Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Zieht, allem Ansehn nach, den Augenblick
Wie eine Decke sich zurück,
Und öffnet auf einmal den Frommen,
Die in den seel'gen Zustand kommen,
An Glantz, an Licht, an Pracht, an Anmuth und Gestalt,
Den allerherrlichsten und licht'sten Aufenthalt
Der seel'gen Geister und der Seelen,
Die GOTT beliebt aus Gnaden zu erwehlen.
Sie werden,
Nach abgelegten Stoff der Erden,
Von Engeln selbst bewillkommt seyn,
Die werden sie vermuhtlich gleichfalls zieren
Mit einem hellen Schein,
Der reiner noch und heller, als die Sonne.
Vermuhtlich werden sie sie führen
Zu allen Seeligen. O welche Lust! o Wonne!
O unbeschreiblichs Licht,
Das durch ihr gantzes Wesen bricht!
O unbegreiffliches Vergnügen und Entzücken
Die sie sodann bey allen Glantz durchdringt!
Wer ist geschickt die Wollust auszudrücken,
Die die Erstaunens-würdige,
So plötzlich-schnelle, herrliche
Und himmlische Verändrung solchen Seelen
Vermuthlich wircken muß. Es wären eh'r
Die Tropffen in der Fluth, der Sand am Meer,
Als die erquickende Vergnügungen, zu zählen.
Sie fühlen nunmehr und empfinden,
Daß aller Zweifel, Angst und Furcht, der Sicherheit,
Der Wahrheit und Gewißheit wegen,
Von ihrer künfft'gen Seeligkeit,
Die
Zieht, allem Anſehn nach, den Augenblick
Wie eine Decke ſich zuruͤck,
Und oͤffnet auf einmal den Frommen,
Die in den ſeel’gen Zuſtand kommen,
An Glantz, an Licht, an Pracht, an Anmuth und Geſtalt,
Den allerherrlichſten und licht’ſten Aufenthalt
Der ſeel’gen Geiſter und der Seelen,
Die GOTT beliebt aus Gnaden zu erwehlen.
Sie werden,
Nach abgelegten Stoff der Erden,
Von Engeln ſelbſt bewillkommt ſeyn,
Die werden ſie vermuhtlich gleichfalls zieren
Mit einem hellen Schein,
Der reiner noch und heller, als die Sonne.
Vermuhtlich werden ſie ſie fuͤhren
Zu allen Seeligen. O welche Luſt! o Wonne!
O unbeſchreiblichs Licht,
Das durch ihr gantzes Weſen bricht!
O unbegreiffliches Vergnuͤgen und Entzuͤcken
Die ſie ſodann bey allen Glantz durchdringt!
Wer iſt geſchickt die Wolluſt auszudruͤcken,
Die die Erſtaunens-wuͤrdige,
So ploͤtzlich-ſchnelle, herrliche
Und himmliſche Veraͤndrung ſolchen Seelen
Vermuthlich wircken muß. Es waͤren eh’r
Die Tropffen in der Fluth, der Sand am Meer,
Als die erquickende Vergnuͤgungen, zu zaͤhlen.
