Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Frosch.
Der Frosch.
Nachdem ich jüngst zur holden Frühlings-Zeit,
Auf einer Wiese mich befand,
Und nah' an einem Graben stand,
Bewundert' ich des Wassers Reinigkeit.
Des tieffen Grabens klar-nunmehr enteis'tes Raß
Stand rings umher mit Gras und Klee bekräntzet,
Durch dessen grünen Schein es nicht nur lieblich gläntzet;
Es war durchsichtig, wie ein Glas:
So daß mein Blick in dieses Grabens Tieffe
Gantz ungehemmet sanck, und, recht als wenn er leer,
Und gar kein Wasser drinnen wär',
Mit Anmuth hin und wieder lieffe,
Bald bunte glatte Stein' auf weissem Sand' entdeckte,
Bald junges Kraut, das hie und da
Die zarten Spitzen aufwärts streckte,
Nebst grünen Mooß und frischen Binsen sah.
Jndem ich nun dadurch gerühret, stand,
Und von der Frühlings-Pracht ein inniges Vergnügen
Auf dieser glatten Fluth empfand;
Sah ich ein halb geformt, halb Form-los Etwas liegen,
Das einem grauen Stein, an Farb' |und Bildung, glich.
Kaum daß ich ihn mit Ernst und Fleiß besehe,
Fängt der vermeinte Stein sich an zu regen,
Begiebt sich allgemach, doch langsam, in die Höhe
Und kommt, mit wenigem Bewegen,
Ein Frosch bis auf des Wassers Fläche.
Hier schien er, für das helle Licht
Und aller Frühlings-Pracht, zu stutzen,
Lag
F 4
Der Froſch.
Der Froſch.
Nachdem ich juͤngſt zur holden Fruͤhlings-Zeit,
Auf einer Wieſe mich befand,
Und nah’ an einem Graben ſtand,
Bewundert’ ich des Waſſers Reinigkeit.
Des tieffen Grabens klar-nunmehr enteiſ’tes Raß
Stand rings umher mit Gras und Klee bekraͤntzet,
Durch deſſen gruͤnen Schein es nicht nur lieblich glaͤntzet;
Es war durchſichtig, wie ein Glas:
So daß mein Blick in dieſes Grabens Tieffe
Gantz ungehemmet ſanck, und, recht als wenn er leer,
Und gar kein Waſſer drinnen waͤr’,
Mit Anmuth hin und wieder lieffe,
Bald bunte glatte Stein’ auf weiſſem Sand’ entdeckte,
Bald junges Kraut, das hie und da
Die zarten Spitzen aufwaͤrts ſtreckte,
Nebſt gruͤnen Mooß und friſchen Binſen ſah.
Jndem ich nun dadurch geruͤhret, ſtand,
Und von der Fruͤhlings-Pracht ein inniges Vergnuͤgen
Auf dieſer glatten Fluth empfand;
Sah ich ein halb geformt, halb Form-los Etwas liegen,
Das einem grauen Stein, an Farb’ |und Bildung, glich.
Kaum daß ich ihn mit Ernſt und Fleiß beſehe,
Faͤngt der vermeinte Stein ſich an zu regen,
Begiebt ſich allgemach, doch langſam, in die Hoͤhe
Und kommt, mit wenigem Bewegen,
Ein Froſch bis auf des Waſſers Flaͤche.
