Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Mond-Schein. Mond-Schein. (*) Wann wir, in einer stillen Nacht, bey heitrer Luft, von Monden-Schein, Und dessen sanftem Licht beflossen, bestrahlet und erleuchtet seyn, Gedenckt man, (ob gleich, leider! selten) wol an den Mond, und sieht ihn an, Blickt in den reinen Silber-Kreis, und zieht darauf den kur- tzen Blick, Mit einer kalten Lässigkeit, die bald sich satt gesehn, zurück: Spricht auch noch wol: wie scheint der Mond so hell, so angenehm, so schön! Allein, wie wenig sind doch derer, die ihres geistigen Gesichts Vernünftgen Blick hinaufwärts schicken, und zu dem Ur- sprung dieses Lichts, Zur Sonnen, als dem wahren Licht, die fröhlichen Gedan- cken lencken! Die, daß der Mond kein Licht besitze, und daß, wenn sie im Mond-Schein gehn, Sie in dem wahren Sonnen-Schein spatziren; fassen und verstehn! Ja wie viel minder sind noch derer, die, voller Andacht, ferner dencken Auf Den, wovon die Sonn' ihr Licht, so wie der Mond von ihr, erlangt; Der einzig, ewig unerschaffen, im Licht, das undurchdringlich, prangt; Und die Jhm ein gerührtes Hertz, für Sein Geschöpf, zum Opfer schencken! Trost (*) Noch andere Betrachtungen des Mond-Scheins siehe p. 84. Q 3
Mond-Schein. Mond-Schein. (*) Wann wir, in einer ſtillen Nacht, bey heitrer Luft, von Monden-Schein, Und deſſen ſanftem Licht befloſſen, beſtrahlet und erleuchtet ſeyn, Gedenckt man, (ob gleich, leider! ſelten) wol an den Mond, und ſieht ihn an, Blickt in den reinen Silber-Kreis, und zieht darauf den kur- tzen Blick, Mit einer kalten Laͤſſigkeit, die bald ſich ſatt geſehn, zuruͤck: Spricht auch noch wol: wie ſcheint der Mond ſo hell, ſo angenehm, ſo ſchoͤn! Allein, wie wenig ſind doch derer, die ihres geiſtigen Geſichts Vernuͤnftgen Blick hinaufwaͤrts ſchicken, und zu dem Ur- ſprung dieſes Lichts, Zur Sonnen, als dem wahren Licht, die froͤhlichen Gedan- cken lencken! Die, daß der Mond kein Licht beſitze, und daß, wenn ſie im Mond-Schein gehn, Sie in dem wahren Sonnen-Schein ſpatziren; faſſen und verſtehn! Ja wie viel minder ſind noch derer, die, voller Andacht, ferner dencken Auf Den, wovon die Sonn’ ihr Licht, ſo wie der Mond von ihr, erlangt; Der einzig, ewig unerſchaffen, im Licht, das undurchdringlich, prangt; Und die Jhm ein geruͤhrtes Hertz, fuͤr Sein Geſchoͤpf, zum Opfer ſchencken! Troſt (*) Noch andere Betrachtungen des Mond-Scheins ſiehe p. 84. Q 3
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Mond-Schein.
Mond-Schein. (*)
Wann wir, in einer ſtillen Nacht, bey heitrer Luft, von
Monden-Schein,
Und deſſen ſanftem Licht befloſſen, beſtrahlet und erleuchtet
ſeyn,
Gedenckt man, (ob gleich, leider! ſelten) wol an den Mond,
und ſieht ihn an,
Blickt in den reinen Silber-Kreis, und zieht darauf den kur-
tzen Blick,
Mit einer kalten Laͤſſigkeit, die bald ſich ſatt geſehn, zuruͤck:
Spricht auch noch wol: wie ſcheint der Mond ſo hell, ſo
angenehm, ſo ſchoͤn!
Allein, wie wenig ſind doch derer, die ihres geiſtigen
Geſichts
Vernuͤnftgen Blick hinaufwaͤrts ſchicken, und zu dem Ur-
ſprung dieſes Lichts,
Zur Sonnen, als dem wahren Licht, die froͤhlichen Gedan-
cken lencken!
Die, daß der Mond kein Licht beſitze, und daß, wenn ſie im
Mond-Schein gehn,
Sie in dem wahren Sonnen-Schein ſpatziren; faſſen und
verſtehn!
Ja wie viel minder ſind noch derer, die, voller Andacht,
ferner dencken
Auf Den, wovon die Sonn’ ihr Licht, ſo wie der Mond von
ihr, erlangt;
Der einzig, ewig unerſchaffen, im Licht, das undurchdringlich,
prangt;
Und die Jhm ein geruͤhrtes Hertz, fuͤr Sein Geſchoͤpf, zum
Opfer ſchencken!
Troſt
(*) Noch andere Betrachtungen des Mond-Scheins ſiehe p. 84.
Q 3
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