Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Rothe Glas-Scheibe.
Rothe Glas-Scheibe.
Wann mein ausgeklärter Blick über grüne Wiesen
schiesset,

Welche mit belaubten Bäumen hin und wieder ausge-
schmückt,

Sonderlich, wann ihre Schönheit von der Sonnen ange-
blickt,

Und das durch derselben Pracht ein sich schlängelnd Bächlein
fliesset.

Das den himmlischen Saphir, hin und wieder schön ver-
güldet,

Durch der Wolcken Gegen-Schlag, als im glatten Spiegel,
bildet,

Scheints, daß sich der Erden Pracht mit der Himmels-Pracht
verbinde.
Diese Schönheit stellt sich mir
Als ein herrliches Spectackel, und als einen Schau-Platz, für,
Welcher von des Schöpfers Hand, auf uns unbekannte
Weise,

Uns zur Anmuth, Jhm zum Preise,
Wunderbarlich vorgestellt.
Als ich jüngst mich dergestalt an der schönen Welt
vergnügte,

Und, zu meiner Augen-Lust, ein GOTT schuldigs dancken
fügte;

Sah' ich dieser Landschafft Pracht, durch ein rothes Scheibgen
Glas,

Mit Erstaunen, mit Vergnügen, aber halb mit Schrecken, an.
Alles Grüne war dahin, roth war alles Laub und Gras,
Hügel, Thäler, Wasser, Wälder,
Aecker, Häuser, Gärten, Felder.
Him-
Rothe Glas-Scheibe.
Rothe Glas-Scheibe.
Wann mein ausgeklaͤrter Blick uͤber gruͤne Wieſen
ſchieſſet,

Welche mit belaubten Baͤumen hin und wieder ausge-
ſchmuͤckt,

Sonderlich, wann ihre Schoͤnheit von der Sonnen ange-
blickt,

Und das durch derſelben Pracht ein ſich ſchlaͤngelnd Baͤchlein
flieſſet.

Das den himmliſchen Saphir, hin und wieder ſchoͤn ver-
guͤldet,

Durch der Wolcken Gegen-Schlag, als im glatten Spiegel,
bildet,

Scheints, daß ſich der Erden Pracht mit der Himmels-Pracht
verbinde.
Dieſe Schoͤnheit ſtellt ſich mir
Als ein herrliches Spectackel, und als einen Schau-Platz, fuͤr,
Welcher von des Schoͤpfers Hand, auf uns unbekannte
Weiſe,

Uns zur Anmuth, Jhm zum Preiſe,
Wunderbarlich vorgeſtellt.
Als ich juͤngſt mich dergeſtalt an der ſchoͤnen Welt
vergnuͤgte,

Und, zu meiner Augen-Luſt, ein GOTT ſchuldigs dancken
fuͤgte;

