Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Erdbeeren-Land.
Kaum kann die strenge Lieblichkeit
Von blühenden Orange-Sträuchen
Den angewürtzten Düfften gleichen.

Erweget doch, mit Danck, und mit Zufriedenheit,
Jhr Bürger Hamburgs, die ihr hier
Die holden Düffte riecht, die ihr der Felder Zier,
Pracht, Schmuck und Anmuth seht, die ihr die süssen
Früchte,

Und mancherley daraus bereitete Gerichte
Jm Uberfluß geniesst. Kommt, lasst uns doch den Segen
Nur erst mit Lust geniessen, dann erwegen,
Daß GOTT sie wachsen lässt, daß GOTT sie uns ge-
schenckt,

Und daß Er nichts dafür verlangt, als eine Brust,
Die durch Empfindlichkeit zur Lust,
Und durch die Lust gereitzet und getrieben,
Den, der es schafft und schenckt, zu ehren und zu lieben.
So wenig ists, was Er für so viel Gaben
Von uns verlangt zu haben.
Ja wenn mans recht erwegt, so will Er nichts für Sich:
Denn unsre Lust ist eigentlich
Dasjenige, woran Er sich (o grosse Lieb!) ergetzet;
Jndem Er unsre Freud' als Seine Freude schätzet.
Ach! lasst uns denn mit Freuden uns bestreben,
Mit unsrer Sinnen Krafft, im frölichen empfinden,
Das dencken zu verbinden!
So werden wir mit Lust nach Seinem Willen leben.
Kaum hatten wir
Von diesem holden Lust-Revier
Den

Das Erdbeeren-Land.
Kaum kann die ſtrenge Lieblichkeit
Von bluͤhenden Orange-Straͤuchen
Den angewuͤrtzten Duͤfften gleichen.

Erweget doch, mit Danck, und mit Zufriedenheit,
Jhr Buͤrger Hamburgs, die ihr hier
Die holden Duͤffte riecht, die ihr der Felder Zier,
Pracht, Schmuck und Anmuth ſeht, die ihr die ſuͤſſen
Fruͤchte,

Und mancherley daraus bereitete Gerichte
Jm Uberfluß genieſſt. Kommt, laſſt uns doch den Segen
Nur erſt mit Luſt genieſſen, dann erwegen,
Daß GOTT ſie wachſen laͤſſt, daß GOTT ſie uns ge-
ſchenckt,

