Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von GOTT. Der Epicurer Grund stürtzt ebenfalls danieder. Flieg't die Natur, durch ein blind Ungefehr, Bald hin, bald her, Stets hin und wieder? Was wir vorher gesagt, zeigt uns gar klärlich an, Daß eine Ursach stets die andere regieret, Durch eine erstere wird sie geführet; Biß daß der Geist nicht weiter kommen kan, Als zu dem ersteren Gesetz, das blos allein Aus dem geflossen ist, wodurch die ganze Welt Erschaffen ist, und uns ist vorgestellt. Das was man insgemein pflegt Ungefehr zu nennen, Jst nichts, und kan nichts seyn, Als bloß ein Nahme nur, der zeigt, was wir nicht kennen. Von einer Würckung muß man stets zur andern gehn, Und, sonder jemals still' zu stehn, Zur ersten Ursach sich erhöhn. Der Meinung träumt nun Epicur entgegen; Als ob ein grosses weites Leer Von Göttern dort bewohnet wär, Die nicht einmal, in ihrer Ruh, das Regen Der Himmel würdigen zu hören, Die an dem Regiment der Welt sich gar nicht kehren, Und die ihr höchstes Glück, da sie unsterblich seyn, Jm tieffsten Müssiggange setzen. Sie überlassen uns dem Ungefehr allein. Ein Schluß, den wir mit Recht der GOTTHEIT schimpf- lich schätzen! Wie E 2
Von GOTT. Der Epicurer Grund ſtuͤrtzt ebenfalls danieder. Flieg’t die Natur, durch ein blind Ungefehr, Bald hin, bald her, Stets hin und wieder? Was wir vorher geſagt, zeigt uns gar klaͤrlich an, Daß eine Urſach ſtets die andere regieret, Durch eine erſtere wird ſie gefuͤhret; Biß daß der Geiſt nicht weiter kommen kan, Als zu dem erſteren Geſetz, das blos allein Aus dem gefloſſen iſt, wodurch die ganze Welt Erſchaffen iſt, und uns iſt vorgeſtellt. Das was man insgemein pflegt Ungefehr zu nennen, Jſt nichts, und kan nichts ſeyn, Als bloß ein Nahme nur, der zeigt, was wir nicht kennen. Von einer Wuͤrckung muß man ſtets zur andern gehn, Und, ſonder jemals ſtill’ zu ſtehn, Zur erſten Urſach ſich erhoͤhn. Der Meinung traͤumt nun Epicur entgegen; Als ob ein groſſes weites Leer Von Goͤttern dort bewohnet waͤr, Die nicht einmal, in ihrer Ruh, das Regen Der Himmel wuͤrdigen zu hoͤren, Die an dem Regiment der Welt ſich gar nicht kehren, Und die ihr hoͤchſtes Gluͤck, da ſie unſterblich ſeyn, Jm tieffſten Muͤſſiggange ſetzen. Sie uͤberlaſſen uns dem Ungefehr allein. Ein Schluß, den wir mit Recht der GOTTHEIT ſchimpf- lich ſchaͤtzen! Wie E 2
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Von GOTT.
Der Epicurer Grund ſtuͤrtzt ebenfalls danieder.
Flieg’t die Natur, durch ein blind Ungefehr,
Bald hin, bald her,
Stets hin und wieder?
Was wir vorher geſagt, zeigt uns gar klaͤrlich an,
Daß eine Urſach ſtets die andere regieret,
Durch eine erſtere wird ſie gefuͤhret;
Biß daß der Geiſt nicht weiter kommen kan,
Als zu dem erſteren Geſetz, das blos allein
Aus dem gefloſſen iſt, wodurch die ganze Welt
Erſchaffen iſt, und uns iſt vorgeſtellt.
Das was man insgemein pflegt Ungefehr zu nennen,
Jſt nichts, und kan nichts ſeyn,
Als bloß ein Nahme nur, der zeigt, was wir nicht kennen.
Von einer Wuͤrckung muß man ſtets zur andern gehn,
Und, ſonder jemals ſtill’ zu ſtehn,
Zur erſten Urſach ſich erhoͤhn.
Der Meinung traͤumt nun Epicur entgegen;
Als ob ein groſſes weites Leer
Von Goͤttern dort bewohnet waͤr,
Die nicht einmal, in ihrer Ruh, das Regen
Der Himmel wuͤrdigen zu hoͤren,
Die an dem Regiment der Welt ſich gar nicht kehren,
Und die ihr hoͤchſtes Gluͤck, da ſie unſterblich ſeyn,
Jm tieffſten Muͤſſiggange ſetzen.
Sie uͤberlaſſen uns dem Ungefehr allein.
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