Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtung über die Jdeen.
Damit wir nun den Unterscheid
Der Cörper, der Jdee, und ihrer Würcklichkeit
Recht deutlich finden;
So darf man dieses nur erwegen:
Sie fühlen und erkennen, sey
Durchaus nicht einerley.
Sie sind vermögend, sich an Tag zu legen,
Durch unsrer Sinnen Hülff; allein,
Es ist nur bloß der Geist, dem Cörper kenntlich seyn.
Es ist im Geist, so gar
Der Cörper Handlung selbst, uncörperlich.
Ein jegliche Jdee, ob sie gleich gantz gemein,
Kan nicht materialisch seyn,
Mit ihr vermischt kein Cörper sich,
Und ein' Jdee gehöret gantz dem Geist,
Als welcher nur allein empfindet.
Sie ist der Cörper nicht, an welchen sie sich bindet,
Und auch das Werckzeng nicht, worein sein Druck sich findet.
Sie ist, Exempels-Weis', Geruch, Ton, Farb' und Licht,
Die, da dieselbigen sich nicht
Jn der Materie befinden, und allein
Jn ihrem Eindruck seyn,
Worauf die Seele merckt; so finden sich darinnen
So wenig Vorwürff' als auch Sinnen.
Und wird nur bloß die Art zum Seyn
Jn selbiger gespüret,
Die durch derselbigen Gelegenheit allein
Jn unsern Seelen sich gebiehret.
Wenn
L l 3
Betrachtung uͤber die Jdeen.
Damit wir nun den Unterſcheid
Der Coͤrper, der Jdee, und ihrer Wuͤrcklichkeit
Recht deutlich finden;
So darf man dieſes nur erwegen:
Sie fuͤhlen und erkennen, ſey
Durchaus nicht einerley.
Sie ſind vermoͤgend, ſich an Tag zu legen,
Durch unſrer Sinnen Huͤlff; allein,
Es iſt nur bloß der Geiſt, dem Coͤrper kenntlich ſeyn.
Es iſt im Geiſt, ſo gar
Der Coͤrper Handlung ſelbſt, uncoͤrperlich.
Ein jegliche Jdee, ob ſie gleich gantz gemein,
Kan nicht materialiſch ſeyn,
Mit ihr vermiſcht kein Coͤrper ſich,
Und ein’ Jdee gehoͤret gantz dem Geiſt,
Als welcher nur allein empfindet.
Sie iſt der Coͤrper nicht, an welchen ſie ſich bindet,
Und auch das Werckzeng nicht, worein ſein Druck ſich findet.
Sie iſt, Exempels-Weiſ’, Geruch, Ton, Farb’ und Licht,
Die, da dieſelbigen ſich nicht
Jn der Materie befinden, und allein
Jn ihrem Eindruck ſeyn,
Worauf die Seele merckt; ſo finden ſich darinnen
So wenig Vorwuͤrff’ als auch Sinnen.
Und wird nur bloß die Art zum Seyn
Jn ſelbiger geſpuͤret,
Die durch derſelbigen Gelegenheit allein
Jn unſern Seelen ſich gebiehret.
Wenn
L l 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0563" n="533"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Betrachtung u&#x0364;ber die Jdeen.</hi> </fw><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Damit wir nun den Unter&#x017F;cheid</l><lb/>
                <l>Der Co&#x0364;rper, der Jdee, und ihrer Wu&#x0364;rcklichkeit</l><lb/>
                <l>Recht deutlich finden;</l><lb/>
                <l>So darf man die&#x017F;es nur erwegen:</l><lb/>
                <l>Sie fu&#x0364;hlen und erkennen, &#x017F;ey</l><lb/>
                <l>Durchaus nicht einerley.</l><lb/>
                <l>Sie &#x017F;ind vermo&#x0364;gend, &#x017F;ich an Tag zu legen,</l><lb/>
                <l>Durch un&#x017F;rer Sinnen Hu&#x0364;lff; allein,</l><lb/>
                <l>Es i&#x017F;t nur bloß der Gei&#x017F;t, dem Co&#x0364;rper kenntlich &#x017F;eyn.</l><lb/>
                <l>Es i&#x017F;t im Gei&#x017F;t, &#x017F;o gar</l><lb/>
                <l>Der Co&#x0364;rper Handlung &#x017F;elb&#x017F;t, unco&#x0364;rperlich.</l><lb/>
                <l>Ein jegliche Jdee, ob &#x017F;ie gleich gantz gemein,</l><lb/>
                <l>Kan nicht materiali&#x017F;ch &#x017F;eyn,</l><lb/>
                <l>Mit ihr vermi&#x017F;cht kein Co&#x0364;rper &#x017F;ich,</l><lb/>
                <l>Und ein&#x2019; Jdee geho&#x0364;ret gantz dem Gei&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Als welcher nur allein empfindet.</l><lb/>
                <l>Sie i&#x017F;t der Co&#x0364;rper nicht, an welchen &#x017F;ie &#x017F;ich bindet,</l><lb/>
                <l>Und auch das Werckzeng nicht, worein &#x017F;ein Druck &#x017F;ich findet.</l><lb/>
                <l>Sie i&#x017F;t, Exempels-Wei&#x017F;&#x2019;, Geruch, Ton, Farb&#x2019; und Licht,</l><lb/>
                <l>Die, da die&#x017F;elbigen &#x017F;ich nicht</l><lb/>
                <l>Jn der Materie befinden, und allein</l><lb/>
                <l>Jn ihrem Eindruck &#x017F;eyn,</l><lb/>
                <l>Worauf die Seele merckt; &#x017F;o finden &#x017F;ich darinnen</l><lb/>
                <l>So wenig Vorwu&#x0364;rff&#x2019; als auch Sinnen.</l><lb/>
                <l>Und wird nur bloß die Art zum Seyn</l><lb/>
                <l>Jn &#x017F;elbiger ge&#x017F;pu&#x0364;ret,</l><lb/>
                <l>Die durch der&#x017F;elbigen Gelegenheit allein</l><lb/>
                <l>Jn un&#x017F;ern Seelen &#x017F;ich gebiehret.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">L l 3</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[533/0563] Betrachtung uͤber die Jdeen. Damit wir nun den Unterſcheid Der Coͤrper, der Jdee, und ihrer Wuͤrcklichkeit Recht deutlich finden; So darf man dieſes nur erwegen: Sie fuͤhlen und erkennen, ſey Durchaus nicht einerley. Sie ſind vermoͤgend, ſich an Tag zu legen, Durch unſrer Sinnen Huͤlff; allein, Es iſt nur bloß der Geiſt, dem Coͤrper kenntlich ſeyn. Es iſt im Geiſt, ſo gar Der Coͤrper Handlung ſelbſt, uncoͤrperlich. Ein jegliche Jdee, ob ſie gleich gantz gemein, Kan nicht materialiſch ſeyn, Mit ihr vermiſcht kein Coͤrper ſich, Und ein’ Jdee gehoͤret gantz dem Geiſt, Als welcher nur allein empfindet. Sie iſt der Coͤrper nicht, an welchen ſie ſich bindet, Und auch das Werckzeng nicht, worein ſein Druck ſich findet. Sie iſt, Exempels-Weiſ’, Geruch, Ton, Farb’ und Licht, Die, da dieſelbigen ſich nicht Jn der Materie befinden, und allein Jn ihrem Eindruck ſeyn, Worauf die Seele merckt; ſo finden ſich darinnen So wenig Vorwuͤrff’ als auch Sinnen. Und wird nur bloß die Art zum Seyn Jn ſelbiger geſpuͤret, Die durch derſelbigen Gelegenheit allein Jn unſern Seelen ſich gebiehret. Wenn L l 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/563
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/563>, abgerufen am 25.11.2024.