Sie fuͤhlen nunmehr und empfinden,
Daß aller Zweifel, Angſt und Furcht, der Sicherheit,
Der Wahrheit und Gewißheit wegen,
Von ihrer kuͤnfft’gen Seeligkeit,
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0669" n="639"/>
            <l>Zieht, allem An&#x017F;ehn nach, den Augenblick</l><lb/>
            <l>Wie eine Decke &#x017F;ich zuru&#x0364;ck,</l><lb/>
            <l>Und o&#x0364;ffnet auf einmal den Frommen,</l><lb/>
            <l>Die in den &#x017F;eel&#x2019;gen Zu&#x017F;tand kommen,</l><lb/>
            <l>An Glantz, an Licht, an Pracht, an Anmuth und Ge&#x017F;talt,</l><lb/>
            <l>Den allerherrlich&#x017F;ten und licht&#x2019;&#x017F;ten Aufenthalt</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;eel&#x2019;gen Gei&#x017F;ter und der Seelen,</l><lb/>
            <l>Die GOTT beliebt aus Gnaden zu erwehlen.</l><lb/>
            <l>Sie werden,</l><lb/>
            <l>Nach abgelegten Stoff der Erden,</l><lb/>
            <l>Von Engeln &#x017F;elb&#x017F;t bewillkommt &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>Die werden &#x017F;ie vermuhtlich gleichfalls zieren</l><lb/>
            <l>Mit einem hellen Schein,</l><lb/>
            <l>Der reiner noch und heller, als die Sonne.</l><lb/>
            <l>Vermuhtlich werden &#x017F;ie &#x017F;ie fu&#x0364;hren</l><lb/>
            <l>Zu allen Seeligen. O welche Lu&#x017F;t! o Wonne!</l><lb/>
            <l>O unbe&#x017F;chreiblichs Licht,</l><lb/>
            <l>Das durch ihr gantzes We&#x017F;en bricht!</l><lb/>
            <l>O unbegreiffliches Vergnu&#x0364;gen und Entzu&#x0364;cken</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ie &#x017F;odann bey allen Glantz durchdringt!</l><lb/>
            <l>Wer i&#x017F;t ge&#x017F;chickt die Wollu&#x017F;t auszudru&#x0364;cken,</l><lb/>
            <l>Die die Er&#x017F;taunens-wu&#x0364;rdige,</l><lb/>
            <l>So plo&#x0364;tzlich-&#x017F;chnelle, herrliche</l><lb/>
            <l>Und himmli&#x017F;che Vera&#x0364;ndrung &#x017F;olchen Seelen</l><lb/>
            <l>Vermuthlich wircken muß. Es wa&#x0364;ren eh&#x2019;r</l><lb/>
            <l>Die Tropffen in der Fluth, der Sand am Meer,</l><lb/>
            <l>Als die erquickende Vergnu&#x0364;gungen, zu za&#x0364;hlen.</l><lb/>
            <l>Sie fu&#x0364;hlen nunmehr und empfinden,</l><lb/>
            <l>Daß aller Zweifel, Ang&#x017F;t und Furcht, der Sicherheit,</l><lb/>
            <l>Der Wahrheit und Gewißheit wegen,</l><lb/>
            <l>Von ihrer ku&#x0364;nfft&#x2019;gen Seeligkeit,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[639/0669] Zieht, allem Anſehn nach, den Augenblick Wie eine Decke ſich zuruͤck, Und oͤffnet auf einmal den Frommen, Die in den ſeel’gen Zuſtand kommen, An Glantz, an Licht, an Pracht, an Anmuth und Geſtalt, Den allerherrlichſten und licht’ſten Aufenthalt Der ſeel’gen Geiſter und der Seelen, Die GOTT beliebt aus Gnaden zu erwehlen. Sie werden, Nach abgelegten Stoff der Erden, Von Engeln ſelbſt bewillkommt ſeyn, Die werden ſie vermuhtlich gleichfalls zieren Mit einem hellen Schein, Der reiner noch und heller, als die Sonne. Vermuhtlich werden ſie ſie fuͤhren Zu allen Seeligen. O welche Luſt! o Wonne! O unbeſchreiblichs Licht, Das durch ihr gantzes Weſen bricht! O unbegreiffliches Vergnuͤgen und Entzuͤcken Die ſie ſodann bey allen Glantz durchdringt! Wer iſt geſchickt die Wolluſt auszudruͤcken, Die die Erſtaunens-wuͤrdige, So ploͤtzlich-ſchnelle, herrliche Und himmliſche Veraͤndrung ſolchen Seelen Vermuthlich wircken muß. Es waͤren eh’r Die Tropffen in der Fluth, der Sand am Meer, Als die erquickende Vergnuͤgungen, zu zaͤhlen. Sie fuͤhlen nunmehr und empfinden, Daß aller Zweifel, Angſt und Furcht, der Sicherheit, Der Wahrheit und Gewißheit wegen, Von ihrer kuͤnfft’gen Seeligkeit, Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/669
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/669>, abgerufen am 16.07.2024.