Sie selbst geschickt sey beyzulegen: Die Kräffte selbst, wodurch sie seiner Meister, Erkennet ihre Schwachheit nicht, Die immer-rege Lebens-Geister, Sind ihr so gut als unbekannt. Jhr eigner Trieb, durch welchen sie befiehlt, Verbirget sich vor ihr, sie kan ihn nicht entdecken, So wenig als die Kräfft', so ihren Winck vollstrecken.
Wenn aber GOTT ihr wird das seel'ge Leben gönnen; Wird sie sich innerlich erkennen, Sie wird sodenn, als wie ein Licht, Sich selbst durchdringen und verstehn, Zu welcher Herrlichkeit sie GOTT hat ausersehn. Wie wird sodann zugleich Die Seele nicht an Wissenschafften reich, Und reich an Göttlicher Geschöpff Erkenntniß, werden Jn allen Wundern aller Erden! Was wird sie nicht in aller Himmel Gründen Vor unerforschliche Geheimniß finden, Vor Machts- und Weisheits-Meere sehn?
Wenn sie sodann gemeinschafftlich ersehn: Wie der Zusammenhang der grossen Kette nimmer Getrennet worden sey: wie alles immer So ordentlich, so wunderschön, Nicht nur allein auf unsrer Erden, Jn andern auch geschehn, die man nicht zählen kann; Wie sehnlich wird sodann Der Schöpffer nicht gelobt und angebetet werden?
Es wird jedoch die Seeligkeit Nicht darinn nur allein bestehn, Daß wir zu grösserer Vollkommenheit,
Jm
Sie ſelbſt geſchickt ſey beyzulegen: Die Kraͤffte ſelbſt, wodurch ſie ſeiner Meiſter, Erkennet ihre Schwachheit nicht, Die immer-rege Lebens-Geiſter, Sind ihr ſo gut als unbekannt. Jhr eigner Trieb, durch welchen ſie befiehlt, Verbirget ſich vor ihr, ſie kan ihn nicht entdecken, So wenig als die Kraͤfft’, ſo ihren Winck vollſtrecken.
Wenn aber GOTT ihr wird das ſeel’ge Leben goͤnnen; Wird ſie ſich innerlich erkennen, Sie wird ſodenn, als wie ein Licht, Sich ſelbſt durchdringen und verſtehn, Zu welcher Herrlichkeit ſie GOTT hat auserſehn. Wie wird ſodann zugleich Die Seele nicht an Wiſſenſchafften reich, Und reich an Goͤttlicher Geſchoͤpff Erkenntniß, werden Jn allen Wundern aller Erden! Was wird ſie nicht in aller Himmel Gruͤnden Vor unerforſchliche Geheimniß finden, Vor Machts- und Weisheits-Meere ſehn?
Wenn ſie ſodann gemeinſchafftlich erſehn: Wie der Zuſammenhang der groſſen Kette nimmer Getrennet worden ſey: wie alles immer So ordentlich, ſo wunderſchoͤn, Nicht nur allein auf unſrer Erden, Jn andern auch geſchehn, die man nicht zaͤhlen kann; Wie ſehnlich wird ſodann Der Schoͤpffer nicht gelobt und angebetet werden?
Es wird jedoch die Seeligkeit Nicht darinn nur allein beſtehn, Daß wir zu groͤſſerer Vollkommenheit,
Jm
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[655/0685]
Sie ſelbſt geſchickt ſey beyzulegen:
Die Kraͤffte ſelbſt, wodurch ſie ſeiner Meiſter,
Erkennet ihre Schwachheit nicht,
Die immer-rege Lebens-Geiſter,
Sind ihr ſo gut als unbekannt.
Jhr eigner Trieb, durch welchen ſie befiehlt,
Verbirget ſich vor ihr, ſie kan ihn nicht entdecken,
So wenig als die Kraͤfft’, ſo ihren Winck vollſtrecken.
Wenn aber GOTT ihr wird das ſeel’ge Leben goͤnnen;
Wird ſie ſich innerlich erkennen,
Sie wird ſodenn, als wie ein Licht,
Sich ſelbſt durchdringen und verſtehn,
Zu welcher Herrlichkeit ſie GOTT hat auserſehn.
Wie wird ſodann zugleich
Die Seele nicht an Wiſſenſchafften reich,
Und reich an Goͤttlicher Geſchoͤpff Erkenntniß, werden
Jn allen Wundern aller Erden!
Was wird ſie nicht in aller Himmel Gruͤnden
Vor unerforſchliche Geheimniß finden,
Vor Machts- und Weisheits-Meere ſehn?
Wenn ſie ſodann gemeinſchafftlich erſehn:
Wie der Zuſammenhang der groſſen Kette nimmer
Getrennet worden ſey: wie alles immer
So ordentlich, ſo wunderſchoͤn,
Nicht nur allein auf unſrer Erden,
Jn andern auch geſchehn, die man nicht zaͤhlen kann;
Wie ſehnlich wird ſodann
Der Schoͤpffer nicht gelobt und angebetet werden?
Es wird jedoch die Seeligkeit
Nicht darinn nur allein beſtehn,
Daß wir zu groͤſſerer Vollkommenheit,
Jm
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/685>, abgerufen am 16.02.2025.
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