Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Entwurff einiger Betrachtungen, über den Zustand der Seeligen. Beym Anfang des 1727sten Jahres. Die ungeheure Last, das schreckliche Gewichte Der Erd- und Wasser-Welt, hemmt itzt den strengen Lauff. Jhr rascher Schwang, der so gewaltig, höret auf, Es kehrt sich unsre Fläch' aufs neu zum Sonnen-Lichte. Wer hemmt nun diese Flucht? Wer hält die grause Schwere Der Erde, samt der Last der Meere, So Nordwerts sich bißher gedreht, im Rennen an? Wer bringt den schnellen Druck zur Aenderung, zur Stille? Wer ists, der dieses würcken kann Als Du, unendlichs ALL, allein? Ach GOTT! ach laß uns doch dadurch erweckt, gerühret, Und aus der alten Bahn der Schläffrigkeit geführet, Zu Deinem Ruhm aufs neu, o HERR, geleitet seyn! Wir nähern uns der Sonnen Lebens-Schein, Es tritt dadurch zugleich ein Neues Jahr herein. Ach! lasst uns denn, da wir zur Sonn' uns wieder lencken, Doch an der Sonnen SONN' in Ehrfurcht itzt gedencken! Jch bau', o GOTT, dann hier zu diesem Neuen Jahr, Dir einen Danck- und Lob-Altar. Mein Vorsatz ist, beym Wechsel unsrer Zeit, Auch einst auf das, was folgt, wenn keine Zeit nicht mehr, Auf jene seel'ge Ewigkeit Der Seelen Krafft zu lencken, Und, dem Allmächtigen, liebreichen GOTT, zur Ehr', An R r 2
Entwurff einiger Betrachtungen, uͤber den Zuſtand der Seeligen. Beym Anfang des 1727ſten Jahres. Die ungeheure Laſt, das ſchreckliche Gewichte Der Erd- und Waſſer-Welt, hemmt itzt den ſtrengen Lauff. Jhr raſcher Schwang, der ſo gewaltig, hoͤret auf, Es kehrt ſich unſre Flaͤch’ aufs neu zum Sonnen-Lichte. Wer hemmt nun dieſe Flucht? Wer haͤlt die grauſe Schwere Der Erde, ſamt der Laſt der Meere, So Nordwerts ſich bißher gedreht, im Rennen an? Wer bringt den ſchnellen Druck zur Aenderung, zur Stille? Wer iſts, der dieſes wuͤrcken kann Als Du, unendlichs ALL, allein? Ach GOTT! ach laß uns doch dadurch erweckt, geruͤhret, Und aus der alten Bahn der Schlaͤffrigkeit gefuͤhret, Zu Deinem Ruhm aufs neu, o HERR, geleitet ſeyn! Wir naͤhern uns der Sonnen Lebens-Schein, Es tritt dadurch zugleich ein Neues Jahr herein. Ach! laſſt uns denn, da wir zur Sonn’ uns wieder lencken, Doch an der Sonnen SONN’ in Ehrfurcht itzt gedencken! Jch bau’, o GOTT, dann hier zu dieſem Neuen Jahr, Dir einen Danck- und Lob-Altar. Mein Vorſatz iſt, beym Wechſel unſrer Zeit, Auch einſt auf das, was folgt, wenn keine Zeit nicht mehr, Auf jene ſeel’ge Ewigkeit Der Seelen Krafft zu lencken, Und, dem Allmaͤchtigen, liebreichen GOTT, zur Ehr’, An R r 2
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Entwurff einiger Betrachtungen,
uͤber den
Zuſtand der Seeligen.
Beym Anfang des 1727ſten Jahres.
Die ungeheure Laſt, das ſchreckliche Gewichte
Der Erd- und Waſſer-Welt, hemmt itzt den ſtrengen
Lauff.
Jhr raſcher Schwang, der ſo gewaltig, hoͤret auf,
Es kehrt ſich unſre Flaͤch’ aufs neu zum Sonnen-Lichte.
Wer hemmt nun dieſe Flucht? Wer haͤlt die grauſe Schwere
Der Erde, ſamt der Laſt der Meere,
So Nordwerts ſich bißher gedreht, im Rennen an?
Wer bringt den ſchnellen Druck zur Aenderung, zur Stille?
Wer iſts, der dieſes wuͤrcken kann
Als Du, unendlichs ALL, allein?
Ach GOTT! ach laß uns doch dadurch erweckt, geruͤhret,
Und aus der alten Bahn der Schlaͤffrigkeit gefuͤhret,
Zu Deinem Ruhm aufs neu, o HERR, geleitet ſeyn!
Wir naͤhern uns der Sonnen Lebens-Schein,
Es tritt dadurch zugleich ein Neues Jahr herein.
Ach! laſſt uns denn, da wir zur Sonn’ uns wieder lencken,
Doch an der Sonnen SONN’ in Ehrfurcht itzt gedencken!
Jch bau’, o GOTT, dann hier zu dieſem Neuen Jahr,
Dir einen Danck- und Lob-Altar.
Mein Vorſatz iſt, beym Wechſel unſrer Zeit,
Auch einſt auf das, was folgt, wenn keine Zeit nicht mehr,
Auf jene ſeel’ge Ewigkeit
Der Seelen Krafft zu lencken,
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