Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von den Farben. Auf Corpern siehet man, wenn sie die Gluht durchdringt, Daß roth, schwartz, gelb, und weiß auf selbigen entspringt, Ja alles, was wir nur von bunten Cörpern kennen, Entstehet vom Geweb' und Zäserchen allein, So in dem Cörper sind, die wir gefärbet nennen. Man spüret, daß sie mehr und minder dunckel seyn, Nachdem ein jeglicher, in unterschiednem Grad, Mehr glatt-und rauch-mehr fest-und loses hat. Kein Cörper scheinet Weiß, als durch die Rauhigkeit; Man findet allezeit in ihnen Ungleichheiten, Die aber doch des Lichtes Strahl nicht schwächen, Wol aber, (wenn sie sich auf ihnen brechen,) Die Menge von sich ab auf allen Seiten treiben, So, daß sie sich starck an die Nerven reiben; Wodurch denn unsre Augen Das Weisse kaum zu dulden taugen. Das Schwartze nun besteht aus Netzen, voller Ecken, Worinn die Strahlen sich vertieffen und verstecken, Und deren kleine Falten Dieselbigen verbergen und behalten, Worinn sie sich vertheilen und verlieren, So, daß sie unser Aug' nicht wieder rühren. Ja können wir davon nicht klar die Probe spüren? Die dunckle Nacht, der Wolcken trüber Dufft, Die tieffen Oerter, worinn nimmer Ein Licht gelangt, noch sonst ein Schimmer, Sind in der Finsterniß, worinn sie stehn, Nichts anders als nur schwartz und dunckel, anzusehn. Der B b 5
Von den Farben. Auf Corpern ſiehet man, wenn ſie die Gluht durchdringt, Daß roth, ſchwartz, gelb, und weiß auf ſelbigen entſpringt, Ja alles, was wir nur von bunten Coͤrpern kennen, Entſtehet vom Geweb’ und Zaͤſerchen allein, So in dem Coͤrper ſind, die wir gefaͤrbet nennen. Man ſpuͤret, daß ſie mehr und minder dunckel ſeyn, Nachdem ein jeglicher, in unterſchiednem Grad, Mehr glatt-und rauch-mehr feſt-und loſes hat. Kein Coͤrper ſcheinet Weiß, als durch die Rauhigkeit; Man findet allezeit in ihnen Ungleichheiten, Die aber doch des Lichtes Strahl nicht ſchwaͤchen, Wol aber, (wenn ſie ſich auf ihnen brechen,) Die Menge von ſich ab auf allen Seiten treiben, So, daß ſie ſich ſtarck an die Nerven reiben; Wodurch denn unſre Augen Das Weiſſe kaum zu dulden taugen. Das Schwartze nun beſteht aus Netzen, voller Ecken, Worinn die Strahlen ſich vertieffen und verſtecken, Und deren kleine Falten Dieſelbigen verbergen und behalten, Worinn ſie ſich vertheilen und verlieren, So, daß ſie unſer Aug’ nicht wieder ruͤhren. Ja koͤnnen wir davon nicht klar die Probe ſpuͤren? Die dunckle Nacht, der Wolcken truͤber Dufft, Die tieffen Oerter, worinn nimmer Ein Licht gelangt, noch ſonſt ein Schimmer, Sind in der Finſterniß, worinn ſie ſtehn, Nichts anders als nur ſchwartz und dunckel, anzuſehn. Der B b 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0423" n="393"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von den Farben.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <l>Auf Corpern ſiehet man, wenn ſie die Gluht durchdringt,</l><lb/> <l>Daß roth, ſchwartz, gelb, und weiß auf ſelbigen entſpringt,</l><lb/> <l>Ja alles, was wir nur von bunten Coͤrpern kennen,</l><lb/> <l>Entſtehet vom Geweb’ und Zaͤſerchen allein,</l><lb/> <l>So in dem Coͤrper ſind, die wir gefaͤrbet nennen.