Wofern der gantze Mensch besteht Bloß aus Materie allein: Wie muß dieselbige doch eingetheilet seyn? Wer von den Theilen ist dazu erhöht, Das Wohl des Gantzen einzurichten? Wer soll den Streit am ersten schlichten? Wer giebt ihm selber doch ein Vorzugs-Recht, Und sucht die Gleichheit zu vernichten? Sind kleine runde Cörperlein, Die rollend in den Adern rennen, Geschickt, daß sie befehlen können Den andern, die nicht minder seyn, Daß sie aus Furcht, um nicht den Tod zu leiden, Sich lassen Arm und Bein abschneiden?
Kan es der Cörper seyn, der offt sein eignes Leben, Aus einem edlen Trieb, nicht scheut dahin zu geben? Jst er es, welcher trotzt, auch mitten in der Gluht, Jm eisern Mörser selbst, der Wüteriche Wuth?
Fasst man aus eitlen Phanthaseyen Wol den Endschluß, den Tod selbst nicht zu scheuen?
Bemer-
Von Verein. u. Unterſch. Seel. u. Coͤrpers.
Wofern der gantze Menſch beſteht Bloß aus Materie allein: Wie muß dieſelbige doch eingetheilet ſeyn? Wer von den Theilen iſt dazu erhoͤht, Das Wohl des Gantzen einzurichten? Wer ſoll den Streit am erſten ſchlichten? Wer giebt ihm ſelber doch ein Vorzugs-Recht, Und ſucht die Gleichheit zu vernichten? Sind kleine runde Coͤrperlein, Die rollend in den Adern rennen, Geſchickt, daß ſie befehlen koͤnnen Den andern, die nicht minder ſeyn, Daß ſie aus Furcht, um nicht den Tod zu leiden, Sich laſſen Arm und Bein abſchneiden?
Kan es der Coͤrper ſeyn, der offt ſein eignes Leben, Aus einem edlen Trieb, nicht ſcheut dahin zu geben? Jſt er es, welcher trotzt, auch mitten in der Gluht, Jm eiſern Moͤrſer ſelbſt, der Wuͤteriche Wuth?
Faſſt man aus eitlen Phanthaſeyen Wol den Endſchluß, den Tod ſelbſt nicht zu ſcheuen?
Bemer-
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Von Verein. u. Unterſch. Seel. u. Coͤrpers.
Wofern der gantze Menſch beſteht
Bloß aus Materie allein:
Wie muß dieſelbige doch eingetheilet ſeyn?
Wer von den Theilen iſt dazu erhoͤht,
Das Wohl des Gantzen einzurichten?
Wer ſoll den Streit am erſten ſchlichten?
Wer giebt ihm ſelber doch ein Vorzugs-Recht,
Und ſucht die Gleichheit zu vernichten?
Sind kleine runde Coͤrperlein,
Die rollend in den Adern rennen,
Geſchickt, daß ſie befehlen koͤnnen
Den andern, die nicht minder ſeyn,
Daß ſie aus Furcht, um nicht den Tod zu leiden,
Sich laſſen Arm und Bein abſchneiden?
Kan es der Coͤrper ſeyn, der offt ſein eignes Leben,
Aus einem edlen Trieb, nicht ſcheut dahin zu geben?
Jſt er es, welcher trotzt, auch mitten in der Gluht,
Jm eiſern Moͤrſer ſelbſt, der Wuͤteriche Wuth?
Faſſt man aus eitlen Phanthaſeyen
Wol den Endſchluß, den Tod ſelbſt nicht zu ſcheuen?
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/601>, abgerufen am 25.11.2024.
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