Lasst aber uns sein Amt recht eigentlich entdecken, Und sonder Vorurtheil, die uns in Hertzen stecken, Den Vorwurff, welcher sich dem Blick zeigt unterscheiden Von den Empfindungen, die unsre Geister leiden. Man bilde sich nicht ein, Ob fülle Firmament und Lufft ein heller Schein; Man glaube nicht, daß bunte Farben stehen An Cörpern, wo wir sie von aussen sehen.
Wenn von des hohen Himmels Welt Der Cörper Glantz uns in die Augen fällt, Legt man denselbigen die bunten Strahlen bey. Allein, Da muß das Licht nicht hin verfetzet seyn: Sie haben nichts, als bloß ein eintzelnes Bewegen. Das Licht ist eine Art der Krafft der Seel' hingegen, Die auf dieselbe Art, wie man verspürt, Ein Werckzeug, das beweget wird, gebiert.
Empfinden wir davon zum öfftern nicht Selbst eine Probe, die gemein? Der Flammen Glantz zu sehn, wird es nicht nöthig seyn, Daß uns von aussen treff' ein Strich von einem Licht. Ein Schlag, wodurch das Aug wird in Erschüttrung bracht, Verursacht, daß ein Strahl es in uns helle macht. Die dünnen Geisterlein, die im Gehirn sich finden, Vermögen bloß durch eigenes Bewegen Ohn' einen fremden Stoff, sich in sich zu entzünden.
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Von dem Geſicht.
Laſſt aber uns ſein Amt recht eigentlich entdecken, Und ſonder Vorurtheil, die uns in Hertzen ſtecken, Den Vorwurff, welcher ſich dem Blick zeigt unterſcheiden Von den Empfindungen, die unſre Geiſter leiden. Man bilde ſich nicht ein, Ob fuͤlle Firmament und Lufft ein heller Schein; Man glaube nicht, daß bunte Farben ſtehen An Coͤrpern, wo wir ſie von auſſen ſehen.
Wenn von des hohen Himmels Welt Der Coͤrper Glantz uns in die Augen faͤllt, Legt man denſelbigen die bunten Strahlen bey. Allein, Da muß das Licht nicht hin verfetzet ſeyn: Sie haben nichts, als bloß ein eintzelnes Bewegen. Das Licht iſt eine Art der Krafft der Seel’ hingegen, Die auf dieſelbe Art, wie man verſpuͤrt, Ein Werckzeug, das beweget wird, gebiert.
Empfinden wir davon zum oͤfftern nicht Selbſt eine Probe, die gemein? Der Flammen Glantz zu ſehn, wird es nicht noͤthig ſeyn, Daß uns von auſſen treff’ ein Strich von einem Licht. Ein Schlag, wodurch das Aug wird in Erſchuͤttrung bracht, Verurſacht, daß ein Strahl es in uns helle macht. Die duͤnnen Geiſterlein, die im Gehirn ſich finden, Vermoͤgen bloß durch eigenes Bewegen Ohn’ einen fremden Stoff, ſich in ſich zu entzuͤnden.
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Von dem Geſicht.
Laſſt aber uns ſein Amt recht eigentlich entdecken,
Und ſonder Vorurtheil, die uns in Hertzen ſtecken,
Den Vorwurff, welcher ſich dem Blick zeigt unterſcheiden
Von den Empfindungen, die unſre Geiſter leiden.
Man bilde ſich nicht ein,
Ob fuͤlle Firmament und Lufft ein heller Schein;
Man glaube nicht, daß bunte Farben ſtehen
An Coͤrpern, wo wir ſie von auſſen ſehen.
Wenn von des hohen Himmels Welt
Der Coͤrper Glantz uns in die Augen faͤllt,
Legt man denſelbigen die bunten Strahlen bey.
Allein,
Da muß das Licht nicht hin verfetzet ſeyn:
Sie haben nichts, als bloß ein eintzelnes Bewegen.
Das Licht iſt eine Art der Krafft der Seel’ hingegen,
Die auf dieſelbe Art, wie man verſpuͤrt,
Ein Werckzeug, das beweget wird, gebiert.
Empfinden wir davon zum oͤfftern nicht
Selbſt eine Probe, die gemein?
Der Flammen Glantz zu ſehn, wird es nicht noͤthig ſeyn,
Daß uns von auſſen treff’ ein Strich von einem Licht.
Ein Schlag, wodurch das Aug wird in Erſchuͤttrung bracht,
Verurſacht, daß ein Strahl es in uns helle macht.
Die duͤnnen Geiſterlein, die im Gehirn ſich finden,
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/487>, abgerufen am 16.02.2025.
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