Sah’ ich dieſer Landſchafft Pracht, durch ein rothes Scheibgen
Glas,

Mit Erſtaunen, mit Vergnuͤgen, aber halb mit Schrecken, an.
Alles Gruͤne war dahin, roth war alles Laub und Gras,
Huͤgel, Thaͤler, Waſſer, Waͤlder,
Aecker, Haͤuſer, Gaͤrten, Felder.
Him-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0237" n="205"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Rothe Glas-Scheibe.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Rothe Glas-Scheibe.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>ann mein ausgekla&#x0364;rter Blick u&#x0364;ber gru&#x0364;ne Wie&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;et,</hi></l><lb/>
              <l>Welche mit belaubten Ba&#x0364;umen hin und wieder ausge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chmu&#x0364;ckt,</hi></l><lb/>
              <l>Sonderlich, wann ihre Scho&#x0364;nheit von der Sonnen ange-<lb/><hi rendition="#et">blickt,</hi></l><lb/>
              <l>Und das durch der&#x017F;elben Pracht ein &#x017F;ich &#x017F;chla&#x0364;ngelnd Ba&#x0364;chlein<lb/><hi rendition="#et">flie&#x017F;&#x017F;et.</hi></l><lb/>
              <l>Das den himmli&#x017F;chen Saphir, hin und wieder &#x017F;cho&#x0364;n ver-<lb/><hi rendition="#et">gu&#x0364;ldet,</hi></l><lb/>
              <l>Durch der Wolcken Gegen-Schlag, als im glatten Spiegel,<lb/><hi rendition="#et">bildet,</hi></l><lb/>
              <l>Scheints, daß &#x017F;ich der Erden Pracht mit der Himmels-Pracht<lb/><hi rendition="#et">verbinde.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die&#x017F;e Scho&#x0364;nheit &#x017F;tellt &#x017F;ich mir</l><lb/>
              <l>Als ein herrliches Spectackel, und als einen Schau-Platz, fu&#x0364;r,</l><lb/>
              <l>Welcher von des Scho&#x0364;pfers Hand, auf uns unbekannte<lb/><hi rendition="#et">Wei&#x017F;e,</hi></l><lb/>
              <l>Uns zur Anmuth, Jhm zum Prei&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Wunderbarlich vorge&#x017F;tellt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Als ich ju&#x0364;ng&#x017F;t mich derge&#x017F;talt an der &#x017F;cho&#x0364;nen Welt<lb/><hi rendition="#et">vergnu&#x0364;gte,</hi></l><lb/>
              <l>Und, zu meiner Augen-Lu&#x017F;t, ein <hi rendition="#g">GOTT</hi> &#x017F;chuldigs dancken<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;gte;</hi></l><lb/>
              <l>Sah&#x2019; ich die&#x017F;er Land&#x017F;chafft Pracht, durch ein rothes Scheibgen<lb/><hi rendition="#et">Glas,</hi></l><lb/>
              <l>Mit Er&#x017F;taunen, mit Vergnu&#x0364;gen, aber halb mit Schrecken, an.</l><lb/>
              <l>Alles Gru&#x0364;ne war dahin, roth war alles Laub und Gras,</l><lb/>
              <l>Hu&#x0364;gel, Tha&#x0364;ler, Wa&#x017F;&#x017F;er, Wa&#x0364;lder,</l><lb/>
              <l>Aecker, Ha&#x0364;u&#x017F;er, Ga&#x0364;rten, Felder.</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Him-</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0237] Rothe Glas-Scheibe. Rothe Glas-Scheibe. Wann mein ausgeklaͤrter Blick uͤber gruͤne Wieſen ſchieſſet, Welche mit belaubten Baͤumen hin und wieder ausge- ſchmuͤckt, Sonderlich, wann ihre Schoͤnheit von der Sonnen ange- blickt, Und das durch derſelben Pracht ein ſich ſchlaͤngelnd Baͤchlein flieſſet. Das den himmliſchen Saphir, hin und wieder ſchoͤn ver- guͤldet, Durch der Wolcken Gegen-Schlag, als im glatten Spiegel, bildet, Scheints, daß ſich der Erden Pracht mit der Himmels-Pracht verbinde. Dieſe Schoͤnheit ſtellt ſich mir Als ein herrliches Spectackel, und als einen Schau-Platz, fuͤr, Welcher von des Schoͤpfers Hand, auf uns unbekannte Weiſe, Uns zur Anmuth, Jhm zum Preiſe, Wunderbarlich vorgeſtellt. Als ich juͤngſt mich dergeſtalt an der ſchoͤnen Welt vergnuͤgte, Und, zu meiner Augen-Luſt, ein GOTT ſchuldigs dancken fuͤgte; Sah’ ich dieſer Landſchafft Pracht, durch ein rothes Scheibgen Glas, Mit Erſtaunen, mit Vergnuͤgen, aber halb mit Schrecken, an. Alles Gruͤne war dahin, roth war alles Laub und Gras, Huͤgel, Thaͤler, Waſſer, Waͤlder, Aecker, Haͤuſer, Gaͤrten, Felder. Him-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/237
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/237>, abgerufen am 23.11.2024.