Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Traum-Gesicht. Zum riechen scheint iedoch derselbigen NaturAbsonderlich gemacht: Das zeiget ihr Gesicht, Und giebt von ihrer Art Bericht. Sechs Nasen haben sie: Zwo, wo die Augen sitzen, Die eine, wo der Mund, und zwo dergleichen Spitzen Sind an der Ohren Stat. Wie ungewohnt es scheint, so find' ich in der That, Welch' eine Zierlichkeit und Gleichheit in den Theilen Dieß Wunder von Geschöpfen hat. Die Augen brauchen sie, aus Mangel von dem Licht, Auch weil sie durch der Cörper Weichheit nicht Verletzbar, gleichfalls nicht: imgleichen ist der Ohren Gebrauch und Lust für sie verlohren. Hier schallt und thönet nichts. Nur bloß ein sanstes Hauchen Vernimmt man hie und da. Sie schwebten, wie ich sah', Gelassen, einig, voll Zufriedenheit, Jn Schaaren, recht wie Bienen fliegen, Und funden, in der Blüht' und Bluhmen Lieblichkeit, Ein unausdrückliches Vergnügen. Vor inniglicher Lust und süssem Sehnen, Wann ihnen ein Geruch recht in ihr Jnners drunge, Sah man an ihnen offt die Brust und Lunge Sich wölben und sich dehnen. Mit Händen waren sie versehen, Die, wie der Schnee, so weiß. Mit diesen gaben sie gantz deutlich zu verstehen, Da sie sie falteten, und an die Brust Für unaussprechlich süsser Lust, Sie N 2
Traum-Geſicht. Zum riechen ſcheint iedoch derſelbigen NaturAbſonderlich gemacht: Das zeiget ihr Geſicht, Und giebt von ihrer Art Bericht. Sechs Naſen haben ſie: Zwo, wo die Augen ſitzen, Die eine, wo der Mund, und zwo dergleichen Spitzen Sind an der Ohren Stat. Wie ungewohnt es ſcheint, ſo find’ ich in der That, Welch’ eine Zierlichkeit und Gleichheit in den Theilen Dieß Wunder von Geſchoͤpfen hat. Die Augen brauchen ſie, aus Mangel von dem Licht, Auch weil ſie durch der Coͤrper Weichheit nicht Verletzbar, gleichfalls nicht: imgleichen iſt der Ohren Gebrauch und Luſt fuͤr ſie verlohren. Hier ſchallt und thoͤnet nichts. Nur bloß ein ſanſtes Hauchen Vernimmt man hie und da. Sie ſchwebten, wie ich ſah’, Gelaſſen, einig, voll Zufriedenheit, Jn Schaaren, recht wie Bienen fliegen, Und funden, in der Bluͤht’ und Bluhmen Lieblichkeit, Ein unausdruͤckliches Vergnuͤgen. Vor inniglicher Luſt und ſuͤſſem Sehnen, Wann ihnen ein Geruch recht in ihr Jnners drunge, Sah man an ihnen offt die Bruſt und Lunge Sich woͤlben und ſich dehnen. Mit Haͤnden waren ſie verſehen, Die, wie der Schnee, ſo weiß. Mit dieſen gaben ſie gantz deutlich zu verſtehen, Da ſie ſie falteten, und an die Bruſt Fuͤr unausſprechlich ſuͤſſer Luſt, Sie N 2
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Traum-Geſicht.
Zum riechen ſcheint iedoch derſelbigen Natur
Abſonderlich gemacht: Das zeiget ihr Geſicht,
Und giebt von ihrer Art Bericht.
Sechs Naſen haben ſie: Zwo, wo die Augen ſitzen,
Die eine, wo der Mund, und zwo dergleichen Spitzen
Sind an der Ohren Stat.
Wie ungewohnt es ſcheint, ſo find’ ich in der That,
Welch’ eine Zierlichkeit und Gleichheit in den Theilen
Dieß Wunder von Geſchoͤpfen hat.
Die Augen brauchen ſie, aus Mangel von dem Licht,
Auch weil ſie durch der Coͤrper Weichheit nicht
Verletzbar, gleichfalls nicht: imgleichen iſt der Ohren
Gebrauch und Luſt fuͤr ſie verlohren.
Hier ſchallt und thoͤnet nichts. Nur bloß ein ſanſtes
Hauchen
Vernimmt man hie und da.
Sie ſchwebten, wie ich ſah’,
Gelaſſen, einig, voll Zufriedenheit,
Jn Schaaren, recht wie Bienen fliegen,
Und funden, in der Bluͤht’ und Bluhmen Lieblichkeit,
Ein unausdruͤckliches Vergnuͤgen.
Vor inniglicher Luſt und ſuͤſſem Sehnen,
Wann ihnen ein Geruch recht in ihr Jnners drunge,
Sah man an ihnen offt die Bruſt und Lunge
Sich woͤlben und ſich dehnen.
Mit Haͤnden waren ſie verſehen,
Die, wie der Schnee, ſo weiß.
Mit dieſen gaben ſie gantz deutlich zu verſtehen,
Da ſie ſie falteten, und an die Bruſt
Fuͤr unausſprechlich ſuͤſſer Luſt,
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