Kein dunckel-brauner Samm't, in welchen sich das Licht Auf eine sanffte Weise sencket, Erfüllt mit solcher Lust das Menschliche Gesicht; Als, wenn man Aug' und Sinnen lencket, Auf ein frisch umgegrabnes Land, Und dessen Dunckelheit den Blick und den Verstand Mit Lust erfüllt, wenn man es recht bedencket.
Der noch nicht durch die Lufft heraus gezogne Safft Entdeckt uns gleichsam selbst die Krafft, Die Fettigkeit, die Fruchtbarkeit der Erden. Ach GOTT! so offt wir dies im Frühling sehn, Gieb, daß es mag zu Deinem Ruhm geschehn! Die, durch des Gärtners scharffen Rechen, So glatt gemacht- und ebne Flächen Vergnügen unsern Blick, der sanfft darüber schiesset, Wobey er denn besondrer Lust geniesset, Wenn etwan hier und dort, Ein Stückchen Glas, an einem andern Ort Ein' Scherb', und dort ein glatter Stein, Den gegenwärt'gen Sonnen-Schein Jm Wiederprallen zeigt. Der Glantz, das helle Blitzen, Bald vom Glasur, bald von den Spitzen, Erhoben durch das dunckle Land, Lässt fast, als wenn ein sammtenes Gewand Mit Silber hier, mit Golde dort gestickt, Ja mit Juweelen gar geschmückt Und ausgezieret wär'. Jch stelle mir
Die
Friſch umgegrabenes Land im Fruͤhling.
Kein dunckel-brauner Samm’t, in welchen ſich das Licht Auf eine ſanffte Weiſe ſencket, Erfuͤllt mit ſolcher Luſt das Menſchliche Geſicht; Als, wenn man Aug’ und Sinnen lencket, Auf ein friſch umgegrabnes Land, Und deſſen Dunckelheit den Blick und den Verſtand Mit Luſt erfuͤllt, wenn man es recht bedencket.
Der noch nicht durch die Lufft heraus gezogne Safft Entdeckt uns gleichſam ſelbſt die Krafft, Die Fettigkeit, die Fruchtbarkeit der Erden. Ach GOTT! ſo offt wir dies im Fruͤhling ſehn, Gieb, daß es mag zu Deinem Ruhm geſchehn! Die, durch des Gaͤrtners ſcharffen Rechen, So glatt gemacht- und ebne Flaͤchen Vergnuͤgen unſern Blick, der ſanfft daruͤber ſchieſſet, Wobey er denn beſondrer Luſt genieſſet, Wenn etwan hier und dort, Ein Stuͤckchen Glas, an einem andern Ort Ein’ Scherb’, und dort ein glatter Stein, Den gegenwaͤrt’gen Sonnen-Schein Jm Wiederprallen zeigt. Der Glantz, das helle Blitzen, Bald vom Glaſur, bald von den Spitzen, Erhoben durch das dunckle Land, Laͤſſt faſt, als wenn ein ſammtenes Gewand Mit Silber hier, mit Golde dort geſtickt, Ja mit Juweelen gar geſchmuͤckt Und ausgezieret waͤr’. Jch ſtelle mir
Die
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Friſch umgegrabenes Land
im Fruͤhling.
Kein dunckel-brauner Samm’t, in welchen ſich das Licht
Auf eine ſanffte Weiſe ſencket,
Erfuͤllt mit ſolcher Luſt das Menſchliche Geſicht;
Als, wenn man Aug’ und Sinnen lencket,
Auf ein friſch umgegrabnes Land,
Und deſſen Dunckelheit den Blick und den Verſtand
Mit Luſt erfuͤllt, wenn man es recht bedencket.
Der noch nicht durch die Lufft heraus gezogne Safft
Entdeckt uns gleichſam ſelbſt die Krafft,
Die Fettigkeit, die Fruchtbarkeit der Erden.
Ach GOTT! ſo offt wir dies im Fruͤhling ſehn,
Gieb, daß es mag zu Deinem Ruhm geſchehn!
Die, durch des Gaͤrtners ſcharffen Rechen,
So glatt gemacht- und ebne Flaͤchen
Vergnuͤgen unſern Blick, der ſanfft daruͤber ſchieſſet,
Wobey er denn beſondrer Luſt genieſſet,
Wenn etwan hier und dort,
Ein Stuͤckchen Glas, an einem andern Ort
Ein’ Scherb’, und dort ein glatter Stein,
Den gegenwaͤrt’gen Sonnen-Schein
Jm Wiederprallen zeigt. Der Glantz, das helle Blitzen,
Bald vom Glaſur, bald von den Spitzen,
Erhoben durch das dunckle Land,
Laͤſſt faſt, als wenn ein ſammtenes Gewand
Mit Silber hier, mit Golde dort geſtickt,
Ja mit Juweelen gar geſchmuͤckt
Und ausgezieret waͤr’. Jch ſtelle mir
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/616>, abgerufen am 16.02.2025.
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