Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Vergnügliche Betrachtung Und uns neue Lust verschaffen: Jn dem wallen, in demschweben, Scheinen sie nicht leblos mehr, sondern in der That zu leben. Jhr so süß Geräusch und Lispeln, welches uns so wol gefällt, Sollt uns alle billig reitzen, ihrem und dem HERRN der Welt Durch ein lieblichs Lob-Gethöne, und ein Jhm gefälligs Leben Uns, so wie sie uns gefallen, zu gefallen, zu bestreben. Wie so herrlich ist das Licht, wie ist es so Wunder-schön, Durch der Blätter grüne Schatten noch verschönert, an- zusehn! Grünliche Parteyen Licht, grünliche Parteyen Schatten Sieht man hier zertheilet gläntzen, bald vereinet dort sich gatten: Bald sieht man bey dunckel grünen, helle Lichterchen sich fügen, Bald auf gelblich grünen Stellen, dunckle Schatten-Blätte liegen. Jn der Sonnen güldnen Strahlen, scheinen bey entwölckten Wetter Grün und Silber angestrahlte, grün und Gold durchstrahl te Blätter. Höchst erfreut erblicket man, wie des schönen Tages Prach[t] Gleichsam sich im Baum vermählet mit der allerschönste[n] Nacht. Hier erblickt man auf den Blättern, die sich drehn, auch ab[-] wärts hangen, Mehr das Licht auf einer Stell', als auf einer andern prangen, Ein
Vergnuͤgliche Betrachtung Und uns neue Luſt verſchaffen: Jn dem wallen, in demſchweben, Scheinen ſie nicht leblos mehr, ſondern in der That zu leben. Jhr ſo ſuͤß Geraͤuſch und Liſpeln, welches uns ſo wol gefaͤllt, Sollt uns alle billig reitzen, ihrem und dem HERRN der Welt Durch ein lieblichs Lob-Gethoͤne, und ein Jhm gefaͤlligs Leben Uns, ſo wie ſie uns gefallen, zu gefallen, zu beſtreben. Wie ſo herrlich iſt das Licht, wie iſt es ſo Wunder-ſchoͤn, Durch der Blaͤtter gruͤne Schatten noch verſchoͤnert, an- zuſehn! Gruͤnliche Parteyen Licht, gruͤnliche Parteyen Schatten Sieht man hier zertheilet glaͤntzen, bald vereinet dort ſich gatten: Bald ſieht man bey dunckel gruͤnen, helle Lichterchen ſich fuͤgen, Bald auf gelblich gruͤnen Stellen, dunckle Schatten-Blaͤtte liegen. Jn der Sonnen guͤldnen Strahlen, ſcheinen bey entwoͤlckten Wetter Gruͤn und Silber angeſtrahlte, gruͤn und Gold durchſtrahl te Blaͤtter. Hoͤchſt erfreut erblicket man, wie des ſchoͤnen Tages Prach[t] Gleichſam ſich im Baum vermaͤhlet mit der allerſchoͤnſte[n] Nacht. Hier erblickt man auf den Blaͤttern, die ſich drehn, auch ab[-] waͤrts hangen, Mehr das Licht auf einer Stell’, als auf einer andern prangen, Ein
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Vergnuͤgliche Betrachtung
Und uns neue Luſt verſchaffen: Jn dem wallen, in dem
ſchweben,
Scheinen ſie nicht leblos mehr, ſondern in der That zu leben.
Jhr ſo ſuͤß Geraͤuſch und Liſpeln, welches uns ſo wol gefaͤllt,
Sollt uns alle billig reitzen, ihrem und dem HERRN der
Welt
Durch ein lieblichs Lob-Gethoͤne, und ein Jhm gefaͤlligs
Leben
Uns, ſo wie ſie uns gefallen, zu gefallen, zu beſtreben.
Wie ſo herrlich iſt das Licht, wie iſt es ſo Wunder-ſchoͤn,
Durch der Blaͤtter gruͤne Schatten noch verſchoͤnert, an-
zuſehn!
Gruͤnliche Parteyen Licht, gruͤnliche Parteyen Schatten
Sieht man hier zertheilet glaͤntzen, bald vereinet dort ſich
gatten:
Bald ſieht man bey dunckel gruͤnen, helle Lichterchen ſich
fuͤgen,
Bald auf gelblich gruͤnen Stellen, dunckle Schatten-Blaͤtte
liegen.
Jn der Sonnen guͤldnen Strahlen, ſcheinen bey entwoͤlckten
Wetter
Gruͤn und Silber angeſtrahlte, gruͤn und Gold durchſtrahl
te Blaͤtter.
Hoͤchſt erfreut erblicket man, wie des ſchoͤnen Tages Pracht
Gleichſam ſich im Baum vermaͤhlet mit der allerſchoͤnſten
Nacht.
Hier erblickt man auf den Blaͤttern, die ſich drehn, auch ab-
waͤrts hangen,
Mehr das Licht auf einer Stell’, als auf einer andern
prangen,
Ein
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