</l><lb/> <l>Man ſpuͤret, daß ſie mehr und minder dunckel ſeyn,</l><lb/> <l>Nachdem ein jeglicher, in unterſchiednem Grad,</l><lb/> <l>Mehr glatt-und rauch-mehr feſt-und loſes hat.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">K</hi>ein Coͤrper ſcheinet <hi rendition="#fr">Weiß,</hi> als durch die Rauhigkeit;</l><lb/> <l>Man findet allezeit in ihnen Ungleichheiten,</l><lb/> <l>Die aber doch des Lichtes Strahl nicht ſchwaͤchen,</l><lb/> <l>Wol aber, (wenn ſie ſich auf ihnen brechen,)</l><lb/> <l>Die Menge von ſich ab auf allen Seiten treiben,</l><lb/> <l>So, daß ſie ſich ſtarck an die Nerven reiben;</l><lb/> <l>Wodurch denn unſre Augen</l><lb/> <l>Das Weiſſe kaum zu dulden taugen.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">D</hi>as <hi rendition="#fr">Schwartze</hi> nun beſteht aus Netzen, voller Ecken,</l><lb/> <l>Worinn die Strahlen ſich vertieffen und verſtecken,</l><lb/> <l>Und deren kleine Falten</l><lb/> <l>Dieſelbigen verbergen und behalten,</l><lb/> <l>Worinn ſie ſich vertheilen und verlieren,</l><lb/> <l>So, daß ſie unſer Aug’ nicht wieder ruͤhren.</l><lb/> <l>Ja koͤnnen wir davon nicht klar die Probe ſpuͤren?</l><lb/> <l>Die dunckle Nacht, der Wolcken truͤber Dufft,</l><lb/> <l>Die tieffen Oerter, worinn nimmer</l><lb/> <l>Ein Licht gelangt, noch ſonſt ein Schimmer,</l><lb/> <l>Sind in der Finſterniß, worinn ſie ſtehn,</l><lb/> <l>Nichts anders als nur ſchwartz und dunckel, anzuſehn.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">B b 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [393/0423]
Von den Farben.
Auf Corpern ſiehet man, wenn ſie die Gluht durchdringt,
Daß roth, ſchwartz, gelb, und weiß auf ſelbigen entſpringt,
Ja alles, was wir nur von bunten Coͤrpern kennen,
Entſtehet vom Geweb’ und Zaͤſerchen allein,
So in dem Coͤrper ſind, die wir gefaͤrbet nennen.
Man ſpuͤret, daß ſie mehr und minder dunckel ſeyn,
Nachdem ein jeglicher, in unterſchiednem Grad,
Mehr glatt-und rauch-mehr feſt-und loſes hat.
Kein Coͤrper ſcheinet Weiß, als durch die Rauhigkeit;
Man findet allezeit in ihnen Ungleichheiten,
Die aber doch des Lichtes Strahl nicht ſchwaͤchen,
Wol aber, (wenn ſie ſich auf ihnen brechen,)
Die Menge von ſich ab auf allen Seiten treiben,
So, daß ſie ſich ſtarck an die Nerven reiben;
Wodurch denn unſre Augen
Das Weiſſe kaum zu dulden taugen.
Das Schwartze nun beſteht aus Netzen, voller Ecken,
Worinn die Strahlen ſich vertieffen und verſtecken,
Und deren kleine Falten
Dieſelbigen verbergen und behalten,
Worinn ſie ſich vertheilen und verlieren,
So, daß ſie unſer Aug’ nicht wieder ruͤhren.
Ja koͤnnen wir davon nicht klar die Probe ſpuͤren?
Die dunckle Nacht, der Wolcken truͤber Dufft,
Die tieffen Oerter, worinn nimmer
Ein Licht gelangt, noch ſonſt ein Schimmer,
Sind in der Finſterniß, worinn ſie ſtehn,
Nichts anders als nur ſchwartz und dunckel, anzuſehn.
Der
B b 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |