Jst das Gehirn von Dünsten eingenommen, Die in dasselbige durch Kranckheit und durch Pein Entstanden und gekommen, Und theilt sich folgends nicht mehr mit der Geister Lauf; So höret das Gefühl im gantzen Cörper auf. Wann aber fern vom Hirn der Schmertz die Glieder trifft. Wenn Feur und Stahl uns Wunden macht und schläget, Wird gleich in ihm ein scharffer Schmertz gestifft. Da sich der Geister Heer gewaltig schnell beweget; Wird plötzlich im Gehirn ein scharffer Druck erreget.
Der weise SCHOEPFFER aller Welt Hat auch hierinn den Glantz der Weisheit vorgestellt, Da der geheime Zwang die Cörper unterhält. Wie wär es müglich, daß die Harmonie bestände, Wenn unsre Seele nicht Auf eine Art wär zugericht't, Daß sie für sich Von allen, welches äuserlich, Den Druck, die Würckungen empfände? Wenn dieses sollt auf andre Art geschehn; Unmöglich könten wir bestehn. Nothwendig müsten wir so starcke Triebe spüren, Die uns durch sie beständig rühren. Denn durch erkennen blos allein Desjenigen, was unsern Leib beweget, Und etwan Pein und Plagen ihm erreget, Würd' unsrer Seele nicht so schnell zu helffen seyn.
So
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Von dem Sitz der Sinnlichkeiten.
Jſt das Gehirn von Duͤnſten eingenommen, Die in daſſelbige durch Kranckheit und durch Pein Entſtanden und gekommen, Und theilt ſich folgends nicht mehr mit der Geiſter Lauf; So hoͤret das Gefuͤhl im gantzen Coͤrper auf. Wann aber fern vom Hirn der Schmertz die Glieder trifft. Wenn Feur und Stahl uns Wunden macht und ſchlaͤget, Wird gleich in ihm ein ſcharffer Schmertz geſtifft. Da ſich der Geiſter Heer gewaltig ſchnell beweget; Wird ploͤtzlich im Gehirn ein ſcharffer Druck erreget.
Der weiſe SCHOEPFFER aller Welt Hat auch hierinn den Glantz der Weisheit vorgeſtellt, Da der geheime Zwang die Coͤrper unterhaͤlt. Wie waͤr es muͤglich, daß die Harmonie beſtaͤnde, Wenn unſre Seele nicht Auf eine Art waͤr zugericht’t, Daß ſie fuͤr ſich Von allen, welches aͤuſerlich, Den Druck, die Wuͤrckungen empfaͤnde? Wenn dieſes ſollt auf andre Art geſchehn; Unmoͤglich koͤnten wir beſtehn. Nothwendig muͤſten wir ſo ſtarcke Triebe ſpuͤren, Die uns durch ſie beſtaͤndig ruͤhren. Denn durch erkennen blos allein Desjenigen, was unſern Leib beweget, Und etwan Pein und Plagen ihm erreget, Wuͤrd’ unſrer Seele nicht ſo ſchnell zu helffen ſeyn.
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Von dem Sitz der Sinnlichkeiten.
Jſt das Gehirn von Duͤnſten eingenommen,
Die in daſſelbige durch Kranckheit und durch Pein
Entſtanden und gekommen,
Und theilt ſich folgends nicht mehr mit der Geiſter Lauf;
So hoͤret das Gefuͤhl im gantzen Coͤrper auf.
Wann aber fern vom Hirn der Schmertz die Glieder trifft.
Wenn Feur und Stahl uns Wunden macht und ſchlaͤget,
Wird gleich in ihm ein ſcharffer Schmertz geſtifft.
Da ſich der Geiſter Heer gewaltig ſchnell beweget;
Wird ploͤtzlich im Gehirn ein ſcharffer Druck erreget.
Der weiſe SCHOEPFFER aller Welt
Hat auch hierinn den Glantz der Weisheit vorgeſtellt,
Da der geheime Zwang die Coͤrper unterhaͤlt.
Wie waͤr es muͤglich, daß die Harmonie beſtaͤnde,
Wenn unſre Seele nicht
Auf eine Art waͤr zugericht’t,
Daß ſie fuͤr ſich
Von allen, welches aͤuſerlich,
Den Druck, die Wuͤrckungen empfaͤnde?
Wenn dieſes ſollt auf andre Art geſchehn;
Unmoͤglich koͤnten wir beſtehn.
Nothwendig muͤſten wir ſo ſtarcke Triebe ſpuͤren,
Die uns durch ſie beſtaͤndig ruͤhren.
Denn durch erkennen blos allein
Desjenigen, was unſern Leib beweget,
Und etwan Pein und Plagen ihm erreget,
Wuͤrd’ unſrer Seele nicht ſo ſchnell zu helffen ſeyn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/551>, abgerufen am 16.02.2025.
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