Hier ſchien er, fuͤr das helle Licht
Und aller Fruͤhlings-Pracht, zu ſtutzen,
Lag
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0119" n="87"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Fro&#x017F;ch.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Der Fro&#x017F;ch.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">N</hi>achdem ich ju&#x0364;ng&#x017F;t zur holden Fru&#x0364;hlings-Zeit,</l><lb/>
              <l>Auf einer Wie&#x017F;e mich befand,</l><lb/>
              <l>Und nah&#x2019; an einem Graben &#x017F;tand,</l><lb/>
              <l>Bewundert&#x2019; ich des Wa&#x017F;&#x017F;ers Reinigkeit.</l><lb/>
              <l>Des tieffen Grabens klar-nunmehr entei&#x017F;&#x2019;tes Raß</l><lb/>
              <l>Stand rings umher mit Gras und Klee bekra&#x0364;ntzet,</l><lb/>
              <l>Durch de&#x017F;&#x017F;en gru&#x0364;nen Schein es nicht nur lieblich gla&#x0364;ntzet;</l><lb/>
              <l>Es war durch&#x017F;ichtig, wie ein Glas:</l><lb/>
              <l>So daß mein Blick in die&#x017F;es Grabens Tieffe</l><lb/>
              <l>Gantz ungehemmet &#x017F;anck, und, recht als wenn er leer,</l><lb/>
              <l>Und gar kein Wa&#x017F;&#x017F;er drinnen wa&#x0364;r&#x2019;,</l><lb/>
              <l>Mit Anmuth hin und wieder lieffe,</l><lb/>
              <l>Bald bunte glatte Stein&#x2019; auf wei&#x017F;&#x017F;em Sand&#x2019; entdeckte,</l><lb/>
              <l>Bald junges Kraut, das hie und da</l><lb/>
              <l>Die zarten Spitzen aufwa&#x0364;rts &#x017F;treckte,</l><lb/>
              <l>Neb&#x017F;t gru&#x0364;nen Mooß und fri&#x017F;chen Bin&#x017F;en &#x017F;ah.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Jndem ich nun dadurch geru&#x0364;hret, &#x017F;tand,</l><lb/>
              <l>Und von der Fru&#x0364;hlings-Pracht ein inniges Vergnu&#x0364;gen</l><lb/>
              <l>Auf die&#x017F;er glatten Fluth empfand;</l><lb/>
              <l>Sah ich ein halb geformt, halb Form-los Etwas liegen,</l><lb/>
              <l>Das einem grauen Stein, an Farb&#x2019; |und Bildung, glich.</l><lb/>
              <l>Kaum daß ich ihn mit Ern&#x017F;t und Fleiß be&#x017F;ehe,</l><lb/>
              <l>Fa&#x0364;ngt der vermeinte Stein &#x017F;ich an zu regen,</l><lb/>
              <l>Begiebt &#x017F;ich allgemach, doch lang&#x017F;am, in die Ho&#x0364;he</l><lb/>
              <l>Und kommt, mit wenigem Bewegen,</l><lb/>
              <l>Ein Fro&#x017F;ch bis auf des Wa&#x017F;&#x017F;ers Fla&#x0364;che.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Hier &#x017F;chien er, fu&#x0364;r das helle Licht</l><lb/>
              <l>Und aller Fru&#x0364;hlings-Pracht, zu &#x017F;tutzen,</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">F 4</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Lag</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0119] Der Froſch. Der Froſch. Nachdem ich juͤngſt zur holden Fruͤhlings-Zeit, Auf einer Wieſe mich befand, Und nah’ an einem Graben ſtand, Bewundert’ ich des Waſſers Reinigkeit. Des tieffen Grabens klar-nunmehr enteiſ’tes Raß Stand rings umher mit Gras und Klee bekraͤntzet, Durch deſſen gruͤnen Schein es nicht nur lieblich glaͤntzet; Es war durchſichtig, wie ein Glas: So daß mein Blick in dieſes Grabens Tieffe Gantz ungehemmet ſanck, und, recht als wenn er leer, Und gar kein Waſſer drinnen waͤr’, Mit Anmuth hin und wieder lieffe, Bald bunte glatte Stein’ auf weiſſem Sand’ entdeckte, Bald junges Kraut, das hie und da Die zarten Spitzen aufwaͤrts ſtreckte, Nebſt gruͤnen Mooß und friſchen Binſen ſah. Jndem ich nun dadurch geruͤhret, ſtand, Und von der Fruͤhlings-Pracht ein inniges Vergnuͤgen Auf dieſer glatten Fluth empfand; Sah ich ein halb geformt, halb Form-los Etwas liegen, Das einem grauen Stein, an Farb’ |und Bildung, glich. Kaum daß ich ihn mit Ernſt und Fleiß beſehe, Faͤngt der vermeinte Stein ſich an zu regen, Begiebt ſich allgemach, doch langſam, in die Hoͤhe Und kommt, mit wenigem Bewegen, Ein Froſch bis auf des Waſſers Flaͤche. Hier ſchien er, fuͤr das helle Licht Und aller Fruͤhlings-Pracht, zu ſtutzen, Lag F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/119
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/119>, abgerufen am 22.12.2024.