geliebter Leſer, dir gar deutlich zeigen. Was aber meineſt du, wer der Bewohner wol Von dieſem Pallaſt ſey; wem dieſes Lufft-Schloß eigen, Und wer es wol erbaut? Ein Moͤrder, ein Tyrann, Ein Raͤuber, welcher nichts als alles wuͤrgen kann, Was ihm zu nahe kommt; der unverſoͤhnlich iſt, Und der, Lycaon gleich, die Gaͤſte wuͤrgt und friſſt. Kurtz: Q 4
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Nuͤtzl. Betr. einer praͤchtigen Nichtigkeit.
Nuͤtzliche Betrachtung einer praͤchtigen
Nichtigkeit.
Jch ſahe juͤngſt, nicht ſonder Freude,
Ein zier- und kuͤnſtliches Gebaͤude,
Erhaben in der Lufft an einem Orte ſtehn,
Wo ich vor kurtzer Zeit noch nichts geſehn.
Die Regel-recht verfertigte Figur
War gantz vollkommen rund:
Die Balcken, Waͤnd’ und alles war nicht nur
Poliret, glatt, voll Glantz und herrlich bunt;
Sie waren, wenn zumahl die Sonne ſie beſtrahlet,
Mit ſolchen Farben uͤbermahlet,
Die mehr als coͤrperlich. Der Jris buntes Kleid
Verlohr bey dieſer Pracht den Preiß. An dieſen Schein
Kann nicht nur kein Opal, mit ſeiner Lieblichkeit
Der ſpielenden gemiſchten Farben, reichen;
Es muß ſo gar ein Demant-Stein
Der Farben feurigem und bunten Wechſel weichen.
Jch ſage nicht zu viel,
Und kann ich dieſe Pracht und dieſes Farben-Spiel
Geliebter Leſer, dir gar deutlich zeigen.
Was aber meineſt du, wer der Bewohner wol
Von dieſem Pallaſt ſey; wem dieſes Lufft-Schloß eigen,
Und wer es wol erbaut? Ein Moͤrder, ein Tyrann,
Ein Raͤuber, welcher nichts als alles wuͤrgen kann,
Was ihm zu nahe kommt; der unverſoͤhnlich iſt,
Und der, Lycaon gleich, die Gaͤſte wuͤrgt und friſſt.
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Q 4
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