Und daß Er nichts dafuͤr verlangt, als eine Bruſt,
Die durch Empfindlichkeit zur Luſt,
Und durch die Luſt gereitzet und getrieben,
Den, der es ſchafft und ſchenckt, zu ehren und zu lieben.
So wenig iſts, was Er fuͤr ſo viel Gaben
Von uns verlangt zu haben.
Ja wenn mans recht erwegt, ſo will Er nichts fuͤr Sich:
Denn unſre Luſt iſt eigentlich
Dasjenige, woran Er ſich (o groſſe Lieb!) ergetzet;
Jndem Er unſre Freud’ als Seine Freude ſchaͤtzet.
Ach! laſſt uns denn mit Freuden uns beſtreben,
Mit unſrer Sinnen Krafft, im froͤlichen empfinden,
Das dencken zu verbinden!
So werden wir mit Luſt nach Seinem Willen leben.
Kaum hatten wir
Von dieſem holden Luſt-Revier
Den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="5">
              <pb facs="#f0214" n="182"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Erdbeeren-Land.</hi> </fw><lb/>
              <l>Kaum kann die &#x017F;trenge Lieblichkeit</l><lb/>
              <l>Von blu&#x0364;henden Orange-Stra&#x0364;uchen</l><lb/>
              <l>Den angewu&#x0364;rtzten Du&#x0364;fften gleichen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Erweget doch, mit Danck, und mit Zufriedenheit,</l><lb/>
              <l>Jhr Bu&#x0364;rger Hamburgs, die ihr hier</l><lb/>
              <l>Die holden Du&#x0364;ffte riecht, die ihr der Felder Zier,</l><lb/>
              <l>Pracht, Schmuck und Anmuth &#x017F;eht, die ihr die &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">Fru&#x0364;chte,</hi></l><lb/>
              <l>Und mancherley daraus bereitete Gerichte</l><lb/>
              <l>Jm Uberfluß genie&#x017F;&#x017F;t. Kommt, la&#x017F;&#x017F;t uns doch den Segen</l><lb/>
              <l>Nur er&#x017F;t mit Lu&#x017F;t genie&#x017F;&#x017F;en, dann erwegen,</l><lb/>
              <l>Daß GOTT &#x017F;ie wach&#x017F;en la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t, daß GOTT &#x017F;ie uns ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chenckt,</hi></l><lb/>
              <l>Und daß Er nichts dafu&#x0364;r verlangt, als eine Bru&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Die durch Empfindlichkeit zur Lu&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Und durch die Lu&#x017F;t gereitzet und getrieben,</l><lb/>
              <l>Den, der es &#x017F;chafft und &#x017F;chenckt, zu ehren und zu lieben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>So wenig i&#x017F;ts, was Er fu&#x0364;r &#x017F;o viel Gaben</l><lb/>
              <l>Von uns verlangt zu haben.</l><lb/>
              <l>Ja wenn mans recht erwegt, &#x017F;o will Er nichts fu&#x0364;r Sich:</l><lb/>
              <l>Denn un&#x017F;re Lu&#x017F;t i&#x017F;t eigentlich</l><lb/>
              <l>Dasjenige, woran Er &#x017F;ich (o gro&#x017F;&#x017F;e Lieb!) ergetzet;</l><lb/>
              <l>Jndem Er un&#x017F;re Freud&#x2019; als Seine Freude &#x017F;cha&#x0364;tzet.</l><lb/>
              <l>Ach! la&#x017F;&#x017F;t uns denn mit Freuden uns be&#x017F;treben,</l><lb/>
              <l>Mit un&#x017F;rer Sinnen Krafft, im fro&#x0364;lichen empfinden,</l><lb/>
              <l>Das dencken zu verbinden!</l><lb/>
              <l>So werden wir mit Lu&#x017F;t nach Seinem Willen leben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Kaum hatten wir</l><lb/>
              <l>Von die&#x017F;em holden Lu&#x017F;t-Revier</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0214] Das Erdbeeren-Land. Kaum kann die ſtrenge Lieblichkeit Von bluͤhenden Orange-Straͤuchen Den angewuͤrtzten Duͤfften gleichen. Erweget doch, mit Danck, und mit Zufriedenheit, Jhr Buͤrger Hamburgs, die ihr hier Die holden Duͤffte riecht, die ihr der Felder Zier, Pracht, Schmuck und Anmuth ſeht, die ihr die ſuͤſſen Fruͤchte, Und mancherley daraus bereitete Gerichte Jm Uberfluß genieſſt. Kommt, laſſt uns doch den Segen Nur erſt mit Luſt genieſſen, dann erwegen, Daß GOTT ſie wachſen laͤſſt, daß GOTT ſie uns ge- ſchenckt, Und daß Er nichts dafuͤr verlangt, als eine Bruſt, Die durch Empfindlichkeit zur Luſt, Und durch die Luſt gereitzet und getrieben, Den, der es ſchafft und ſchenckt, zu ehren und zu lieben. So wenig iſts, was Er fuͤr ſo viel Gaben Von uns verlangt zu haben. Ja wenn mans recht erwegt, ſo will Er nichts fuͤr Sich: Denn unſre Luſt iſt eigentlich Dasjenige, woran Er ſich (o groſſe Lieb!) ergetzet; Jndem Er unſre Freud’ als Seine Freude ſchaͤtzet. Ach! laſſt uns denn mit Freuden uns beſtreben, Mit unſrer Sinnen Krafft, im froͤlichen empfinden, Das dencken zu verbinden! So werden wir mit Luſt nach Seinem Willen leben. Kaum hatten wir Von dieſem holden Luſt-Revier Den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/214
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/214>, abgerufen am 25.11.2024.